Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
DFB-Elf zum Friedensspiel eingeladen
In Wolgograd, dem ehemaligen Stalingrad, träumt man von Besuch der Weltmeister
WOLGOGRAD (SID/dpa) - Andrej Botscharow platzt fast vor Stolz, wenn er über die Fußball-WM 2018 spricht. Dann redet und redet der Gouverneur von Wolgograd, meist völlig durcheinander. Vom Schrecken des Zweiten Weltkriegs über David Beckham bis hin zur entwaffnenden Herzlichkeit seiner Landsleute. Und über seinen großen Wunsch: Ein „Friedensspiel“des Weltmeisters in der WM-Stadt an der Wolga, die bis 1961 Stalingrad hieß.
„Eine solche Partie würde uns sehr freuen“, sagt Botscharow, seit 2014 Chef der Region. Ein Fußballspiel exakt dort, wo vor 75 Jahren die deutsche Wehrmacht Stalingrad angriff und über mehrere Monate eine der fürchterlichsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs mit über 700 000 Toten tobte. Die Spuren waren selbst noch beim Neubau des WM-Stadions zu finden. Die Arbeiter stießen bei den Grabungen für das Fundament auf Munition, Uniformen und auf die sterblichen Überreste sowjetischer Soldaten. In Sichtweite, auch weil die Arena absichtlich zehn Meter tiefer errichtet wurde, steht das imposante Weltkriegs-Denkmal „Mutter Heimat“auf dem MamajewHügel.
Bereits zum Baubeginn des imposanten Stadions vor zwei Jahren hatte Botscharow für ein solches Friedensspiel zwischen Deutschland und Russland geworben.
Die Crux damals wie heute: Ein Termin ist schwer zu finden. Vor der WM ist eine solche Partie nicht mehr möglich. Die Vorbereitungstermine der DFB-Auswahl für die Mission Titelverteidigung sind mit Tests unter anderem gegen Spanien (23. März) und Brasilien (27. März) schon vergeben.
Ein deutsches WM-Spiel in Wolgograd ist allerdings möglich. „Wir müssen die Auslosung abwarten. Wir begrüßen alle Mannschaften, die zu uns kommen“, sagte Botscharow. Wenn die Nationalmannschaft bei der Auslosung am 1. Dezember zum Kopf der Gruppe H bestimmt wird, bestreitet sie ihr letztes Gruppenspiel in Wolgograd. Ein Duell mit Russland ist dort nicht möglich, da der Gastgeber Kopf der Gruppe A sein wird und frühestens in der K.o.Phase auf Deutschland treffen kann. In Wolgograd finden bei der WM nur vier Gruppenspiele statt.
WM-Spiel in Wolgograd möglich
Ein Spiel gegen Deutschland „werden wir weiter verfolgen“, so oder so, sagte der Gouverneur und schloss auch Partien der Nachwuchs-Nationalmannschaften nicht aus.
Die Fans würden in Wolgograd begeistert empfangen werden, versichert Botscharow. Fußball sei extrem populär – auch wenn FK Rotor Wolgograd derzeit nur in der zweiten russischen Liga spielt.
Die Bauarbeiten am neuen, rund 45 000 Zuschauer fassenden Stadion sollen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Nach der WM soll es den Namen „Victory-Arena“tragen – in Anlehnung an den russischen Sieg über Nazi-Deutschland. 2015 hatte der damalige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus an einer Gedenkfeier in Wolgograd teilgenommen. „Russen, Deutsche und alle Völker Europas verbindet ein gemeinsames ,nie wieder’ und eine gemeinsame Verantwortung für den Frieden“, schrieb der SPD-Politiker damals ins Gästebuch und bat um Vergebung für die Gräueltaten der deutschen Armee.