Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Barrierefreiheit bis 2022 ist das Ziel
Haltestellen sollen barrierefrei werden, die Stadt wartet auf genaue Vorgaben.
BAD SAULGAU - Exakt zum 1. Januar 2022 soll es an Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs in Bad Saulgau keine Barrieren mehr geben. Damit steht der Stadt in den noch verbleibenden viereinhalb Jahre eine Vielzahl von Baumaßnahmen und eine insgesamt große Investition ins Haus. Derzeit jedoch hält sich die Spitze der Stadtverwaltung bei Aussagen über die Sanierung von Haltestellen zurück. Der Grund: Noch ist nicht klar, an welchen Haltestellen die Barrierefreiheit hergestellt werden soll.
Die Barrierefreiheit an Haltestellen bis zum Beginn des Jahres 2022 ist im Personenbeförderungsgesetz des Landes festgeschrieben. Die vom Land eingeforderten Investitionen sollen den Nahverkehr attraktiver machen. „Damit sollen nicht nur Rollstuhlfahrer künftig leichter den Öffentlichen Personennahverkehr nutzen können. Dies soll auch Menschen mit Rollator oder Kinderwagen den Ein- und Ausstieg in den Bus erleichtern“, sagt Max Stöhr, Leiter des Fachbereichs Kommunales und Nahverkehr im Landratsamt in Sigmaringen.
Derzeit arbeitet der Fachbereich von Max Stöhr an einem Haltestellenkataster. Stöhr: „Darin werden alle rund 600 Haltestellen im Landkreis aufgenommen und ihr derzeitiger Zustand erfasst.“In einem weiteren Schritt werden „wir auch in Abstimmung mit den Busunternehmern, Kriterien festlegen, welche Haltestellen barrierefrei umgebaut werden müssen“.
70 Haltestellen in der Stadt
Welche der 70 Haltestellen in Bad Saulgau barrierefrei umgebaut werden müssen, steht damit noch nicht fest. Bei ihrer Sommertour in den Stadtteilen ging Bürgermeisterin Doris Schröter auf Distanz zum Prinzip der vollständigen Barrierefreiheit. Bei der großen Zahl der Haltestellen auf der Gemarkung sei eine Barrierefreiheit aller Haltestellen „undenkbar“, heißt es in einer Pressemitteilung über den Besuch der Bürgermeisterin in Lampertsweiler. Weil es beim Schülerverkehr an der Haltestelle in Lampertsweiler oft zu gefährlichen Situationen kommt, sind Verbesserungen an der Haltestelle schon lange ein Thema in dem Stadtteil. Wegen der derzeit herrschenden Unsicherheit beim Umbau zur Barrierefreiheit gab es noch keine Zusage für eine Änderung. Die Lampertsweiler Bürger sind nicht die einzigen, die vertröstet werden. Auch in Friedberg steht der Umbau der Haltestelle im Ort auf der Wunschliste. Um Geduld bat die Spitze der Stadtverwaltung auch hier. „Wir geben in den Ortschaften derzeit das klare Signal, dass wir keine klare Aussage machen, bevor wir nicht wissen, wohin es geht“, sagt Thomas Schäfers.
Bereits intensiv beschäftigt sich allerdings der Behindertenbeauftragte der Stadt, Michael van Beek, mit dem Thema. Zusammen mit einer Vertreterin des Stadtbauamtes hat er bereits einige Haltestellen angeschaut und Vorschläge für den Umbau überlegt.
Dass es einiges zu tun gibt, zeigt er am Beispiel der Haltestelle am Bahnhof in Bad Saulgau. Sie befindet sich auf einem mit einem Bordstein begrenzten erhöhten Bereich. Der Zugang für Rollstuhlfahrer sei schwierig, weil der Bordstein ein erhebliches Hindernis darstellt, das ohne Hilfe kaum zu bewältigen ist. „Ich halte es für sinnvoll einen barrierefreien Zugang vom Bahnhof her zu machen“, schlägt der Behindertenbauftragte vor, der selbst auf den Rollstuhl angewiesen ist. Das würde aber bedeuten, dass die Busse nicht an den beiden Seiten der Halteinsel halten könnten. Auch die überdachten Wartebereiche stellten für Rollstuhlfahrer ein Problem für das notwendige Rangieren beim Einstieg in den Bus dar.
Angesichts des hohen Fahrgastaufkommens und der Vielzahl der Busse dürfte klar sein, dass die Haltestelle beim Bahnhof barrierefrei umgebaut werden muss. Bei kleineren Haltestellen auf dem Land bleibt die Unklarheit. Stöhr: „Vermutlich werden Haltestellen außerhalb von Ortschaften und mit sehr geringer Frequenz nicht umgebaut werden müssen“. Doch was heißt geringe Frequenz? Ziel der Maßnahmen ist es schließlich, die Frequenz im Personennahverkehr zu erhöhen. Dabei bezieht sich Stöhr auch auf kleine Ortschaften. Zur Untätigkeit seien die Gemeinden außerdem nicht verdammt, so Max Stöhr. Sie könnten unabhängig vom Landkreis tätig werden. Als Straßenbaulastträger stehe es den Gemeinden frei, ihre Haltestellen jetzt schon barrierefrei umzubauen.