Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Zukunftsaussichten für Landwirtschaft sind passabel“
Der landwirtschaftliche Kreisobmann Gerhard Glaser über Strukturwandel und pfiffige Bauern in der Region
LANDKREIS - Im Gespräch mit SZRedakteur Axel Pries erläutert Kreisobmann Gerhard Glaser vom Kreisbauernverband Biberach-Sigmaringen (Foto: Axel Pries) Überlebensstrategien schwäbischer Landwirte.
Die Landwirtschaft ist seit Jahren im Strukturwandel. Wo steht dabei der Bauer in der Region?
Die Vitalität unserer Bauern hier ist erstaunlich gut ablesbar an den Nachwuchszahlen, die bei uns im landesweiten Vergleich immer überdurchschnittlich ausfallen. Das hat damit zu tun, dass wir uns mit den historisch kleinen Höfen, die sich ständig weiterentwickeln, durch gekonnte und tierfreundliche Tierhaltung nicht nur über Wasser halten. Wir sind dabei durchaus erfolgreich.
Das heißt: Die Landwirte haben verstärkt auf Qualität gesetzt?
Ja. Die Landwirte setzen auf Vielfalt und Qualität und natürlich auf persönlichen Einsatz. Sie haben sich nicht nur auf politische Unterstützung verlassen und nicht nur abgewartet, sondern sie haben sich dem Wandel gestellt und dort angepackt, wo es Erfolg versprochen hat. Und man hat im Blick behalten, was die Konsumenten wollen.
Es gab auch hier ein Höfesterben. Welche Betriebe haben überlebt in den letzten 15 Jahren?
Also, die Frage des Strukturwandels wird beim Generationenwechsel scharf. Da, wo es einen idealistisch gesinnten Hofnachfolger gibt, wird die Hofnachfolge im Zweifel positiv beantwortet. Wo es keinen Erben gibt, fällt die Antwort schneller negativ aus. Die persönliche Power der Inhaber hat häufig mehr Entscheidungskraft als die Hektargröße. Das ist vielleicht sogar ein Erfolgsgeheimnis dafür, dass wir, obwohl es statistisch manches gar nicht mehr geben dürfte, viele funktionierende Höfe haben, zum Teil sogar florierende. Die Zukunftsaussichten für unsere Landwirtschaft hier sind ganz passabel.
Ist der Umstieg auf „bio“der Ausweg aus dem Teufelskreis, immer mehr und billiger produzieren zu müssen?
Also, die Biobetriebe haben Zuwachsraten, weil der Konsument das ja offenbar honoriert und so will. Aber es sieht nicht so aus, als ob das ein Erfolgsrezept für alle sein kann. Der Konsument entscheidet darüber, wie viel „bio“sein wird.
Gibt es viele, die sagen: Wir steigen auf biologischen Anbau um?
Die Offenheit für biologische Landwirtschaft hat zugenommen. Als vor 25 Jahren die Pioniere der Biolandwirtschaft Fuß gefasst haben, gab es doch manchmal Grabenkämpfe zwischen Biobauern und konventionellen. Mittlerweile gilt stärker, dass man sich nach seinen Möglichkeiten richtet, und mancher Betrieb stellt irgendwann fest: Wenn ich alles zusammenzähle, mache ich doch den Großteil meiner Landwirtschaft schon so ‚bioartig‘, dass ich von dem Zertifikat gar nicht weit weg bin. So ein Landwirt unterwirft sich dann dem Qualifikationsverfahren und merkt dabei, dass es gar nicht so ein großer Schritt ist. Da sind unsere Bauern auch gedanklich sehr mobil.
Wie steht es um die Ernte?
Bis vor zehn Tagen war ein Superwetter für den Getreideaufwuchs. Für Gras war es sogar schon zu wenig Regen. Während der letzten zehn Tage ist das nasse Getreide von Pilzen bedroht, aber es besteht Hoffnung auf eine gute Ernte, weil die Hauptgetreidearten noch nicht so reif waren, dass sie durch die Regenfälle beschädigt worden wären. Wintergerste und Winterraps waren ja schon vorher zum größten Teil geerntet worden und kamen im Trocknen rein. Wir können hoffen, dass wir mit einem blauen Auge davon kommen.