Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Kunden kaufen vermehrt heimische Eier
Regionale Produzenten sind nach Fipronil-Skandal im Vorteil – Mehr Umsatz für lokale Erzeuger
SIGMARINGEN - Wer als Kunde vor wenigen Tagen im Kaufland Eier kaufen wollte, stand vor einem leeren Regal: Ein Zettel wies Kunden darauf hin, dass alle Eier mit Mindesthaltbarkeitsdatum bis zum 18. August aus dem Sortiment genommen wurden, mit Ausnahme der regional erzeugten K-Bio-Eier. Die Nachfrage auf die noch zum Verkauf stehenden Eier war groß, es kam kurzzeitig zu Lieferengpässen. „Unsere Kunden haben hierauf mit Verständnis reagiert. Seit dieser Woche ist die Verfügbarkeit wieder regulär“, sagt Sprecherin Andrea Kübler. „Kaufland Deutschland verkauft nur noch Eier von Lieferanten, für die ein Nachweis vorliegt, dass die Ware fipronilfrei ist.“Auch bei Aldi und Lidl gab es Lieferengpässe.
Mit diesen Problemen hat der Hühnerhof Engelswies, der „Engelswieser Eier“unter der Leitung von Wulf Dullenkopf vertreibt, nichts zu tun. Er profitiert indirekt von der Krise. „Wir haben zu 100 Prozent unbelastete Eier“, sagt Dullenkopf, der selbst die Mittel zur Parasitenbehandlung oder Desinfektion im Stall ausbringt – diese seien aber selbstverständlich zugelassen und unschädlich. Mehr als 30 000 Hühner, je zur Hälfte Boden- und Freilandhaltung, produzieren 25 000 Eier täglich. Betroffen vom schädlichen Pflanzenschutzmittel Fipronil seien nur Eier im Discounter, die von niederländischen Händlern bezogen würden. „Wir haben durch den Fipronilskandal eine Umsatzsteigerung von etwa 20 Prozent“, sagt Dullenkopf. Sauer ist der Landwirt auf die Discounter, die die Preise drücken und so die Erzeuger dazu drängen würden, billiger und effektiver zu produzieren. Er selbst beliefere die Supermärkte Edeka und Rewe, die auf ihn keinen Preisdruck ausüben würden. „Ich muss halt mit den Preisen von anderen Erzeugern im Regal konkurrieren“, sagt Dullenkopf. Das Misstrauen der Kunden durch den Insektizid-Skandal spüre er täglich: „Es rufen immer wieder Leute hier an“, sagt er. Er habe sogar darüber nachgedacht, ein Schild vor den von seinen Hühnern erzeugten Eiern im Supermarkt aufzuhängen, mit der Aufschrift „enthält kein Fipronil“. Doch er habe sich dagegen entschieden: „Der eine liest es vielleicht aufmerksam, der andere merkt sich aber nur Fipronil und ist abgeschreckt“, so Dullenkopf.
„Kunden fühlen sich bestätigt“
Marktstandbetreiber auf dem Sigmaringer Wochenmarkt Oskar Löffler bezieht Eier von Dullenkopf und spricht von einer immer weiter auseinanderklaffenden Schere der Mehrproduktion im Gegensatz zum Preisdruck. Das könne nicht funktionieren, geschweige denn sei dies mit dem Tierwohl vereinbar, dies sei aber freilich keine Entschuldigung dafür, dass belgische Hersteller illegale Mittel eingesetzt hätten. „Unsere Stammkunden, die etwas mehr an Preis für die Qualität zahlen, können sich jetzt bestätigt fühlen, richtig investiert zu haben.“Er hat einen Hühnerstall an Dullenkopf verpachtet und weiß um die Produktionsbedingungen dort. „Jeder Euro, den ich ausgebe, ist eine Aussage darüber, in welcher Art von Welt ich leben will und welche Qualitäten ich in meinem Leben unterstützen möchte“, sagt Löffler, der auch eine leichte Umsatzsteigerung verbucht. Er schätzt, dass nur 35 Prozent der in Baden-Württemberg verkauften Eier auch im Ländle produziert werden.
Regionale Produzenten könnten sich so einen Skandal gar nicht erlauben: „Da steht man anders am Pranger als ein Großhändler.“Löffler finanziert sich durch Stammkunden; der Anteil derer, die Eier aus der Region auf dem Markt kaufen, sei im Gegensatz zum Gesamtangebot gering. „Wenn es keinen Wochenmarkt mehr gäbe, würden das die Discounter nicht mal am Umsatz merken“, ist sich Löffler sicher. Er schätzt den Anteil der auf dem Wochenmarkt verkauften Eier auf nur drei bis neun Prozent der Gesamtmenge verkaufter Eier. „Meine Kunden sind durch den Skandal nicht verunsichert. Die haben auch schon davor kritisch gefragt, woher die Eier kommen.“
„Keine Beanstandungen“
Beim Nudelhelsteller Albgold treffen derzeit vermehrt Anfragen besorgter Verbraucher ein, die sich über die Unbedenklichkeit der Produkte vergewissern wollen, aber auch Kunden aus Industrie und Handel melden sich. „Wir verwenden nur Schaleneier unserer langjährigen Partner aus Süd- und Westdeutschland. Regelmäßige Rückstandsuntersuchungen sind eine Selbstverständlichkeit – Beanstandungen gab es noch nie und auch in den letzten Tagen und Wochen keine“, sagt Mitarbeiter Matthias Klumpp.
Da Albgold derzeit Produktionsferien macht, werden keine Eier angeliefert und verarbeitet. Eine Auswirkung auf die Produktion gebe es daher nicht. Wie sich der FipronilSkandal langfristig auf das Konsumentenverhalten auswirken wird, bleibt laut Albgold abzuwarten und sei schwer einzuschätzen.