Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Outdoor-Fitness statt Studio-Tristesse
Anke Heinzelmann bietet in ihren Kursen in der freien Natur eine Mischung aus Kraft- und Ausdauertraining an
MENGEN - „Noch 15 Sekunden!“, treibt eine Stimme die Gruppe an den Baumstämmen an. Dem einen oder anderen auf dem Mengener Missionsberg ist die Anstrengung des Trainings bereits an den Gesichtszügen anzusehen. „Noch zehn. Auf geht’s!“Eine andere Gruppe arbeitet sich derweil mit raumgreifenden Ausfallschritten die Lichtung im Wald entlang. „Das hintere Knie darf ruhig leicht den Boden touchieren“, erklärt die Stimme den konzentriert wirkenden Trainingsteilnehmern. Während der Belastungszeiten wird untereinander schon längst nicht mehr geredet. „Und Pause!“– geschafft.
Die Stimme gehört der Mengenerin Anke Heinzelmann, die die einstündigen Trainingseinheiten an der frischen Luft leitet. Die Idee dazu kam ihr vor mehr als einem Jahr. „Viele Leute sitzen ihre komplette Arbeitszeit über im Büro oder stehen an einer Maschine. Schlechte Luft ist vorprogrammiert“, sagt die 25-Jährige. „Wollen sie abends schließlich Sport machen, bekommen sie in den Kursräumen der Studios aber wiederum kaum Luft.“Seit vielen Jahren leitet Heinzelmann im Fitnessstudio unterschiedliche Kurse wie etwa Rumpf- und Ganzkörpertraining und hat eine Menge Spaß daran, Gruppen beim Sport anzuleiten.
Ihre Idee nahm allmählich konkrete Formen an: Zunächst gründete die gelernte Physiotherapeutin eine Facebook-Seite, auf der sich Leute über ihr neues Angebot informieren konnten. Dann ließ sie Flyer drucken, verteilte sie in verschiedenen Praxen, Geschäften und Kinos im Umkreis. Durch die Tätigkeit im Fitnessstudio hatte Anke Heinzelmann bereits Kontakt zu sportbegeisterten Menschen im Stadtgebiet. Die benötigten Trainingsgrundlagen hatte sie durch ihre Berufsausbildung längst verinnerlicht.
Das Wetter spielt keine Rolle
Inzwischen kann Anke Heinzelmann auf rund 50 Trainingseinheiten zurückblicken. „Auch im Winter wird trainiert – das ist mir wichtig“, sagt sie. „Wer ernsthaft Sport treiben will, macht das auch, wenn es schneit oder regnet. Wegen schlechter Witterung wurde noch nie ein Training abgesagt.“Man finde draußen immer eine Möglichkeit, diese eine Stunde gemeinsam zu bewältigen. Da die Trainingszeit (freitags von 18 bis 19 Uhr) nicht anders gelegt werden kann, weichen die Sportler im Winter auf den Pausenhof der Ablachschule aus. Es gibt eine Überdachung und Beleuchtung, es ist jederzeit sauber und geräumt.
Das restliche Jahr über finden die Freiluft-Trainings auf dem Missionsberg statt. Die Gruppe von meist fünf bis zwölf Sportbegeisterten trifft sich am Aussichtsturm und hält ihr Training auch oft gleich direkt dort ab oder geht dazu auf eine Lichtung im Wald. Einige Teilnehmer besitzen eine Zehnerkarte für die OutdoorWorkouts, andere melden sich für jede der wöchentlichen Einheiten frisch an. Der Aussichtsturm bietet Anke Heinzelmann eine gute Möglichkeit, die Schlaufen eines Schlingentrainers einzuhängen oder Treppenläufe in ihre Routine einzubauen. Doch auch der Wald hat seine Vorteile: „Wir haben das Krokodil und einige Bänke, an denen wir Stützübungen absolvieren können. Grundsätzlich setze ich gerne auf Übungen mit dem eigenen Körpergewicht.“
Es kommt aber auch mal vor, dass die Physiotherapeutin Baumstämme, Kettlebells oder Terrabänder in den Hauptteil mit einbaut. Dieser setzt sich meist aus Laufen und Kräftigung zusammen. Auf eine ein- bis zweiminütige Krafteinheit folgt beispielsweise eine lockere Waldrunde im Trab. „Damit jeder mitziehen kann, halte ich die Laufrunden eher klein“, sagt Heinzelmann. Bewusst richtet sie ihr Training so aus, dass Sportler mit verschiedenen Leistungsvermögen gemeinsam teilnehmen können. Dafür wird zu jeder Übung eine passende Zeit ausgerufen. Wie oft jemand diese Übung in der vorgegebenen Zeit macht, bleibt jedem selbst überlassen.
Das Gruppengefühl lässt die Kursteilnehmer bei den unterschiedlichen Übungen aber auch gelegentlich über sich hinauswachsen. „Das ist eben das Schöne am gemeinsamen Sport. Jeder kitzelt aus dem anderen nochmal eine Wiederholung mehr heraus“, sagt die 25-Jährige. „Es gehört aber natürlich auch zu meinem Job, die Gruppe anzuspornen und bei Motivation zu halten, ganz klar. Des Weiteren achte ich auf eine richtige Übungsausführung und korrekte Haltung.“