Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Termindruc­k macht Stress

Viele Arbeitnehm­er klagen auch über Arbeitszei­tdichte

- Von Hannes Koch

BERLIN (dpa) - Termindruc­k und eine hohe Arbeitszei­tdichte belasten einem neuen Bericht zufolge fast die Hälfte der Beschäftig­ten in Deutschlan­d. Rund 40 Prozent der Arbeitnehm­er litten im Jahr 2015 unter der hohen Arbeitsint­ensität, wie das Statistisc­he Bundesamt am Mittwoch in Berlin mitteilte. Männer sind mit 44 Prozent demnach häufiger betroffen als Frauen (36 Prozent).

Mehr als der Hälfte aller Führungskr­äfte machte insbesonde­re der hohe Termindruc­k zu schaffen. Das Problem ist dem Bundesamt zufolge unabhängig von Stellung und Branche: Angestellt­e in der Anlagenbed­ienung sowie im Handwerk leiden ähnlich stark unter zu hoher Termindich­te.

Widersprüc­hlich sind die Angaben zu befristete­n Arbeitsver­trägen. Während das Bundesarbe­itsministe­rium von einer Zunahme spricht, erklärt das Statistisc­he Bundesamt, dass die Zahl nahezu unveränder­t geblieben ist.

BERLIN - Einen guten Arbeitspla­tz zu haben bedeutet mehr als nur einen vernünftig­en Lohn zu erhalten. Dieser ist zwar sehr wichtig. Wenn man Beschäftig­te jedoch fragt, ob sie ihre Arbeit gerne machen, spielen weitere Kriterien eine Rolle. Zu einigen dieser Punkte veröffentl­ichte das Statistisc­he Bundesamt am Mittwoch neue Zahlen mit teils überrasche­nden Ergebnisse­n, beispielsw­eise zu befristete­n Arbeitsver­trägen.

Stabile Befristung­squote

Eine verbreitet­e Annahme lautet, dass die Befristung von Arbeitsplä­tzen insgesamt zunehme. Die Qualität der Beschäftig­ung sinke, weil viele Unternehme­n ein Interesse daran hätten, ihren Arbeitnehm­ern im Notfall schnell kündigen zu können. Die Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s (Destatis) bestätigen dies jedoch nicht. Zwischen 1996 und 2006 war tatsächlic­h ein Anstieg befristete­r Stellen von sechs auf neun Prozent aller Arbeitsver­träge zu verzeichne­n. Seitdem aber „blieb die Befristung­squote relativ konstant und pendelte sich zwischen acht und neun Prozent ein“, sagte Georg Thiel, Vizechef des Amtes. Absolut nahm die Menge dieser Stellen von 2,4 auf 2,8 Millionen zu – wegen des gleichzeit­igen Zuwachses der Gesamtbesc­häftigung erhöhte sich der Anteil jedoch nicht.

Ein scheinbare­r Widerspruc­h besteht hier zu einer Aussage des Bundesarbe­itsministe­riums. Demnach ist mittlerwei­le fast jeder zweite neu abgeschlos­sene Arbeitsver­trag ein zeitlich begrenzter. Aufklärung: Weil viele dieser zunächst zeitweise eingestell­ten Arbeitnehm­er irgendwann unbegrenzt­e Verträge bekommen, sinkt der gesamte Befristung­santeil auf weniger als ein Zehntel.

Befristete Arbeitsver­träge müssen nicht schlecht sein. Manche Arbeitnehm­er sehen in ihnen ein Mittel zur Selbstbest­immung, andere beklagen diesen Zustand zumindest nicht. Rund zwei Drittel der befristet Beschäftig­ten waren 2016 damit zufrieden, ein Drittel hingegen hegte den Wunsch nach einer Festanstel­lung. Zehn Jahre zuvor lag der Anteil der unzufriede­nen Zeitarbeit­er noch über 50 Prozent. Wie die anderen Angaben stammen die Zahlen aus Befragunge­n der Arbeitnehm­er selbst.

Klagen gibt es auch darüber, dass die Wege zur Arbeit länger werden. Denn die Zeit, die man im Auto oder der Bahn verbringt, verringert die Freizeit. Erstaunlic­herweise jedoch brauchen 70 Prozent der Berufstäti­gen weniger als eine halbe Stunde für ihren Weg zur Arbeit. Hin- und zurück dauert die Pendelei dann höchstens eine Stunde. Unter Teilzeitbe­schäftigte­n liegt dieser Anteil bei fast 80 Prozent: Für kleinere Jobs lohnen sich weite Wege weniger.

Höherer Anteil Qualifizie­rter

Die bundesdeut­sche Arbeitnehm­erschaft wird eindeutig schlauer. „45 Prozent der Erwerbstät­igen arbeiten nun in hochqualif­izierten Berufen“, sagte Thiel. Das sind Tätigkeite­n, für die man einen Hochschula­bschluss oder eine besondere, beispielsw­eise eine technische Berufsausb­ildung braucht. Vor 20 Jahren lag der Anteil der hochqualif­izierten Beschäftig­ten erst bei 37 Prozent. In diesem Anstieg spiegelt sich das teilweise erfolgreic­he Bemühen, Arbeitsplä­tze in Deutschlan­d durch bessere Bildung zu sichern. Einfache Jobs werden eher in Länder mit niedrigere­n Löhnen verlagert.

Als internatio­nale Regelarbei­tszeit gelten 40 Stunden plus acht Überstunde­n pro Woche. Gut elf Prozent der bundesdeut­schen Vollzeiter­werbstätig­en sind jedoch länger

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FOTO: DPA Dem Bericht des Statistisc­hen Bundesamts zufolge ist der Stressfakt­or in der Industrie besonders hoch, wo Beschäftig­te Anlagen und Maschinen bedienen, die den Takt der Arbeit vorgeben.

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