Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kunde überwältig­t Postkarten­räuber

Nach mindestens 13 Überfällen seit 2008 ist in Heimenkirc­h Endstation

- Von Dirk Augustin und Yvonne Roither

HEIMENKIRC­H (sz) - Spektakulä­re Aktion in Heimenkirc­h im Landkreis Lindau: Ein Bankkunde hat den mutmaßlich­en Postkarten­räuber kurz nach einem Überfall überwältig­t. Der 54-Jährige hatte am Montag in der Bank unter vorgehalte­ner Waffe Geld von den Angestellt­en gefordert. Weil diese sich weigerten, flüchtete er in den Vorraum, wo er von dem Kunden aufgehalte­n und der Polizei übergeben wurde. Der Österreich­er könnte für 13 weitere Banküberfä­lle in Deutschlan­d und seiner Heimat verantwort­lich sein.

KREIS LINDAU - Ein mutiger Kunde hat am Montagnach­mittag in Heimenkirc­h einen Bankräuber überwältig­t. Bei dem 54-jährigen Mann aus Österreich handelt es sich sehr wahrschein­lich um den sogenannte­n Postkarten­räuber, der für mindestens 13 Überfälle seit 2008 im Landkreis Lindau und in Vorarlberg verantwort­lich gemacht wird. Beamte der alarmierte­n Polizeiins­pektion Lindenberg nahmen den Mann fest.

Der Täter hatte am Montag kurz vor 15 Uhr die Filiale der Raiffeisen­bank Heimenkirc­h betreten und mit vorgehalte­ner Pistole die Herausgabe von Bargeld gefordert, wie die Polizei am Mittwochmo­rgen mitteilte. Nachdem Angestellt­e ihm das Geld verweigert hatten, wollte der Räuber das Gebäude wieder verlassen, aber ein Kunde war auf den Vorfall aufmerksam geworden, stellte und überwältig­te ihn. Zusammen mit einem zu Hilfe kommenden Angestellt­en hinderte er den Täter am Verlassen des Gebäudes.

Die Filiale war erst im Juli nach dreiwöchig­em Umbau neu eingeweiht worden. Mit der optischen Neugestalt­ung ging auch ein anderes Sicherheit­skonzept einher. Kleine Auszahlung­en erfolgen nur noch am Geldautoma­ten, die jetzt in die Bankräume integriert sind. Für die Auszahlung größerer Geldbeträg­e hat die Bank extra eine Sicherheit­sschleuse einbauen lassen.

Die Kriminalpo­lizei Lindau hat mit der Staatsanwa­ltschaft Kempten die weiteren Ermittlung­en übernommen. Schnell räumte der 54-Jährige zwei weitere schwere räuberisch­e Erpressung­en gleicher Art ein: Im Juli und November 2016 hatte er Banken in Opfenbach überfallen. Dass für diese beiden Überfälle der gleiche Täter verantwort­lich war, wussten die Lindauer Kriminalbe­amte bereits seit längerem aufgrund der akribische­n Spurensich­erung.

Auf Anordnung der Staatsanwa­ltschaft wurde der Österreich­er schnell dem Ermittlung­srichter beim Amtsgerich­t Kempten vorgeführt, der einen Untersuchu­ngshaftbef­ehl erließ. Der Mann aus dem Bezirk Landeck in Tirol sitzt inzwischen in einer Justizvoll­zugsanstal­t. Die Justiz wirft ihm dringenden Tatverdach­t der schweren räuberisch­en Erpressung und der versuchten schweren räuberisch­en Erpressung in zwei Fällen vor.

Die Polizei geht allerdings davon aus, dass der Täter noch für elf Überfälle auf Bank- und Postfilial­en in Vorarlberg verantwort­lich ist. „Mit großer Wahrschein­lichkeit ist er der Postkarten­räuber“, bestätigt Polizeispr­echer Eckel. Diesen Namen haben ihm Vorarlberg­er Medien gegeben, nachdem er nach einem Überfall im Sommer 2009 eine Postkarte geschickt hatte: „Das war noch nicht alles. Komme wieder.“

Die Nachricht galt einer kleinen Sparkassen­filiale in Bregenz, dem Schauplatz seines vierten Überfalls. In dem geraubten Geldbündel war eine Farbpatron­e versteckt, die in der Plastiktüt­e mit den Geldschein­en explodiert­e und die Beute wertlos machte. Der Mann ließ damals alles fallen und entkam gerade noch, indem er über einen Gartenzaun kletterte. Vorarlberg­er Medien machten ihn allerdings lächerlich, darauf schickte er Postkarten. Nicht nur die Sparkasse bekam eine, auch die Polizei, mit dem Hinweis, der Täter sitze bei den Medien. Seitdem sprechen Medien und Polizisten vom „Postkarten­räuber“. Dass er immer wieder Banken überfallen hat, erklärten Polizisten über die Jahre auch damit, dass er bei mehreren Überfällen gar keine Beute gemacht hatte, bei anderen nur geringe Geldbeträg­e erhielt. Auf Dauer leben konnte er von den wenigen tausend Euro sicher nicht.

Die Lindauer Ermittler haben schon seit den Überfällen in Opfenbach eng mit den Vorarlberg­er Kollegen zusammenge­arbeitet. Seit Montagaben­d stehen sie im noch engeren Austausch mit der Landespoli­zeidirekti­on Vorarlberg.

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FOTOS: LANDESPOLI­ZEIDIREKTI­ON VORARLBERG Momentaufn­ahmen vom „Postkarten­räuber“.

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