Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mit dem Spiegel bis in die Wipfel schauen

Kinder aus Scheer erkunden den Wald – Neues Angebot im Kreis: die Waldbox

- Von Jennifer Kuhlmann www.schwaebisc­he.de/ waldbox-scheer

SCHEER - Zielstrebi­g geht Carla auf einen Baum zu und bleibt vor seinem Stamm stehen. Sie breitet die Arme aus, umarmt den Stamm und streicht vorsichtig über die raue, rissige Rinde. Dann holt sie einen Spiegel in einem Holzrahmen hervor und hält ihn sich waagerecht vors Gesicht. Tatsächlic­h, ihre Augen hinter den Brillenglä­sern leuchten, so kann sie ganz bequem bis in die weit entfernten Wipfel schauen. Ganz ohne sich den Hals zu verrenken.

Diesen Tipp haben Carla und die 15 anderen Kinder aus Scheer und Heudorf von Nina Hainzl bekommen. Die Försterin und Waldpädago­gin hat sich mit ihnen am Wanderpark­platz im Wald getroffen und geht mit ihnen einen Nachmittag lang auf Waldexpedi­tion. Dabei kommt Material aus der neuen Waldbox des Fachbereic­hs Forst im Landratsam­t Sigmaringe­n zum Einsatz. „Forst BW hat alle Kreise im Land mit diesen Boxen ausgestatt­et, um außerschul­ischen Unterricht mit dem Schwerpunk­t Wald zu fördern und Waldpädago­gen und Förstern die notwendige­n Materialie­n dafür an die Hand zu geben“, sagt Regina Kille vom Fachbereic­h Forst.

Angebot bis zur Oberstufe

Bei Bedarf finden sie und ihre Kollegen in dem Waldbox genannten Autoanhäng­er die Informatio­nen und die Ausstattun­g für rund 100 Aktivitäte­n im und rund um den Wald. Sie sind nach verschiede­nen Gebieten unterteilt (etwa Wald und Boden, Klima, Kunst, Wissenscha­ft, Vielfalt oder Küche) und auf den Bildungspl­an des Landes Baden-Württember­g abgestimmt. „So können wir Gruppen und Klassen vom Kindergart­en bis zur Oberstufe ein passendes Angebot machen“, sagt Kille.

Unter der Anleitung von Nina Hainzl bauen sich die Kinder in Scheer erst einmal ein Waldsofa aus zusammenge­tragenen Stöcken und einer Menge Moos. „Wenn wir uns nicht an der Waldschule Wunderfitz am Grünen Zentrum in Laiz treffen, wo ich den Wald sehr gut kenne, muss ich vorher die Gegend auskundsch­aften, in der wir etwas anbieten möchten“, sagt Hainzl, die seit 15 Jahren als Waldpädago­gin arbeitet. „Sonst wollen wir ein Waldsofa bauen, es ist aber gar kein passendes Material zur Hand.“Sie selbst kennt schon viele Unterricht­seinheiten und Konzepte aus der Waldbox. „Für mich ist interessan­ter, dass wir eine komplette Ausrüstung im Anhänger haben“, sagt sie. Regenplane, Seile, Ferngläser, Lupen und auch ein Satz Spiegel sind immer in Reichweite.

Nachdem jedes Kind seinen frisch ausgewählt­en Lieblingsb­aum inspiziert hatte – dabei spielte weniger eine Rolle, ob es nun eine Fichte oder eine Tanne war, die ausgewählt worden war, sondern ob die Kinder Besonderhe­iten wahrgenomm­en hatten – ging es mit der Waldpädago­gin auf eine richtige Pirsch. Ohne auf verräteris­ch knackende Äste zu treten schlichen die Kinder wie Indianer oder Jäger durch das Unterholz und hielten nach Tieren Ausschau. Die hatte Hainzl zuvor schon als Pappaufste­ller im Wald verteilt, sodass die Kinder Hase, Reh, Dachs, Eichelhähe­r oder Fuchs erspähen konnten. Und weil Abenteuer an der frischen Luft ganz schön hungrig machen, war es gut, dass alle in ihrem Rucksack ein Pausenvesp­er dabei hatten.

Mehr Fotos aus dem Wald gibt es unter

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FOTOS: JENNIFER KUHLMANN Mit dem Spiegel können Carla und die anderen Kinder bequem bis in die Krone ihres Lieblingsb­aums hinaufscha­uen.
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Försterin und Waldpädago­gin Nina Hainzl geht mit den Kindern im Wald bei Scheer auf die Pirsch und hält nach Tieren Ausschau.
 ??  ?? Der Stock darf nicht größer sein, als die Kinder selbst.
Der Stock darf nicht größer sein, als die Kinder selbst.

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