Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
In Deutschland stehen 1100 marode Bahnbrücken
Laut der Datenerhebung der Grünen sind 111 Brücken in Baden-Württemberg „dringend sanierungsbedürftig“
BERLIN/RAVENSBURG - In Deutschland sind 1100 Eisenbahnbrücken in einem desolaten Zustand. Sie seien „so stark beschädigt, dass nur noch ein Abriss und Neuaufbau vertretbar“sei, erklärte die Grünen-Bundestagsfraktion am Donnerstag nach einer Auswertung von 16 Kleinen Anfragen zum Stand der 25 700 Bahnbrücken. Am schlechtesten ist die Lage demnach in Brandenburg.
Laut der Datenerhebung der Partei, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, sind in Baden-Württemberg 111 der insgesamt 3104 Bahnbrücken „dringend sanierungsbedürftig“. Diese Angaben bestätigte am Donnerstag ein Sprecher der Deutschen Bahn.
Das Durchschnittsalter der Brücken liegt im Land bei 59 Jahren, wobei mehr als jede Dritte (1223) älter ist als 80 Jahre. Zu den ältesten Brücken im SZ-Verbreitungsgebiet zählt das 1920 in Betrieb genommene Bauwerk zwischen den Bahnhöfen Langenargen und Kressbronn. Fast ein Jahrhundert alt ist nach Angaben der Bundesregierung auch die Brücke zwischen den Bahnhöfen Aulendorf und Mochenwangen. Beide zählen zur Kategorie 4, sie müssten also bald saniert – oder eben abgerissen – werden. Es sei in solchen Fällen wirtschaftlicher, in spätestens 20 Jahren die Brücken komplett zu ersetzen, sagte der Bahn-Sprecher. „Ein Sicherheitsrisiko besteht nicht. Brücken, die nicht sicher sind, werden gesperrt“, stellte er klar.
Die Auswertung der Grünen ergab Hinweise auf eine insgesamt veraltete Infrastruktur: Das Durchschnittsalter der 1100 marodesten Brücken liegt demnach bei 86 Jahren, Hunderte davon wurden vor dem Zweiten Weltkrieg gebaut und folglich in dieser Zeit genutzt. Die mit 146 Jahren älteste Bahnbrücke der Bundesrepublik ist im thüringischen Saalfeld zu finden.
Bei einer angenommenen Lebensdauer von 100 Jahren müssten jedes Jahr 257 Brücken ersetzt werden, erklärte die Partei. Tatsächlich seien jedoch zuletzt durchschnittlich lediglich 115 Brücken im Jahr erneuert worden. Die Grünen sprechen daher von einer „Stillstandspolitik“von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Dessen Ministerium (BMVI) wies jedoch auf Anfrage die Vorwürfe zurück. Die Investitionen in die Schienen-Infrastruktur würden bis 2018 um rund 40 Prozent im Vergleich zur vergangenen Legislaturperiode gesteigert werden, sagte ein BMVI-Sprecher der „Schwäbischen Zeitung“. In den Jahren 2015-2019 stünden insgesamt Rekordmittel in Höhe von 28 Milliarden Euro für Erhaltung und Modernisierung des Schienennetzes zur Verfügung.
Mit dem Bund sei vereinbart, bis 2019 insgesamt 875 Eisenbahnbrücken vollständig oder in Teilen zu erneuern, teilte die Bahn mit: „Dieses Ziel werden wir auch erreichen.“