Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Arbeitsplatz sind die Strände der Welt
Beachvolleyball-Duo Julia Sude/Chantal Laboureur blickt auf erfolreiche Saison zurück
FRIEDRICHSHAFEN - Die eine, Chantal Laboureur, gondelt mit einem Campervan und ihrem Freund noch eine Weile die Ostseeküste entlang, die andere, Julia Sude, ist endlich „zu Hause, bei Mama und Papa, am Bodensee“. Das BeachvolleyballNationalteam aus Friedrichshafen hat gerade seine fünfte gemeinsame Saison absolviert - die beste bislang. „Unsere erste gemeinsame Deutsche Meisterschaft“jubiliert Chantal Laboureur und bekommt ihr Strahlen nach dem Gewinn der Goldmedaille in Timmendorfer Strand gar nicht mehr aus dem Gesicht. Für Julia Sude war es nach 2010 die zweite Goldmedaille bei den nationalen Meisterschaften, die sie seinerzeit an der Seite von Jana Köhler gewann.
Auch wenn die gerade abgelaufene Saison durch eine lange und unnötige Auseinandersetzung mit dem Deutschen Volleyball-Verband zweigeteilt war, so war sie eindeutig die bislang beste Spielzeit des Duos vom Bodensee: Fünfter Platz bei den Weltmeisterschaften in Wien, die Bronzemedaille bei den Europameisterschaften in Jurmala, Fünfter beim World Tour-Finale in Hamburg, Gold bei der DM - dies alleine ist die tolle Bilanz der vergangenen vier Wochen. Insgesamt über 80 000 Dollar Preisgeld hat jede Spielerin eingenommen. Doch diese Summe ist äußerst mühsam verdient, gehen davon neben der Steuer noch die Kosten für Trainingslager, Reisen und die Trainerhonorare ab.
In der Welt zu Hause
Fort Lauderdale (USA), Münster, Rio de Janeiro (Brasilien), Moskau (Russland), Den Haag (Niederlande), Baden (Österreich), Porec (Kroatien), Gstaad (Schweiz), Long Beach (USA), Olsztyn (Polen), Wien (Österreich), Jurmala (Lettland), Hamburg, Timmendorfer Strand - so lauteten die Stationen der Turniere im Jahr 2017. Zigtausend Kilometer in Flugzeugen und Taxis, ständig in einer anderen Zeitzone aufschlagend. "Beachtlich, dass wir dabei nur einen einzigen Flugausfall hatten und einmal wegen Verspätung umgebucht wurden, um dann noch später anzukommen als geplant", erinnert sich Chantal Laboureur und lacht. Erstaunlich, wie man sich bei so vielen Reisen und den damit verbundenen Eindrücken immer noch an einzelne Begebenheiten erinnern kann. Ihr Arbeitsplatz sind die Strände der Welt, da wo andere Urlaub machen. Und dabei schafften die beiden es sogar, eine lange Zeit auf Weltranglistenplatz zwei vorzustoßen, bis sie vor zwei Wochen von dem kanadischen Duo Sarah Pavan/Melissa Humana-Paredes mit nur 240 Punkten Rückstand wieder auf den dritten Platz verwiesen wurden.
Die internationale Bilanz alleine weist 44 Siege und 17 Niederlagen auf. „Wir haben einen weiteren großen Schritt nach vorne getan“, sagt Julia Sude zufrieden. „Auch die Professionalisierung unseres Umfelds mit einem erweiterten Trainerteam und SchwabenSport Management aus Stuttgart als unsere Agentur ist ein Grund dafür.“
Aufstieg als Nationalteam
Zudem wurden sie erstmals vom Deutschen Volleyball-Verband zum offiziellen Nationalteam gekürt. Als der Sand endlich aus dem Getriebe war, lief es sofort im Sand wie geschmiert. Mannschaften, die bislang noch nie geschlagen wurden, wie das brasilianische Topteam Larissa/Talita oder Hermannova/Slukova aus Tschechien, wurden jeweils das erste Mal besiegt, was dann den Gewinn des prestigeträchtigen Major Turniers in Gstaad einbrachte. „Dort ganz oben auf dem Podest zu stehen, und die Kuhglocke zu läuten, davon habe ich schon lange geträumt“, sagt Julia Sude.
Und auch ihr Trainer Ricardo Brunale de Andrade, den alle der Einfachheit halber nur mit seinem Spitznamen „Vento“anreden, ist hochzufrieden: „Ich bin sehr froh, dass die beiden mir die Möglichkeit gegeben haben, mit ihnen zu arbeiten und schwer beeindruckt, wie sie nach der langen Saison noch einmal die Energie aufgebracht haben, sich in Timmendorf bis zur Goldmedaille durchzukämpfen.“Und doch wissen alle, dass immer noch weiteres Entwicklungspotenzial vorhanden ist. „Die eine oder andere Niederlage hat uns geärgert. Wir können uns noch verbessern, und daran wollen wir arbeiten", sagt Chantal Laboureur forsch.
Nach der wohlverdienten Pause beginnt die Vorbereitung auf die Saison 2018 noch diesen Oktober, nur unterbrochen von einem fünfwöchigen Lehrgang der beiden Stabsunteroffiziere bei der Bundeswehr in Warendorf.
Doch erst einmal ist Urlaub angesagt. Ausspannen an der Ostsee und am Schwäbischen Meer.