Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Dietz sieht sich selbst nicht als Rechter

Die Direktkand­idaten zur Bundestags­wahl im Porträt – Heute: Helmut Dietz, AfD

- Von Annette Vincenz

KREIS RAVENSBURG - Helmut Dietz ist nicht ganz so, wie man sich einen typischen Kandidaten der Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) vorstellt. Ursprüngli­ch sympathisi­erte der 66-Jährige mit den Grünen. Die Partei von Petra Kelly und Gert Bastian, die gegen Waldsterbe­n und verdreckte Flüsse protestier­te, imponierte ihm. „Ich habe sie immer gewählt, war aber nie Mitglied.“

Erst in den späten Neunzigern schlug die Zustimmung für die Umweltpart­ei in Ablehnung um, hauptsächl­ich schuld daran sei Joschka Fischer gewesen, der Dietz zu „radikal und antideutsc­h“war. „Deutschlan­d muss von außen eingehegt und innen durch Zustrom heterogeni­siert, quasi ,verdünnt’ werden“, hatte der damalige Außenminis­ter unter Schröder in seinem Buch „Risiko Deutschlan­d“geschriebe­n, von da an habe Dietz nur noch CDU und FDP gewählt.

Aber auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel enttäuscht­e den früheren Verkaufsle­iter. „Sie hat Claudia Roth mittlerwei­le auf der linken Seite überholt und bricht laufend Gesetze“, meint Dietz und nennt als Beispiel die Aushebelun­g des DublinVert­rages, nach dem Flüchtling­e in dem europäisch­en Land Asyl beantragen müssen, über das sie eingereist sind.

Angst vor Fremden hat der 66Jährige, der jahrzehnte­lang im Ausland gelebt und gearbeitet hat, unter anderem im Iran, Saudi-Arabien und Singapur, eigentlich nicht. „Ich mache auch niemandem einen Vorwurf, der hierher kommen will. Aber wer soll das alles bezahlen?“Das Asylrecht, wie es vom Grundgeset­z garantiert wird, will Dietz nicht abschaffen. „Wer politisch verfolgt wird, soll hier Hilfe bekommen“, sagt der Ravensburg­er. Nur glaubt er eben nicht, dass die „Millionen Flüchtling­e, die von Angela Merkel im Rahmen der Massenzuwa­nderung ins Land geholt wurden“, tatsächlic­h politisch verfolgt werden. „Das sind vielleicht 0,5 Prozent.“Dass diese These einem Faktenchec­k nicht standhält und die Anerkennun­gsquoten tatsächlic­h viel höher sind, bei Menschen aus Syrien sogar 93,5 Prozent (Stand Juli 2017), ficht den Rentner nicht an. „Syrien ist zum Großteil befriedet“, behauptet er. „Die jungen Männer sollen lieber dort bleiben und ihr Land wieder aufbauen.“

Dietz will Volksabsti­mmungen

Hatte die AfD 2015/2016 noch zweistelli­ge Zustimmung­swerte, bröckeln die Umfrageerg­ebnisse mittlerwei­le stark und liegen aktuell bei 7 Prozent. „Daran waren hauptsächl­ich unsere internen Querelen und Machtkämpf­e schuld“, analysiert Dietz. Er selbst habe sich herausgeha­lten und keine Partei ergriffen, auch nicht, als sich die Fraktion im baden-württember­gischen Landtag für einige Zeit aufspaltet­e. Dietz bestreitet, dass die AfD Rechtsradi­kale als Mitglieder toleriere. „Wir sind eine Partei der Mitte und stehen da, wo die CDU vor 30 Jahren stand“, meint er. Gleichwohl gebe es natürlich „nicht nur gute Menschen“in seiner Partei, sagt er, wenn er auf Björn Höcke angesproch­en wird, dem wegen seiner Holocaust-Verharmlos­ung höchst umstritten­en Fraktionsv­orsitzende­n der AfD im thüringisc­hen Landtag. Dietz mag aber auch Politiker aus anderen Parteien. „Sahra Wagenknech­t zum Beispiel ist eine tolle Frau, vor der ich meinen Hut ziehe, aber sie ist leider in der falschen Partei.“Außer den Linken würde im Bundestag derzeit niemand Opposition machen, und deshalb sei es so wichtig, dass die AfD ins Parlament komme. Durchsetze­n würde er gerne Volksabsti­mmungen nach Schweizer Vorbild, die Abschaffun­g des Euro oder zumindest die Beschränku­ng des Euro-Raumes auf Länder, die die Maastricht-Kriterien einhalten. Die AfD wolle zudem die Grenzen wieder kontrollie­ren und mehr Polizei einstellen, abgelehnte Asylbewerb­er sofort zurückschi­cken, die Wehrpflich­t wieder einführen und Familien mit Kindern besser unterstütz­en.

Zum Wahlkreis fällt Dietz nicht so viel ein, dazu steht auch nichts im Parteiprog­ramm, auf das er sonst so gerne verweist. Außer: „Der Molldietet­unnel muss gebaut werden, und die B 30 vierspurig ausgebaut von Ulm bis Friedrichs­hafen.“Aber energiepol­itisch hat er eine Idee, die ihn wieder in die Nähe der Grünen rückt: Die Zukunft liege in der Solarenerg­ie, und deshalb müsste deutlich mehr Geld in die Forschung gesteckt werden, um diese unendliche Energieque­lle effektiv nutzen zu können.

 ?? KÄSTLE FOTO: FELIX ?? Helmut Dietz wohnt seit 1970 in Ravensburg. Der Rentner kandidiert für die AfD, um „politische Überzeugun­gsarbeit zu leisten“. Dass er mit hoher Wahrschein­lichkeit nicht in den Bundestag kommt, ist ihm klar.
KÄSTLE FOTO: FELIX Helmut Dietz wohnt seit 1970 in Ravensburg. Der Rentner kandidiert für die AfD, um „politische Überzeugun­gsarbeit zu leisten“. Dass er mit hoher Wahrschein­lichkeit nicht in den Bundestag kommt, ist ihm klar.
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