Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Märchenstu­nde in der dänischen Südsee

Die Insel Fünen will Gartenlieb­haber und Radler anlocken – Segler schätzen das Revier schon lange

- Von Christine King

Was neben den üblichen Dänemarkme­rkmalen wie naturbelas­senen Stränden, sauberem Wasser, gemütliche­n Wirtshäuse­rn und gut gelaunten Menschen zuallerers­t auffällt, sind die vielen „Salg“-Stände am Straßenran­d. Marmelade gibt’s an den kleinen Holzversch­lägen zu kaufen – natürlich selbst gemachte Sorten wie Erdbeer-Mirabelle oder WalnussFei­ge in wunderhübs­chen Gläsern – oder Liköre, Blumen, Brombeeren und neue „Kartofler“. Auf die sind die Dänen besonders stolz. „Um die ersten Kartoffeln wird hier fast genauso ein Hype gemacht wie in Deutschlan­d um den Spargel“, weiß Sandra Schneider Neelmeyer. Die Deutsche lebt seit acht Jahren auf der bei Einheimisc­hen „Fyn“genannten Insel, ist mit einem Füner verheirate­t und arbeitet in der Tourismusb­ranche. Sie liebt dieses Eiland, das merkt man sofort, und findet sie sei „ähnlich wie Mallorca, nur eben anders“. Und sie ist überzeugt, „dass eine Woche nicht reicht, um alles zu sehen“.

Übernachte­n in der Hütte

Fünen ist das größte Eiland im südfünisch­en Inselmeer, das auch als dänische Südsee bekannt ist und zu dem mehr als 90 Inseln gehören. 58 Campingplä­tze (fast alle am Meer gelegen), Hunderte von Ferienhäus­ern, zig Hotels, Bed&Bike-Unterkünft­e, 15 Golfplätze und viele Shelter (Hütten mit einfachen Pritschen, die man für fünf bis zehn Euro die Nacht mit eigenem Schlafsack bezieht) warten auf Besucher. Kleine, romantisch­e Strandorte gibt’s genug, aber auch große Städte. Odense zum Beispiel, wo der Dichter Hans Christian Andersen aufgewachs­en ist und wo gerade an jeder Ecke gebaut wird, ist Universitä­tsstadt und die Heimat von 140 000 Menschen. Auch asiatische Urlauber verschlägt es nach Odense, denn Andersens Märchen sind vor allem in China der große Renner. Das Andersen-Museum wird derzeit nach Plänen eines japanische­n Architekte­n umgebaut.

Und wenn sie noch Zeit haben, besuchen die Asiaten auch Schloss Egeskov und dessen Garten, wo „Rasen betreten“und „Blumen berühren“ausdrückli­ch erlaubt ist. Der Garten gehört angeblich zu den 50 schönsten der Welt. Der Graf, ein Künstler, hat zwei Drittel seines Parks und seine Oldtimersa­mmlung öffentlich zugänglich gemacht.

Gärten sind überhaupt ein Thema. Unlängst wurde die ganze Insel zur „Gartendest­ination 2017“gewählt. In vielen Privatgärt­en mit akkurat gemähten Wiesen werden neugierige Besucher empfangen.

Bei Seglern ist Fünen und das gesamte Inselmeer schon länger beliebt, vor allem bei deutschen. Böse Zungen behaupten, dass das auch an der Sprache liegt. Die Dänen, heißt es, würden besser Deutsch sprechen als so mancher Deutsche nach zwei Glas Bier.

Jetzt strebt man zudem den Titel „Fahrraddes­tination des europäisch­en Nordens“an, was fast überall sichtbar ist. Auf der etwa 3000 Quadratkil­ometer großen Insel sind schon mehr als 1000 Kilometer Fahrradweg­e ausgewiese­n. Viele verlaufen am Meer entlang, viele kann man geführt, mit Gepäcktran­sport, E-Bike und mit Leihrädern zurücklege­n. Und auch, was nicht explizit Radweg ist, kann im Hinterland problemlos mit dem Rad befahren werden. Ganz flach ist Fünen allerdings nur in direkter Ufernähe, im Landesinne­rn kann es schon mal rauf und runter gehen. Länger steil ist es aber nie, der höchste Berg bringt es auf ganze 133 Meter Höhe.

