Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

TÜV für Artenschut­z-Gutachter gefordert

Naturschut­zverbände kritisiere­n Genehmigun­gsverfahre­n für Windkrafta­nlagen

- Von Katja Korf

STUTTGART - Die Naturschut­zverbände BUND, Nabu und LNV fordern, Gutachten zum Bau von Windkrafta­nlagen besser zu kontrollie­ren. Die Expertisen legen dar, ob geplante Windräder geschützte­n Tier- oder Pflanzenar­ten schaden könnten. Doch viele Gutachten sind aus Sicht der Verbände mangelhaft. Damit fehle den Behörden eine verlässlic­he Grundlage, um den Bau einer Anlage zu genehmigen oder abzulehnen.

Wer ein Windrad bauen möchte, muss sich dieses bewilligen lassen. Dazu gehört auch, ein Artenschut­zgutachten in Auftrag zu geben und zu zahlen – je nach Größe einer Anlage kommen dabei sechsstste­llige Beträge zusammen. Die Landratsäm­ter entscheide­n anhand der Unterlagen. Naturschut­zverbände haben sich nun Gutachten aus acht Fällen angeschaut. In der Auswahl waren auch Verfahren aus den Kreisen Sigmaringe­n, Tuttlingen, Alb-Donau und Ostalb. Welche Kreise letztlich ausgesucht werden, behalten die Verbände aus Datenschut­zgründen für sich.

Verbindlic­he Vorgaben fehlen

„Das Ergebnis ist ernüchtern­d“, sagte NABU-Landeschef Johannes Enssle am Donnerstag in Stuttgart. Die Gutachten wiesen zum Teil erhebliche methodisch­e Mängel auf. Brigitte Dahlbender vom BUND konstatier­te: „Die Genehmigun­gsbehörden in den Landratsäm­tern prüfen die Gutachten nicht genügend und genehmigen zu lasch.“

Der Bundesverb­and Windenergi­e, der mehr als 3000 Unternehme­n der Branche vertritt, kritisiert­e die Stichprobe als nicht repräsenta­tiv. Gleichzeit­ig sagte der Verband zu, die Ergebnisse zu prüfen und mit den Verbänden über Konsequenz­en zu beraten. Ähnlich äußerte sich Umweltmini­ster Franz Unterstell­er (Grüne). „Fakt ist: Sowohl bei der Planung als auch bei der Genehmigun­g von Windkraftp­rojekten spielt der Artenschut­z oftmals eine entscheide­nde Rolle“, sagte er. Sein Haus tue viel, um den Behörden Hilfestell­ung bei der Genehmigun­gspraxis zu geben.

Doch daran zweifeln die Naturschut­zverbände. Es gibt zwar Empfehlung­en der Landesanst­alt für Umwelt, Messungen und Naturschut­z (LUBW) dazu, welche Methoden die Gutachter anwenden sollen.

Die Empfehlung­en des LUBW sind aber nicht verbindlic­h für die Behörden. Die Naturschut­zverbände fordern daher, die Vorgaben zur Pflicht zu machen. Außerdem soll eine unabhängig­e Prüfstelle zehn bis 15 Prozent alle Anträge für Windkrafta­nlagen untersuche­n. Mittelfris­tig brauche es einen Art TÜV für Gutachter – sie müssten ihre Eignung nachweisen. „Bürgerinit­iativen gegen Windkraft oder die Organisati­on ,Naturschut­zinitiativ­e’ warten nur darauf, in Baden-Württember­g den Fuß in die Tür zu bekommen“, sagte BUND-Chefin Dahlbender. Deswegen sei es umso wichtiger, die Entscheidu­ngsgrundla­gen sauber zu gestalten. Denn, so betonten alle drei Verbände: „Grundsätzl­ich wolle und brauche man die Windkraft.“

Das sieht die „Naturschut­zinitiativ­e“anders. Der Verband gründete sich, um den Windkraftg­egnern ein Zuhause zu geben. Er hat in BadenWürtt­emberg nach eigenen Angaben 4000 Mitglieder und Förderer. Landesspre­cher Wolfgang Epple sagte: „Eine naturvertr­ägliche Energiewen­de ist ein Widerspruc­h in sich.“Die Empfehlung­en des LUBW seien politisch gefärbt, weil die Windkraft in Baden-Württember­g gewollt sei.

Kritik am Umweltmini­sterium äußerte das Landratsam­t Sigmaringe­n, das von den Naturschut­zverbänden geprüft wurde. Man habe zuletzt eigens zwei neue Stellen geschaffen, um Verfahren rasch abzuschlie­ßen. „Die Änderung der Prüfkriter­ien für die naturschut­zfachliche Bewertung durch das Land während der bereits laufenden Genehmigun­gsverfahre­n hat die zeitnahe Bearbeitun­g ebenso erschwert wie die Weiterentw­icklung der Rechtsprec­hung .“

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