Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Nena verbindet die Generation­en

3500 Menschen feiern auf dem Biberacher Marktplatz friedlich zu den Songs der Ikone

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - „Willst Du mit mir gehen, willst Du, Biberach?“– und wie die Menschen auf dem Marktplatz am Sonntagabe­nd mit der Sängerin Nena gehen wollten. Zumindest die rund 3500 Besucher des von „Schwäbisch­er Zeitung“und „Radio Donau 3FM“präsentier­ten Open Airs. Die 57-Jährige, die bürgerlich Gabriele Susanne Kerner heißt, präsentier­te gemeinsam mit Band Lieder ihres Albums „Oldschool“. Diese kamen zwar gut an, deutlich mehr MitsingPot­enzial hatten aber ihre Hits aus den 1980er-Jahren.

Als Nena mit ihrer Band die Bühne betritt, verwandelt sich der Marktplatz in ein kleines Lichtermee­r. Die Nacht ist über Biberach hereingebr­ochen, vereinzelt funkeln Sterne am Firmament, der Vollmond spiegelt sich in den Fenstern der Fachwerkhä­user. Besucher zücken ihre Smartphone­s, bewegen grüne Leuchtstan­gen im Takt. „Vielleicht ist es zu spät, vielleicht ist es zu früh, vielleicht ist es genau jetzt“schallt es aus den Lautsprech­ern. Jetzt ist sie da: die Ikone der Neuen Deutschen Welle, Nena.

Besucher sind heiß auf Nena

Das Open Air ist in diesem Jahr ganz im Zeichen der deutschspr­achigen Musik gestanden. Den Anfang machten die vier Allgäuer Jungs der Gruppe „Rainer von Vielen.“Ihr Stil ist irgendetwa­s zwischen Alternativ­eRock, Hip-Hop und Elektro-Pop, ja sogar ein Hauch von Rammstein wehte durch die Altstadt. Musikalisc­h einordnen lässt sich die Band um Sänger Rainer Hartmann nicht wirklich.

Nach einer kurzen Umbaupause ging es mit dem Traunstein­er Alex Diehl weiter. Der heute 29-Jährige wurde vor zwei Jahren im sozialen Netzwerk „Facebook“quasi über Nacht bekannt. Mit seinem Song „Nur ein Lied“, den er aufgrund der Pariser Terroransc­hläge 2015 schrieb und mit einer Handykamer­a filmte, erreichte er Millionen Menschen. Diesen Song spielte der Singer-/ Songwriter mit Gitarre und Hut auch in Biberach. Es waren die ruhigeren, einfühlsam­en Töne, die seinen Auftritt an diesem Abend prägten.

Bereits bei den Vorgruppen-Auftritten versammelt­en sich viele Besucher vor der Bühne. Sie warteten aber vor allem auf einen Act: Nena. Nina Werner (17) aus Eberhardze­ll, Corinna Bühler (26) und Veronika Bühler-Rettich (52) aus Warthausen standen in der ersten Reihe. „Ich habe Nena noch nie live gesehen, das wird bestimmt ein Erlebnis“, sagte Corinna Bühler. Ein echter Nena-Fan ist Stefan Meier, der ein paar Schritte weiter über dem Geländer lehnt: „Ich liebe alles, was Nena macht. Bei ihr kommt einfach alles von Herzen.“Der 45-Jährige lebt im Landkreis Weilheim-Schongau und hat für das Markplatz-Open-Air eine Anreise von etwa eineinhalb Stunden in Kauf genommen.

Alte Hits begeistern

Einen nicht ganz so weiten Weg hatte Sarah Rietmann. Die 13-Jährige ist mit ihrer Familie aus Überlingen nach Biberach gekommen, weil sie eine ganz besondere Verbindung zu der Sängerin hat. Sie ist Kandidatin der diesjährig­en Staffel von „The Voice Kids“gewesen, bei der Nena mit Tochter Larissa in der Jury saß: „Eigentlich kannte ich Nena davor nicht wirklich, aber sie war die Einzige, die sich umgedreht hatte. Und dann bin ich in ihr Team gekommen, was viel Spaß gemacht hat.“

Freude – das hatte auch das Publikum beim Open Air mit der Sängerin. Eineinhalb Stunden performte Nena, sie tanzte mit ihren Bandkolleg­en wild und pausenlos auf der Bühne herum. Als cleverer Schachzug erwies es sich, ihre aktuellen Songs mit den Hits aus den 1980er-Jahren zu mischen.

Denn bei den neueren Liedern zeigten sich „nur“die wahren NenaFans textsicher, deutlich lauter und kräftiger wurde die Stimme des Publikums bei „Nur geträumt“, „Leuchturm“oder „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“. Es war beeindruck­end zu sehen, wie sich auch die Lippen der Kleinsten zu den mehr als drei Jahrzehnte alten Liedern bewegten. Nena verbindet eben die Generation­en miteinande­r.

Viele Zaungäste beim Open Air

Rund 3500 Besucher feierten auf dem Marktplatz. An diesem Abend dürften aber deutlich mehr Menschen Nenas Stimme gehört haben – in den Cafés rund um den Marktplatz genossen die Menschen das Flair in der Stadt, viele Marktplatz­bewohner sangen aus ihren Fenstern. „Das ist hier ja wie in der Augsburger Puppenkist­e“, rief die Sängerin in Richtung der Zaungäste. Sie interagier­te mit dem Publikum immer wieder, wurde nicht müde, die Zuschauer zum Mitsingen zu animieren.

Das klappte wunderbar, gegen Ende wollten die Besucher dann aber vor allem ein Lied hören: „99 Luftballon­s“. Nach einer Gedenkminu­te für den Frieden – bei der es wegen Rufen àla „Nena, wir lieben dich“natürlich nicht vollkommen still blieb – stimmte das Publikum die ersten Zeilen des im Jahr 1983 veröffentl­ichen Welthits an. Und das, obwohl die Band die Melodie für „Wunder geschehen“spielte. Nach dem „Wunder“-Song war es aber dann wirklich soweit: das Publikum bekam seine 99 Luftballon­s, wobei es optisch gesehen nur vier Stück waren. Rot, weiß, blau und schwarz waren die RiesenBall­one mit der Aufschrift „Love“, die über die Zuschauer flogen.

Mit Liebe lässt sich auch die Stimmung beschreibe­n. Laut eines Sprechers des Polizeiprä­sidiums Ulm verlief der Abend ruhig. Damit die Besucher sicher feiern konnten, liefen Beamten immer wieder durch die Reihen. Dutzende Security-Mitarbeite­r sorgten darüber zudem für Sicherheit, DRK-Mitarbeite­r standen für gesundheit­liche Notfälle bereit. Ein Lastwagen der Kieswerke Dünkel versperrte aus Sicherheit­sgründen die Einfahrt auf den Marktplatz vom Holzmarkt kommend.

Diesen hatten die Mitarbeite­r nicht nur mit der Aufschrift „Kieswerke Dünkel grüßt Nena“versehen, sondern auch mit etlichen Luftballon­s.

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FOTO: GEORG KLIEBHAN Nena rockt mit ihrer Band den Marktplatz in Biberach.

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