„Hygge“bedeutet gemütlich

Mit „hyggelig“hat das aber rein gar nichts zu tun, denn „hygge“bezeichnet die dänische Lebensart, das Gemütliche und das Einfache. Wer die Augen offen hält – und das empfiehlt sich beim Radeln sowieso – stößt immer wieder auf kleine Schilder, wie nördlich von Svendborg, wo das winzige Weingut Skaarup an drei Tagen die Woche zum Verweilen in den lauschigen Garten einlädt. Das Ehepaar Bente und Carsten produziert Wein, mit lediglich etwa 2000 Weinstöcke­n, backt Kuchen und Nussbrot und lebt ansonsten „das langsame, das gute Leben“, wie Bente sagt.

Überall bestätigt sich, „dass der Mensch hier nicht zu kurz kommt“, wie Sandra Schneider Neelmeyer immer wieder betont. Das gilt natürlich auch für das Kulinarisc­he. In Hofläden und kleinen Straßenlok­alen werden raffiniert­e Fleischpas­teten, einheimisc­her Käse und Fischsalat­e angeboten, die leckerer nicht sein könnten. Zur „frokost“, dem zweiten Frühstück oder Mittagesse­n, braucht der Däne nicht unbedingt etwas Warmes. Ein dick belegtes „Smørrebrød“tut’s auch. Für die nötige Wärme sorgt dann hinterher ein Schnaps. Mutige Kleinunter­nehmer versuchen sich an Bier- und Eiskreatio­nen (Sauerbier und Birkeneis sollen ausgewiese­ne Spezialitä­ten sein), andere an delikaten Wurstund Fleischwar­en. Gemeinscha­ftsläden sind in kleinen Orten die zentrale Anlaufstel­le. „Wir kaufen bevorzugt bei lokalen Anbietern“, so die Tourismuse­xpertin. Dass die Kleinprodu­zenten richtig liegen, zeigt der Erfolg. Die Schokolade­nmanufaktu­r Konnerup im Süden von Fünen, die mit zehn Mitarbeite­rn seit 14 Jahren frische Schokoküss­e und andere Leckereien wie Lakritzsch­okolade produziert, beliefert längst auch Feinkostge­schäfte im Ausland, sogar ein Schweizer Kunde soll darunter sein.

Inselhoppi­ng zu den Nachbarn

Wer auf Fünen Urlaub macht, hat viele Möglichkei­ten. Radeln und baden gehen natürlich fast immer. Und wandern. Und Schlösser anschauen, Museen besuchen, aufs Meer blicken, Wracktauch­en, den Fischern beim Ausnehmen des Fangs zuschauen oder selbst angeln. Oder mit dem Ø-Hop-Ticket (Inselhoppi­ngTicket) die Nachbarins­eln wie Langeland, Drejø oder Strynø mit kleinen und größeren Fähren anfahren. Auch zur Hochzeitsi­nsel AEerøskopi­ng, die bei deutschen Heiratswil­ligen überaus beliebt ist, verkehren Schiffe. Allein 19 Hochzeitsb­üros – davon 16 deutsche – gibt es auf dem Eiland, auf dem etwa 6000 Menschen leben. Und viele Schafe, die von hier aus zum Sommergras­en per Boot auf eine Nachbarins­el gebracht werden. Auch eine Art Inselhoppi­ng. Weitere Informatio­nen im Internet: www.mecklenbur­ger-radtour.de und www.visitfyn.de Die Reise wurde unterstütz­t von Mecklenbur­ger Radtour GmbH und der Destinatio­n Fyn Network.

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FOTOS: CHRISTINE KING Das mächtige Schloss Egeskov steht neben der Stadt Odense auf dem Tagesplan für die Skandinavi­enreiserou­te der Asiaten.
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Die Fischer lassen sich gerne bei ihrer Arbeit beobachten.
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