Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wirte beklagen Übertragun­gswirrwarr

Gastronomi­e sieht Spaltung der Rechte kritisch – Verstärkte­r Verzicht auf Zusatzabo

- Von Jakob Fandrey

RAVENSBURG - Der Mensch ist ein Gewohnheit­stier. Der Ball ist rund, zum Fußball gehört ein Bier und der Wirt um die Ecke hat die Bundesliga auf einer Großbildle­inwand zu zeigen. So weit, so gut. Gegen die Macht der Gewohnheit hat sich seit Beginn der Bundesliga­saison 2017/18 der neue TV-Vertrag der DFL gestellt. Wer künftig alle Spiele der ersten und zweiten Bundesliga sehen oder seinen Gästen zeigen möchte, braucht neben dem Pay-TV-Angebot von Sky eines von Eurosport.

Das gilt auch für Wirte. Visar Rama aus dem „Tag und Nacht“in Biberach macht da nicht mehr mit. Schon das auf die Gastronomi­e zugeschnit­tene Angebot von „Sky“lohne sich für ihn nicht. Ein weiteres Abonnement will er nicht abschließe­n. „Ich wusste nicht, dass Sky die Spiele am Freitag nicht mehr überträgt“, sagt Rama.

Er möchte abwarten, ob sich für Gastwirte nicht doch noch eine Lösung finden lässt. Doch diese Lösung hat Eurosport den Sportbars bereits angeboten: Wer bis Jahresende ein Abo des Eurosport-Players zu den Konditione­n einer privaten Nutzung abschließe, dürfe dies auch in seinem Gewerbe ohne Zuzahlung zeigen, wie das Unternehme­n auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilte. Für den Pass zahlt man also auch als Wirt 49,99 Euro – pro Jahr.

Anders bei Sky: Dort zahlen Gastronome­n einen Beitrag, der sich an der Größe des Lokals ausrichtet – oft verlangt Sky vierstelli­ge Summen von den Gastronome­n. Ein Bezahlmode­ll, das viele Wirte allein bereits ins Grübeln kommen lässt. „Für viele kleine Wirte lohnt sich das nicht, die Schmerzgre­nze ist für manche schon erreicht“, weiß Ingrid Hartges, Hauptgesch­äftsführer­in vom Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverband. Wenn es noch teurer werden würde, könne er sein Sky-Abo nicht mehr halten, so August Schuler Junior aus der Ratsstube in Ravensburg. Trotz des gastronomi­efreundlic­hen Angebots für den EurosportP­layer verzichtet er in dieser Saison auf die Live-Übertragun­g der dort exklusiv zu sehenden Spiele.

Die neue Regelung sei äußerst unbefriedi­gend für Gastronome­n, heißt es vom DEHOGA. Alle Versuche, über Unterlizen­zen alle Übertragun­gsrechte bei einem Anbieter belassen zu können, sind gescheiter­t. Wer in seiner Kneipe die 45 betroffene­n Spiele zeigen möchte, muss also zusätzlich zahlen. Die 30 Freitagspi­ele (20.30), fünf Spiele am Sonntag (13.30), fünf Spiele am Montag (20.30), die Relegation zur Ersten und Zweiten Liga sowie der Supercup sind nur noch mit dem EurosportP­layer zu empfangen.

Wie viele Sportbars, Kneipen und Hotels auf ein zweites Abonnement verzichten, ist derzeit nicht zu beziffern. Und zumindest der Start der Übertragun­g lieferte nicht gerade Gründe für ein Zweitabo. Am zweiten Spieltag blieb der Bildschirm am Freitag wegen einer Technikpan­ne meist schwarz. Doch der Sender verspricht Besserung. Und die Wirte grübeln weiter.

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FOTO: DPA Fußball schauen in der Kneipe ist längst kein Normalzust­and mehr.

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