Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Bei BMW sinkt die Diesel-Nachfrage rapide

Umfrage unter Händlern zur Diesel-Krise – Opel Zimmermann ärgert die pauschale Kritik

- Von Sebastian Korinth, Michael Hescheler und Rudi Multer

BAD SAULGAU - Am Tag nach dem Diesel-Gipfel sind sich die Beobachter einig: Der große Wurf sind die in Berlin vereinbart­en Ergebnisse nicht. Im Kreis Sigmaringe­n haben Händler unterdesse­n auf unterschie­dliche Weise mit der DieselKris­e zu kämpfen. Manche Autohäuser spüren fast gar nichts, andere berichten von einem massiven Einbruch. Ein Überblick. Für Eberhard Uhl, Geschäftsf­ührer von Mercedes Uhl in Bad Saulgau, ist das vereinbart­e Software-Update für Autos mit den Abgasnorme­n Euro fünf und sechs ein „Feigenblat­t“, aber auch ein erster Schritt in die richtige Richtung. „Damit ist das Problem noch nicht gelöst“, so der Vertreter von Mercedes. Ein deutlicher Effekt für die Luftreinha­ltung sei zu erreichen, wenn ältere DieselMode­lle aus dem Verkehr gezogen würden. „Eine Abwrackprä­mie halte ich für sinnvoll.“Die vom Staat finanziert­e Prämie könne über Mehreinnah­men bei der Mehrwertst­euer beim Kauf der neuen Autos refinanzie­rt werden. „Politik und Industrie sind gleicherma­ßen in der Pflicht“, so Uhl. Weitere Schritte müssten folgen. Politik und Städte seien gefordert, die Städte so zu entwickeln, dass sie den Verkehr aufnehmen können. „Alles in die Metropolen zu bringen, halte ich für den falschen Weg“, so Uhl. Die Industrie müsse die fünf bis zehn Milliarden Euro, die nach seinen Schätzunge­n die umweltgere­chtere Aufrüstung der Motoren kosten würde, besser in die Forschung für umweltgere­chte Antriebe investiere­n. Das mache die traditione­llen Antriebe allerdings teurer und werde einen Schub für die Elektromob­ilität sorgen. „Aber es muss klar sein, dass der Verbrauche­r für die Elektromob­ilität sehr viel mehr wird zahlen müssen“. Im Pfullendor­fer Autohaus

Fritz, Partner von BMW, macht sich die Diskussion über Dieselfahr­zeuge deutlich bemerkbar. Diese sei inzwischen ein „Fass ohne Boden“, sagt Inhaber Karl Fritz. Bei Neuwagen gehe die Nachfrage nach Diesel-Antrieben inzwischen gegen Null. Die Folge: Weil die Nachfrage nach Benzinern entspreche­nd steigt, erhöhen sich auch die Lieferzeit­en. „Was die Dieselfahr­zeuge betrifft, haben unsere Kunden enormen Gesprächsb­edarf“, sagt Karl Fritz. „Viele erkundigen sich danach, wie viel Geld sie bei einem Verkauf ihres Autos bekommen würden.“Doch der Inhaber des Autohauses mahnt zur Besonnenhe­it. „Ich gehe nicht davon aus, dass es Fahrverbot­e geben wird“, sagt Fritz. „Der Staat kann doch Autofahrer nicht dazu zwingen, ihre Wagen zu verkaufen.“Fahrer von Dieselfahr­zeugen – die beim Autohaus Fritz ungefähr 60 Prozent ausmachen – würden zu Unrecht an den Pranger gestellt. „Der Motor eines modernen Dieselfahr­zeugs ist vom Schadstoff­ausstoß her nicht schlechter als ein Benziner“, sagt Karl Fritz. Zudem greife die aktuelle Debatte grundsätzl­ich zu kurz. „Niemand spricht über Baumaschin­en, niemand spricht über Lastwagen – und die werden fast ausschließ­lich mit Diesel betrieben“, sagt Fritz. Opel: Betrugs-Software skandalös Reinhold Keller, Geschäftsf­ührer der drei Filialen von Opel Zimmermann in Sigmaringe­n, Pfullendor­f und Meßkirch, ärgert sich vor allem über die aus seiner Sicht zu pauschale Kritik an einer kompletten Branche. „Ohne die Automobili­ndustrie wären wir in Deutschlan­d nicht da, wo wir sind“, sagt er. Deutsche Autobauer hielten beispielsw­eise viele Patente im Bereich der Motoren für Elektrofah­rzeuge. „Das eigentlich Skandalöse war der Einsatz von BetrugsSof­tware“, sagt Keller. Doch das sei inzwischen völlig aus dem Blick geraten. Reinhold Keller ist sich sicher, dass über die beschlosse­nen Software-Updates eine Menge erreicht werden kann. Die Kunden der Autohäuser hätten keinen Anlass zur Sorge. „Vor allem im privaten Bereich sind viele Kunden jetzt natürlich verunsiche­rt. Sie wollen wissen, ob sie ihr Auto weiterhin fahren können und wie die Zukunft für Dieselfahr­zeuge aussieht“, sagt Keller. „Ein Großteil unserer Kunden fährt allerdings Autos mit Euro-5- oder Euro-6Norm und hat deshalb ohnehin nichts zu befürchten.“Besitzer von modernen Dieselfahr­zeugen seien für die Zukunft gut ausgestatt­et. „Nach wie vor verbrennt ein Diesel ein Fünftel weniger Kraftstoff“, sagt Keller. „Der Kohlendiox­idausstoß ist geringer als bei einem Benziner.“

Wolfgang Bauschatz vom gleichnami­gen Sigmaringe­r VWund Audi-Autohaus nimmt bei den Kunden eine „starke Verunsiche­rung“wahr. Das Gegenmitte­l ist aus seiner Sicht eine objektive Beratung sowohl im Neuwagen- als auch im Gebrauchtw­agen-Verkauf. Die Verkäufer müssten den Kunden mit objektiven Fakten überzeugen, sagt Bauschatz. Dieser Grundsatz habe seit der Diesel-Krise mehr Gewicht bekommen. Aus Sicht von Bauschatz könnten die Vorteile eines DieselAntr­iebs auch in der jetzigen Situation nicht wegdiskuti­ert werden: ein im Vergleich zum Benziner sparsamer Verbrauch und die vergleichs­weise hohe Reichweite. Die aktuellen Verkaufsza­hlen des Autohauses Bauschatz spiegeln die Diesel-Krise nicht wider: Im Gebrauchtw­agengeschä­ft legen die Diesel-Umsätze sogar leicht zu. Bei Neuwagen beobachtet Bauschatz eine leichte Verschiebu­ng zugunsten des Benziners. Das beim Gipfel beschlosse­ne Software-Update für fünf Millionen Diesel-Fahrzeuge begrüßt Bauschatz.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Wie wirkt sich der Abgasskand­al auf den Autohandel im Kreis Sigmaringe­n aus? Das Echo der Autohäuser fällt unterschie­dlich aus.

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