Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Historischer Horch kehrt nach Obermarchtal zurück
Beim Landes-Feuerwehr-Oldtimertreffen begrüßen die Kameraden das erste Feuerwehrfahrzeug der Gemeinde
OBERMARCHTAL - Insgesamt 112 Feuerwehr-Oldtimer erwarten die Obermarchtaler Feuerwehr-Kameraden am Wochenende zum LandesFeuerwehr-Oldtimertreffen. Auf ein historisches Fahrzeug freuen sich die Obermarchtaler dabei allerdings besonders. Ihr Horch, das erste Fahrzeug, dass die Wehr je besessen hat, wird am Samstag und Sonntag zurück nach Obermarchtal kommen. Hans-Peter Schleicher hat sich für diesen einmaligen Besuch rund ein Dreivierteljahr lang eingesetzt.
Die Augen von Feuerwehrmann Hans-Peter Schleicher und dem stellvertretenden Kommandanten Harri Huber der Obermarchtaler Wehr leuchten, als sie vom Horch 8, Typ 400, berichten, den die Gemeinde 1950 als erstes motorisiertes Fahrzeug überhaupt für die örtliche Feuerwehr angeschafft hat. Bei einem der ersten Treffen zur Vorbereitung des Oldtimertreffens sei die „Schnapsidee“entstanden, „ihren“historischen Luxus-Achtzylinder zu suchen, um ihn beim Treffen zu präsentieren, berichtet Harri Huber. „Da haben wir ein Foto ausgegraben, wie der Horch und sein Nachfolger, der Opel Blitz, nebeneinander in den Garagen des Spritzenhauses im Klosterhof stehen, und dachten, es wäre doch eine tolle Sache, dieses Foto beim Treffen nachstellen zu können.“
Den Opel Blitz zu organisieren, ist für die Kameraden kein Problem, steht er doch bei einem Liebhaber in Rechtenstein. Vom Horch allerdings fehlte jede Spur. Die Kameraden wussten nicht einmal, ob es das Fahrzeug noch gibt oder ob es vielleicht längst verschrottet wurde. Für HansPeter Schleicher war sofort klar, dass er sich auf die Suche nach der Rarität machen wird. „Dass ich ihn aber tatsächlich finden werde, daran habe ich anfangs nicht geglaubt“, gibt er ganz ehrlich zu. Den Horch wiederzusehen, sei für Schleicher allerdings eine Herzensangelegenheit. Schließlich hatte dieser seine letzte Feuerwehrausfahrt 1963 zum Treffen der Partnerwehr in Schelklingen. „Und weil Schleichers aus Schelklingen stammen, durfte ich als Kind mit dem Horch von Obermarchtal nach Schelklingen mitfahren“, erinnert er sich.
Für 1145 D-Mark verkauft
Um herauszufinden, wohin die Gemeinde den Horch 1963 verkauft hat, fragte Schleicher beim Rathaus an, ob entsprechende Unterlagen noch vorhanden seien. „Und schon nach einer halben Stunde klingelte mein Telefon, weil der komplette Ordner zum Horch gefunden war“, erzählt Hans-Peter Schleicher. Für 1145,25 DMark hatte die Gemeine Obermarchtal den Wagen 1950 von einem Opelhändler in Hechingen gekauft und ihn 13 Jahre später an die Fahrschule von Willi Schlegel in Riedlingen für 2750 D-Mark wieder verkauft. „Der hohe Wiederverkaufswert zeigt, dass schon damals klar war, dass der Horch etwas Besonderes ist“, ist sich Harri Huber sicher.
Weil die Fahrschule Schlegel auch heute noch in Riedlingen existiert, hatte Schleicher gehofft, hier vielleicht zu erfahren, wohin der Horch inzwischen weiterverkauft wurde. Obwohl der neue Besitzer bekannt war, wollte man hier dessen Namen aber nicht einfach herausgeben. Und auch beim Horch-Museum in Zwickau war die Seriennummer des Obermarchtal Horchs nicht bekannt. Dabei steht das Schätzchen heute ganz in der Nähe, nur rund acht Kilometer entfernt in Lichtentanne bei Gerold Zeidler.
Dass der Kontakt zum heutigen Besitzer doch noch zustande kommen konnte, verdanken die Obermarchtaler Feuerwehrkameraden letztlich aber doch der Fahrschule Schlegel. „Nach der ersten Berichterstattung in der ,Schwäbischen Zeitung’, in der auch schon über unsere Suche berichtet wurde, hat er den Artikel an Gerold Zeidler gemailt, der sich dann bei mir gemeldet hat“, sagt Hans-Peter Schleicher.
„Ich habe gemerkt, wie wichtig es den Obermarchtalern ist, den Horch zu finden, deshalb habe ich angerufen“, sagt Georg Zeidler, der seinen Oldtimer sonst eigentlich nur bei der Oldtimer-Rundfahrt August-HorchKlassik in Zwickau zeigt und ihn schon gar nicht Hunderte Kilometer durch ganz Deutschland transportiert. Weil Zeidler kürzlich am Bodensee Urlaub machte, war schnell ein persönliches Treffen mit HansPeter Schleicher vereinbart. „Dieses Gespräch hat mir die Entscheidung, nach Obermarchtal zum Oldtimertreffen zu kommen, noch erleichtert“, sagt Zeidler.
Schon seit einigen Jahren besitzt der Sachse den Horch. „Dass er mal ein Feuerwehrfahrzeug war, das wusste ich“, sagt der Besitzer. Er habe den Horch 8 schon in einem guten Zustand gekauft und habe ihn noch weiter restauriert. Der Typ 400 sei unter den eh schon raren Horch ein besonderer, berichtet Zeidler, der noch weitere Oldtimer besitzt. „Er hat einen Motor, den damals ein Daimler-Ingenieur entwickelt hat, der bei Horch arbeitete.“Nur 953 dieser Achtzylinder, die damals schon zum Luxussegment gehört haben, seien überhaupt gebaut worden. „Ich schätze, dass es heute keine zehn dieser Typen mehr geben wird“, sagt der Horch-Kenner.
Nach 54 Jahren bewegter Geschichte wird der historische Horch am Samstag und Sonntag für das Landes-Feuerwehr-Oldtimertreffen nach Obermarchtal zurückkehren. „Ich freue mich richtig – wie ein kleines Kind“, sagt Hans-Peter Schleicher. „Das ist fast ein bisschen wie kurz vor Weihnachten“, fügt Harri Huber hinzu.
Das Landes-Feuerwehr-Oldtimertreffen steigt am Samstag und Sonntag, 19. und 20. August, in Obermarchtal.