Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Ein reines Ablenkungsmanöver der Industrie“
BERLIN - Nach dem großen Diesel-Gipfel sprach Andreas Herholz mit Jürgen Resch (Foto: dpa), dem Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.
Wie bewerten Sie das Treffen?
Wir haben bereits vor zwei Tagen erfahren, was diese Marionettenshow von Bund, Ländern und Autoindustrie am Ende bringen sollte. Die Verständigung auf Softwarelösungen tun den Autoherstellern nicht weh. Sie bringen aber auch nichts. Die Stickoxidwerte auf der Straße ändern sich dadurch nicht. Die Abschlusserklärung stand schon vorher fest. Die wurde von den Chefs der Autokonzerne diktiert. Die Politik hat vorher nachgefragt, zu welchen freiwilligen Maßnahmen die Industrie bereit wäre.
Die Autobosse und die Vertreter der Politik demnach auch weiterhin ziemlich beste Freunde?
Wir erleben eine Fortsetzung der bisherigen eheähnlichen Beziehungen von Automobilindustrie und Politik. Egal, wer in Deutschland die Regierung stellt, am Ende entscheidet bei Fragen der Luftreinhaltung und CO2-Vorgaben die Autoindustrie und regiert durch. Hier wird knallhart mit dem Arbeitsplatz-Argument gegen Recht und Gesetz gehandelt. Einmal mehr werden Hinterzimmer-Absprachen getroffen. Die Fahrzeuge werden nicht sauberer und dadurch spart die Industrie viel Geld. Der Gipfel findet im Kreise der eingespielten ehrenwerten Gesellschaft aus Politik und Autobossen statt. Amtlicher wie privater Umwelt- wie Verbraucherschutz sind ebenso nicht mit dabei wie Gesundheitsexperten. Eigentlich müsste die Politik jetzt klare Vorgaben machen und durchsetzen, dass Recht und Gesetz eingehalten werden und der Schaden ersetzt wird.
Was muss kurzfristig geschehen?
Die betroffenen neun Millionen Dieselfahrzeuge mit Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 mit betrügerischer Abgasreinigung müssen alle technisch nachgerüstet werden. Wir brauchen eine funktionierende Abgasreinigungstechnik. Die Autoindustrie verspricht eine Verringerung der Stickoxyde bezogen auf den Diesel-Gesamtbestand von 1 bis 2 Prozent. Die Stickoxid-Grenzwerte werden aber im Durchschnitt bei Euro 5 Diesel um 1 200 Prozent und bei Euro 6 Diesel um 600 bis 900 Prozent überschritten. Das ist ein reines Ablenkungsmanöver der Industrie. Auch das Verwaltungsgericht Stuttgart hat in seinem Fahrverbotsurteil vom vergangenen Freitag festgestellt, dass die Softwarelösungen nicht geeignet sind, die Schadstoffe wirksam und ausreichend zu reduzieren.