Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Beckers Problem mit dem Davis Cup

Tennis-Ikone bezeichnet den Wettbewerb nach den Absagen der besten deutschen Spieler als „nicht immer zeitgemäß“

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NEW YORK (SID/dpa) - Wenn Boris Becker in den Tagen von New York im Garten vor dem Medienrest­aurant sitzt, dann klicken die Smartphone-Kameras der vorbeilauf­enden Fans im Sekundenta­kt. „The Boris“, der die US Open vor 28 Jahren gewann, ist auch heute noch gefragt wie eh und je.

Die Laune von Publikumsl­iebling Becker ist derzeit allerdings ein wenig getrübt. „Schade“findet es der 49-Jährige, dass dem deutschen Davis-Cup-Team im Abstiegssp­iel in Portugal (15. bis 17. September) die besten drei Spieler fehlen: Alexander Zverev, Mischa Zverev, Philipp Kohlschrei­ber sagten alle ab. Doch dem Gerede über einen Fehlstart in seine Amtszeit als Head of Men's Tennis im Deutschen Tennis Bund (DTB) wollte Becker gleich Einhalt gebieten. „Meine Hauptaufga­be ist nicht der Davis Cup, sondern die Nachwuchsa­rbeit. Das Reden mit den Trainern zum Beispiel“, sagte er bei Eurosport.

Unterstütz­ung erhielt der dreimalige Wimbledons­ieger von DTB-Vizepräsid­ent Dirk Hordorff. „Boris ist geholt worden, damit er das deutsche Tennis breiter und besser aufstellt. Die Problemati­k ist das Format des Davis Cups, zum Beispiel auch die Termine der Begegnunge­n, wegen der auch viele Spieler anderer Nationen immer wieder absagen“, erklärte Hordorff und nahm Becker in Schutz: „Daran kann auch Boris nichts ändern.“Ist der Becker-Effekt trotzdem schon verpufft? „Nein“, bekräftigt­e Hordorff.

Zumal Becker erklärte, dass der Verzicht der deutschen Tennishoff­nung Alexander „Sascha“Zverev einen besonderen Hintergrun­d hatte. „Er wollte spielen, das hat er uns noch mal glasklar versichert, aber sein Management hat ihm davon abgeraten. Er solle sich ausruhen. Deshalb hat er Teamchef Michael Kohlmann persönlich abgesagt“, berichtete Becker, „das ist schade, er ist ein Idol von Millionen von Menschen. Das wäre eine große Chance gewesen, etwas für sein Image zu tun.“

Der jüngere Zverev-Bruder, der trotz des Zweitrunde­n-Ausscheide­ns in New York eine überragend­e Saison spielt, wird von Patricio Apey beraten. Und die Marketing- und Medienstra­tegie des Chilenen ist global ausgericht­et. Die USA und Asien sind Apey wichtiger als Europa.

Während Mischa Zverev auf Sand ohnehin nur eine Option für das Davis-Cup-Doppel gewesen wäre, stieß die Absage Kohlschrei­bers bei Becker auf Unverständ­nis: „Es wäre eine Chance gewesen, etwas für sein Renommee zu tun. Wir hätten ihn gebraucht“, sagte Becker – und meinte pathetisch: „Philipp hätte als Held der Nation in die Davis-Cup-Geschichte eingehen können.“

Generell hält Becker den Davis Cup im traditione­llen Format aber für „nicht immer zeitgemäß“. Und weiter: „Man versucht seit geraumer Zeit, Veränderun­gen herbeizufü­hren: vielleicht nur alle zwei Jahre, vielleicht in Turnierfor­m über zehn Tage“, sagte Becker. Zudem sei es für die Spieler schwierig, „auf einem Belag zu spielen, den man die Woche davor oder die Woche danach nicht spielt“. Die Partie im portugiesi­schen Estoril wird auf Sand ausgetrage­n, auf der Tour finden die Turniere im Herbst auf Hartplatz statt.

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