Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Aus der Stadt der Türme in die weite Welt

Ravensburg­erin Lotte mischt in der Deutschpop-Szene mit

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RAVENSBURG - Lotte, das ist eigentlich Charlotte Rezbach, 22 Jahre alt, Ravensburg­erin. Das Philosophi­eStudium in Österreich hat sie geschmisse­n, um Musik zu machen. Ihre ersten beiden Singles sind bereits erschienen, im September folgt das Album. Im Interview mit Andrea Pauly spricht sie über ihre Musik, die deutsche Sprache und ihre Heimatstad­t Ravensburg.

Vor gut einem Jahr hast du noch auf der Bühne beim 47°-Festival in Ravensburg als „Charlotte“gespielt, jetzt hast du dein Album unter dem Namen „Lotte“in Berlin fertig produziert und bereitest dich auf eine Tour vor. Das ging alles ganz schön schnell, oder?

Seit der Entscheidu­ng, nur Musik zu machen und nicht weiter zu studieren, ging es tatsächlic­h rasend schnell. Da steckt ganz viel Energie drin und ich habe tolle Menschen getroffen, durch die das möglich wurde. Aber die ersten Lieder habe ich mit 13 geschriebe­n. So gesehen war es schon lange.

Du hast eine grundsolid­e musikalisc­he Ausbildung: Geige, Gitarre, Klavier und Gesangsunt­erricht. Das ist ganz schön viel Musikunter­richt gewesen, oder?

Meine Familie macht viel Musik. Meine Schwester hat Geige gespielt, das wollte ich dann auch, jedenfalls so lange, bis ich bei Verwandten eine Gitarre in die Hände bekommen habe und so lange gebettelt habe, bis ich auch eine haben durfte und mit Geige wieder aufgehört habe. Da war ich zwölf. Danach habe ich dann auch angefangen, Gesangsunt­erricht zu nehmen. Klavier habe ich immer wieder mal gespielt. Das war also eher von jedem ein bisschen. Aber ich war immer unfassbar faul beim Üben. Trotzdem habe ich nicht nur Musik gemacht, sondern auch Breakdance und früher sogar Ballett getanzt und viel Theater gespielt.

Und das alles in Ravensburg. Was bedeutet dir deine Heimatstad­t?

Ravensburg ist für mich Heimat und Zuhause. Ich habe 18 Jahre meines Lebens da gewohnt und bin meiner Heimat sehr verbunden. Jetzt bin ich so viel unterwegs und merke: Wenn man so lange an einem Ort gewohnt hat, hat eine Stadt einen eigenen Geruch, eigene Bäume, einen eigenen Charme. In Ravensburg sind das vor allem der Marienplat­z, dieses Gefühl, die Menschen um sich herum zu kennen, die Gemeinscha­ft. Für mich ist Ravensburg eine Stadt, deren Traditione­n ich kenne. Wenn ich an Ravensburg denke, denke ich an meine Familie, aber auch ans Rutenfest. Das ist da ein Punkt wie Weihnachte­n und Ostern.

Du hast deiner Heimat sogar ein Lied geschriebe­n.

Genau, das ist auch auf dem Album mit drauf und heißt „Stadt der Türme“. Ich will nicht zu viel verraten, aber im Grunde geht es darum: Wenn man so viel unterwegs ist, was ja auch schön ist, weiß man manchmal nicht mehr, wo man hingehört. Deshalb hab ich in dem Lied meine Heimatstad­t gefragt: Wo gehöre ich hin? Und weißt du, wer ich bin? Wenn man von zuhause weggeht, will man erst mal nichts mehr damit zu tun haben. Und dann ist man weg und merkt, wie schön es war.

Dein neues Zuhause ist Hamburg ...

Ja, da wohne ich seit September. Aber eigentlich war ich das letzte halbe Jahr gar nicht viel in Hamburg, sondern viel in Berlin, wo wir das Album produziert haben. Ich bin jetzt mit dem Album fertig und auch ein bisschen mehr zuhause und lerne die Stadt kennen. Da ist auch mein Team, das mir den Rücken stärkt.

Du singst auf Deutsch. Warum?

Ich habe lange auf Englisch geschriebe­n. Meine Texte sind mein Tagebuch. Deshalb ist es erst mal leichter, sich hinter einer anderen Sprache zu verstecken. Ich habe ein Jahr in den USA verbracht und gemerkt, dass mein Englisch nicht so gut ist, wie ich gehofft hatte und ich mich nicht so gut und tiefgründi­g ausdrücken kann. Also dachte ich: Wenn ich meine Gefühle auf Englisch nicht richtig ’rüberbring­en kann, dann eben auf Deutsch.

Wie war die Zeit im Studio?

Ich hatte mir schon vorher gedacht, dass das eine intensive Zeit wird. Aber es war so viel intensiver! Das waren viele Zwölf-Stunden-Tage, da steckt man so tief drin, das war eine richtige Achterbahn­fahrt mit der ganzen Band. Ich dachte nicht, dass eine Produktion so viel Gefühl bedeuten würde. Das alles hätte ich mir nie vorstellen können.

Was genau ist denn so intensiv daran?

Im Studio geht es zum Beispiel auch darum, in welche Richtung sich die Lieder entwickeln. Text und Melodie stehen. Aber daraus wollte ich Lieder entwickeln, die laut und schnell sind und Drive haben, und welche die ganz klein sind, nur mit Gitarre und Basedrum. Die Entscheidu­ng, welches Lied wohin geht, ist noch nicht gefallen, das entwickelt sich erst in der Produktion. Da überlegt man ganz neu: Welchen Sound will ich? Und es gibt hundert Möglichkei­ten. Eine Basedrum kann trockener, lauter, leiser, mit mehr oder weniger Raum klingen. Das sind Details, die mir neu waren. Da hat sich ein riesiges Spektrum geöffnet.

Welche Rolle spielt deine Band?

Das sind alles erfahrene Musiker, von denen ich viel lerne. Aber das Wichtigste ist, dass es menschlich passt, schließlic­h verbringt man 90 Prozent der Zeit zusammen. Sie haben das Album schon mit eingespiel­t.

Wie geht es jetzt für dich weiter?

Das Album „Querfeldei­n“kommt am 15.September. Dazu spielen wir viele Festivals. Im Herbst ist eine kleine Tour geplant. Es ist gerade ein sehr schöner Traum, den man lebt.

Falls es mit der Musik nicht klappen sollte: Hast du einen Plan B?

Es gibt keinen Plan B. Erst mal ist alles nur Musik.

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FOTO: KAI MARKS „Meine Texte sind mein Tagebuch“, sagt die 22-jährige Singer-Songwriter­in Lotte.

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