Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Eltern wollen gegen höhere Gebühren protestieren
Stadt schlägt dem Gemeinderat höhere Kindergartenbeiträge vor – Väter und Mütter gehen auf die Barrikaden
PFULLENDORF - Dass die Stadt Pfullendorf die Kindergartengebühren um rund 30 Prozent anheben will, bringt die Eltern mehrerer Einrichtungen auf die Barrikaden. In der Gemeinderatssitzung am Donnerstag, 21. September, wollen die Väter und Mütter ein Zeichen gegen die geplante Beitragserhöhung setzen, indem sie sich in der Bürgerfrageviertelstunde zu Wort melden. Die Stadtverwaltung wiederum zeigt Verständnis für den Unmut der Eltern, verteidigt ihre Pläne aber trotzdem.
Widerstand gegen die Gebührenerhöhung regt sich unter anderem im evangelischen Kindertagheim. „Weil es hier viele Ganztagskinder gibt, zahlen die Eltern ohnehin schon hohe Beiträge“, sagt die Elternbeiratsvorsitzende Nicole Welschinger. Angesichts der geplanten Erhöhung fühlten sich viele Familien regelrecht abgezockt. Leidtragende seien meistens die Mütter. Würden die neuen Gebühren eingeführt, lohne es sich für einige nicht mehr, arbeiten zu gehen. Einerseits mangele es an Fachkräften, andererseits werde es Familien schwer gemacht, Kinder und Beruf unter einen Hut zu bringen.
Erhöhung so teuer wie ein Urlaub
Für einige Väter und Mütter bedeute die Gebührenerhöhung jährliche Mehrkosten von 1200 Euro, sagt die Elternbeiratsvorsitzende. „Das ist bei manchen Familien der Sommerurlaub.“Wenn eine Gebührenerhöhung unbedingt sein müsse, dann in einem sozialverträglichen Rahmen. „Und davon sind 30 Prozent weit entfernt“, sagt Nicole Welschinger.
In der Gemeinderatssitzung am Donnerstag wollen die Eltern die finanziellen Belastungen für Familien und Alleinerziehende aufzeigen, die eine weitere Erhöhung der Kindergartenbeiträge mit sich bringt. Auch wenn der Gemeinderat streng genommen nur über die Gebühren für die städtischen Kindergärten entscheidet – und zum Beispiel nicht über die der Kirchengemeinden. „Es gibt in Pfullendorf allerdings schon seit Jahren eine Übereinkunft, dass alle Einrichtungen ihre Gebühren gleichermaßen erhöhen“, sagt der evangelische Pfarrer Hans Wirkner. „Das ist mir auch ganz wichtig und das finde ich auch richtig so.“
Pfullendorfs Hauptamtsleiter Hans-Jürgen Rupp bestätigt derweil, dass auch die Elternbeiräte der fünf städtischen Kindergärten die Gebührenerhöhung ablehnen. „Das ist ja auch ihr gutes Recht“, sagt Rupp. Er habe sich mit allen Elternvertretern unterhalten. „Die sind mir natürlich nicht gerade um den Hals gefallen, haben aber auch Verständnis gezeigt.“Schließlich seien die Vorschläge für die neuen Gebühren
nicht willkürlich festgesetzt worden.
Gestiegene Personalkosten
So verweist der Hauptamtsleiter auf eine gemeinsame Empfehlung des Städte- und Gemeindetags sowie der Kirchen, nach der 20 Prozent der Betreuungskosten im Kindergarten von den Eltern getragen werden sollten. Zurzeit liege der Kostendeckungsgrad in Pfullendorf bei knapp 15 Prozent. Würden die neuen Gebühren umgesetzt, seien es knapp 19 Prozent. Hauptgrund für die deutliche Erhöhung seien die gestiegenen Personalkosten wegen einer Tariferhöhung für die Erzieher.
Darüber hinaus betont Hans-Jürgen Rupp, dass die Gebühren der Kindergärten beim landkreisweiten
Vergleich durchaus mithalten könnten. „Die Gebühren sind nicht immer eins zu eins vergleichbar, aber wir liegen mit unseren Elternbeiträgen im Landkreis Sigmaringen keinesfalls an der Spitze“, sagt er.
Doch das ist Nicole Welschinger zu wenig. Sie gibt zu bedenken, dass es in Baden-Württemberg auch Kommunen gebe, in denen die Kinderbetreuung kostenlos ist. „Und während das Kindergeld ab kommendem Jahr um zwei Euro auf 194 Euro pro Monat steigt, beträgt die Gebührenerhöhung in Pfullendorf ein Vielfaches davon“, sagt Welschinger. Unterm Strich ärgere es sie, auf Bundestagswahlplakaten dann auch noch Slogans wie „Familien sollen es kinderleichter haben“zu lesen.