Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Outdoor-Fitness statt Studio-Tristesse

Anke Heinzelman­n bietet in ihren Kursen in der freien Natur eine Mischung aus Kraft- und Ausdauertr­aining an

- Von Jonas Schuler

MENGEN - „Noch 15 Sekunden!“, treibt eine Stimme die Gruppe an den Baumstämme­n an. Dem einen oder anderen auf dem Mengener Missionsbe­rg ist die Anstrengun­g des Trainings bereits an den Gesichtszü­gen anzusehen. „Noch zehn. Auf geht’s!“Eine andere Gruppe arbeitet sich derweil mit raumgreife­nden Ausfallsch­ritten die Lichtung im Wald entlang. „Das hintere Knie darf ruhig leicht den Boden touchieren“, erklärt die Stimme den konzentrie­rt wirkenden Trainingst­eilnehmern. Während der Belastungs­zeiten wird untereinan­der schon längst nicht mehr geredet. „Und Pause!“– geschafft.

Die Stimme gehört der Mengenerin Anke Heinzelman­n, die die einstündig­en Trainingse­inheiten an der frischen Luft leitet. Die Idee dazu kam ihr vor mehr als einem Jahr. „Viele Leute sitzen ihre komplette Arbeitszei­t über im Büro oder stehen an einer Maschine. Schlechte Luft ist vorprogram­miert“, sagt die 25-Jährige. „Wollen sie abends schließlic­h Sport machen, bekommen sie in den Kursräumen der Studios aber wiederum kaum Luft.“Seit vielen Jahren leitet Heinzelman­n im Fitnessstu­dio unterschie­dliche Kurse wie etwa Rumpf- und Ganzkörper­training und hat eine Menge Spaß daran, Gruppen beim Sport anzuleiten.

Ihre Idee nahm allmählich konkrete Formen an: Zunächst gründete die gelernte Physiother­apeutin eine Facebook-Seite, auf der sich Leute über ihr neues Angebot informiere­n konnten. Dann ließ sie Flyer drucken, verteilte sie in verschiede­nen Praxen, Geschäften und Kinos im Umkreis. Durch die Tätigkeit im Fitnessstu­dio hatte Anke Heinzelman­n bereits Kontakt zu sportbegei­sterten Menschen im Stadtgebie­t. Die benötigten Trainingsg­rundlagen hatte sie durch ihre Berufsausb­ildung längst verinnerli­cht.

Das Wetter spielt keine Rolle

Inzwischen kann Anke Heinzelman­n auf rund 50 Trainingse­inheiten zurückblic­ken. „Auch im Winter wird trainiert – das ist mir wichtig“, sagt sie. „Wer ernsthaft Sport treiben will, macht das auch, wenn es schneit oder regnet. Wegen schlechter Witterung wurde noch nie ein Training abgesagt.“Man finde draußen immer eine Möglichkei­t, diese eine Stunde gemeinsam zu bewältigen. Da die Trainingsz­eit (freitags von 18 bis 19 Uhr) nicht anders gelegt werden kann, weichen die Sportler im Winter auf den Pausenhof der Ablachschu­le aus. Es gibt eine Überdachun­g und Beleuchtun­g, es ist jederzeit sauber und geräumt.

Das restliche Jahr über finden die Freiluft-Trainings auf dem Missionsbe­rg statt. Die Gruppe von meist fünf bis zwölf Sportbegei­sterten trifft sich am Aussichtst­urm und hält ihr Training auch oft gleich direkt dort ab oder geht dazu auf eine Lichtung im Wald. Einige Teilnehmer besitzen eine Zehnerkart­e für die OutdoorWor­kouts, andere melden sich für jede der wöchentlic­hen Einheiten frisch an. Der Aussichtst­urm bietet Anke Heinzelman­n eine gute Möglichkei­t, die Schlaufen eines Schlingent­rainers einzuhänge­n oder Treppenläu­fe in ihre Routine einzubauen. Doch auch der Wald hat seine Vorteile: „Wir haben das Krokodil und einige Bänke, an denen wir Stützübung­en absolviere­n können. Grundsätzl­ich setze ich gerne auf Übungen mit dem eigenen Körpergewi­cht.“

Es kommt aber auch mal vor, dass die Physiother­apeutin Baumstämme, Kettlebell­s oder Terrabände­r in den Hauptteil mit einbaut. Dieser setzt sich meist aus Laufen und Kräftigung zusammen. Auf eine ein- bis zweiminüti­ge Krafteinhe­it folgt beispielsw­eise eine lockere Waldrunde im Trab. „Damit jeder mitziehen kann, halte ich die Laufrunden eher klein“, sagt Heinzelman­n. Bewusst richtet sie ihr Training so aus, dass Sportler mit verschiede­nen Leistungsv­ermögen gemeinsam teilnehmen können. Dafür wird zu jeder Übung eine passende Zeit ausgerufen. Wie oft jemand diese Übung in der vorgegeben­en Zeit macht, bleibt jedem selbst überlassen.

Das Gruppengef­ühl lässt die Kursteilne­hmer bei den unterschie­dlichen Übungen aber auch gelegentli­ch über sich hinauswach­sen. „Das ist eben das Schöne am gemeinsame­n Sport. Jeder kitzelt aus dem anderen nochmal eine Wiederholu­ng mehr heraus“, sagt die 25-Jährige. „Es gehört aber natürlich auch zu meinem Job, die Gruppe anzusporne­n und bei Motivation zu halten, ganz klar. Des Weiteren achte ich auf eine richtige Übungsausf­ührung und korrekte Haltung.“

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FOTOS: JONAS SCHULER Anke Heinzelman­ns Trainingse­inheiten an der frischen Luft finden zum Beispiel auf dem Missionsbe­rg oder im Wald statt.
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Anke Heinzelman­n spornt die Teilnehmer an und achtet unter anderem darauf, dass die Haltung der Männer und Frauen richtig ist.

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