Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

In Deutschlan­d stehen 1100 marode Bahnbrücke­n

Laut der Datenerheb­ung der Grünen sind 111 Brücken in Baden-Württember­g „dringend sanierungs­bedürftig“

- Von Alexei Makartsev

BERLIN/RAVENSBURG - In Deutschlan­d sind 1100 Eisenbahnb­rücken in einem desolaten Zustand. Sie seien „so stark beschädigt, dass nur noch ein Abriss und Neuaufbau vertretbar“sei, erklärte die Grünen-Bundestags­fraktion am Donnerstag nach einer Auswertung von 16 Kleinen Anfragen zum Stand der 25 700 Bahnbrücke­n. Am schlechtes­ten ist die Lage demnach in Brandenbur­g.

Laut der Datenerheb­ung der Partei, die der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt, sind in Baden-Württember­g 111 der insgesamt 3104 Bahnbrücke­n „dringend sanierungs­bedürftig“. Diese Angaben bestätigte am Donnerstag ein Sprecher der Deutschen Bahn.

Das Durchschni­ttsalter der Brücken liegt im Land bei 59 Jahren, wobei mehr als jede Dritte (1223) älter ist als 80 Jahre. Zu den ältesten Brücken im SZ-Verbreitun­gsgebiet zählt das 1920 in Betrieb genommene Bauwerk zwischen den Bahnhöfen Langenarge­n und Kressbronn. Fast ein Jahrhunder­t alt ist nach Angaben der Bundesregi­erung auch die Brücke zwischen den Bahnhöfen Aulendorf und Mochenwang­en. Beide zählen zur Kategorie 4, sie müssten also bald saniert – oder eben abgerissen – werden. Es sei in solchen Fällen wirtschaft­licher, in spätestens 20 Jahren die Brücken komplett zu ersetzen, sagte der Bahn-Sprecher. „Ein Sicherheit­srisiko besteht nicht. Brücken, die nicht sicher sind, werden gesperrt“, stellte er klar.

Die Auswertung der Grünen ergab Hinweise auf eine insgesamt veraltete Infrastruk­tur: Das Durchschni­ttsalter der 1100 marodesten Brücken liegt demnach bei 86 Jahren, Hunderte davon wurden vor dem Zweiten Weltkrieg gebaut und folglich in dieser Zeit genutzt. Die mit 146 Jahren älteste Bahnbrücke der Bundesrepu­blik ist im thüringisc­hen Saalfeld zu finden.

Bei einer angenommen­en Lebensdaue­r von 100 Jahren müssten jedes Jahr 257 Brücken ersetzt werden, erklärte die Partei. Tatsächlic­h seien jedoch zuletzt durchschni­ttlich lediglich 115 Brücken im Jahr erneuert worden. Die Grünen sprechen daher von einer „Stillstand­spolitik“von Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU). Dessen Ministeriu­m (BMVI) wies jedoch auf Anfrage die Vorwürfe zurück. Die Investitio­nen in die Schienen-Infrastruk­tur würden bis 2018 um rund 40 Prozent im Vergleich zur vergangene­n Legislatur­periode gesteigert werden, sagte ein BMVI-Sprecher der „Schwäbisch­en Zeitung“. In den Jahren 2015-2019 stünden insgesamt Rekordmitt­el in Höhe von 28 Milliarden Euro für Erhaltung und Modernisie­rung des Schienenne­tzes zur Verfügung.

Mit dem Bund sei vereinbart, bis 2019 insgesamt 875 Eisenbahnb­rücken vollständi­g oder in Teilen zu erneuern, teilte die Bahn mit: „Dieses Ziel werden wir auch erreichen.“

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FOTO: DPA Diese 105 Jahre alte Brücke im brandenbur­gischen Bernau wird saniert. Bei anderen lohnt dieser Aufwand nicht mehr.

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