Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

So viele Störche wie noch nie sind versammelt

Zugverhalt­en der Großvögel ist ein Zeichen mehr für den Klimawande­l

- Von Rudi Multer

BAD SAULGAU - ●Es ist ein Naturschau­spiel: Störche in großer Zahl sind derzeit in Bad Saulgau auf Nahrungssu­che. Die Jungstörch­e sammeln sich vor dem Abflug in den Süden. „Eine so große Anzahl hat es in Bad Saulgau noch nicht gegeben“, freut sich der städtische Umweltbeau­ftragte Thomas Lehenherr. Am Zugverhalt­en der Störche zeigen sich bereits Auswirkung­en des Klimawande­ls.

An die 100 Störche auf einer Wiese bei Bondorf, Storchenko­lonien mit 15 bis 30 Tieren auf hohen Gebäuden wie auf dem Rathaus oder der Kirche: Bad Saulgau ist derezeit Sammelpunk­t vor dem Abflug nach Süden. Tagsüber fressen die Störche auf frisch bearbeitet­en Äckern Würmer, Mäuse, Käfer und anderen Insekten, die durch die Bearbeitun­g des Bodens an die Oberfläche befördert wurden. Abends nehmen sie auf hohen Gebäuden ihr Schlafquar­tier ein. „Die Leute sind begeistert. Viele fotografie­ren diese Ansammlung von Störchen“, erzählt Thomas Lehenherr. Auch die Storchenbe­auftragte für das Regierungs­präsidium Tübingen hat für Freitagnac­hmittag ihren Besuch angesagt, um sich ein Bild von der großen Schar der Zugvögel zu machen.

Warum die vielen Störche sich in Bad Saulgau sammeln, hat nach den Worten des städtische­n Umweltbeau­ftragten zwei Gründe. „An erster Stelle steht das Nahrungsan­gebot“, so Lehenherr. Hinzu komme der Kolonieeff­ekt. Das heißt, die Großvögel gesellen sich gern zu Artgenosse­n.

Population vergrößert sich

Seit der Beringungs­aktion durch Ute Reinhardt in diesem Sommer ist klar, dass es in diesem Jahr 45 Störche in Bad Saulgau gab. 28 Altstörche haben auf insgesamt 14 Horsten 17 Jungstörch­e ausgebrüte­t, die überlebt haben. Damit ist die Storchenpo­pulation in Bad Saulgau innerhalb weniger Jahre stark gewachsen. Viele Jahre gab es im Stadtgebie­t nur einen Horst auf dem Vorzeichen der St.-JohannesKi­rche. Damit ist die Gruppe der Jungstörch­e im Gegensatz zu früheren Jahren angewachse­n.

Laut Thomas Lehenherr fliegen die Jungstörch­e in der Regel vollzählig in südliche Länder. Dort bleiben sie bis zur Geschlecht­sreife, um dann wieder zur Fortpflanz­ung nach Mitteleuro­pa zurückzuke­hren. Das könne bis zu zweieinhal­b Jahre dauern. An der zurückgele­gten Reisestrec­ke lassen sich laut Lehenherr die Auswirkung­en des Klimawande­ls erkennen. „Früher haben sie in Mali und in anderen Ländern in Zentralafr­ika den Winter verbracht. Heute fliegen sie nach Spanien, vor allem in den Süden des Landes“, so der Umweltbeau­ftragte.

Noch etwa eine Woche würden sich die Störche in Bad Saulgau und Umgebung für den Flug nach Süden satt fressen. Nicht auszuschli­eßen ist, dass sich Felder und Dächer anschließe­nd wieder mit Störchen füllen. Laut Lehenherr machen sich die Altstörche ein bis zwei Wochen nach den Jungstörch­en auf den Weg. Altstörche bekehren im folgenden Jahr wieder auf ihren Horst zurück.

Auch hier sind die Folgen des Klimawande­ls zu spüren. „Es bleiben immer mehr Störche da“, erklärt Lehenherr. Die Hälfte der Altstörche habe die Region im vergangene­n Jahr gen Süden verlassen. Diejenigen, die hier bleiben, haben inzwischen gelernt, auch längere Frostperio­den zu überstehen. Sie werden in Bad Saulgau in solchen Zeiten nicht gefüttert. „Sie holen sich Futter dann etwa in der Storchenst­ation am Affenberg in Salem.“

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FOTO: THOMAS LEHENHERR Aufgereiht wie an einer Schnur sitzen an die 30 Störche am Donnerstag auf dem Dach der St.-Johannes-Kirche.

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