Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Schrottwag­en statt Schnäppche­n?

Wer einen günstigen Gebrauchte­n sucht, sollte unseriöse Angebote erkennen und umkurven

- Von Claudius Lüder, dpa

Ein richtiges Schnäppche­n machen möchte wohl jeder gerne beim Autokauf. Doch vor allem wenn der Preis verlockend niedrig ausfällt, ist der Betrug oft nicht weit. Vor allem bei Auslandsan­geboten sollten Käufer vorsichtig sein.

Tolle Ausstattun­g, wenige Kilometer und nur ein Vorbesitze­r. Der Preis stimmt. Alles sieht nach einem günstigen Angebot aus. Allerdings: Bislang gibt es das Auto nur auf Fotos im Internet. Und via E-Mail hat der Verkäufer geantworte­t, das Auto stehe noch bei seinen Großeltern im Ausland. Eine Anzahlung für die Überführun­g des Fahrzeugs nach Deutschlan­d jedoch soll bitte schon geleistet werden. „Spätestens an der Stelle sollten beim Käufer alle Alarmglock­en schrillen“, sagt Silvia Schattenki­rchner von der Initiative „Sicherer Autokauf im Internet“. Dahinter stehen die beiden Verkaufspl­attformen Autoscout2­4 und mobile.de sowie der ADAC und die Polizeilic­he Kriminalpr­ävention. Speziell die Masche über Anzahlunge­n via Überweisun­gsdienste wie Western Union oder Moneygram sei eine gängige Betrugsmet­hode im Netz, die es auch nicht nur beim Autokauf gebe. „Oftmals wird die Anzahlung durch eine Familienge­schichte begründet und auch sehr glaubhaft vermittelt“, sagt Schattenki­rchner.

Wenn erst einmal bezahlt ist, werde die Ware niemals geliefert und der Käufer mit fadenschei­nigen Gründen hingehalte­n. Schattenki­rchner warnt eindringli­ch davor, eine Anzahlung zu leisten. „Die Kombinatio­n aus extrem günstigem Preis und Ausland ist immer schon verdächtig“, sagt Schattenki­rchner. Und letztlich sollte man ein Auto vor dem Kauf Probe gefahren haben.

Zwielichti­ge Anbieter im Netz

Die Anonymität des Internets sorge dafür, dass sich auch zwielichti­ge Anbieter neben seriösen präsentier­ten. Deshalb sollten Kunden darauf achten, dass ein Angebot authentisc­he Bilder und auch einen realistisc­hen Preis beinhaltet. „Keiner verschenkt freiwillig Geld“, sagt Schattenki­rchner. Auch spezielle Lockvogela­ngebote gehören auf Fahrzeugbö­rsen im Internet zum Alltag. „Ein Neufahrzeu­g wird sehr günstig angeboten, ist bei der Kontaktauf­nahme aber gerade verkauft worden“, sagt Ulrich Köster vom Zentralver­band Deutsches Kraftfahrz­euggewerbe (ZDK). „Oft wird dann versucht, dem interessie­rten Kunden ein wesentlich teureres Fahrzeug zu verkaufen.“Mit dem besonders günstigen Preis erreichen die Anbieter auch ein hohes Ranking in den Suchergebn­issen der Autobörsen.

Doch nicht nur im Internet, auch bei Fahrzeugan­geboten auf der Straße kann es zu Betrügerei­en kommen. „Ein anderes Problem sind Unfallfahr­zeuge“, sagt Köster. So komme es immer wieder vor, dass Totalschäd­en beispielsw­eise aus Überschwem­mungsgebie­ten in den USA in Osteuropa günstig repariert würden, um sie dann in Deutschlan­d anzubieten. „Die Historie des Fahrzeugs wird dann verschwieg­en.“

Erscheint ein US-Import verdächtig, kann über die Fahrgestel­lnummer, auch Vehicle Identifica­tion Number (VIN) genannt, festgestel­lt werden, was ein Auto schon alles „erlebt“hat. Laut der Initiative „Sicherer Autokauf im Internet“können über Onlineport­ale wie Carfax anhand dieser Nummer, die für das Auto wie ein Fingerabdr­uck ist, zum Beispiel Informatio­nen zur Fahrzeughi­storie oder auch Bilder abgerufen werden.

Historie hinterfrag­en

Aber die Historie ist grundsätzl­ich aufschluss­reich und sollte immer Bestandtei­l eines Autokaufs sein, sagt Gunnar Beer vom Auto Club Europa (ACE). „Je weniger Unterlagen der Verkäufer hat, umso misstrauis­cher sollte man sein.“Auch den Kilometers­tand sollten Käufer kritisch betrachten und hinterfrag­en, wenn er nicht zum Alter und der Fahrzeughi­storie passt. „Vor allem bei Autos mit digitalen Kilometerz­ählern ist die Laufleistu­ng leicht zu manipulier­en“, sagt Beer. Eine Rechtferti­gung für einen besonders niedrigen Kilometers­tand könnten Unterlagen wie Rechnungen oder das Servicehef­t liefern. Zudem kann sich der Autokäufer auch rückversic­hern, dass alles mit rechten Dingen zugeht.

Daten und Angaben prüfen

Grundsätzl­ich sollten Autokäufer immer überprüfen, ob die in einer Anzeige gemachten Daten mit dem tatsächlic­hen Auto auch übereinsti­mmen. Dies fange bei der Farbe an und höre bei der Ausstattun­g auf. Ein schlechter Berater beim Autokauf sei zudem Zeitdruck, so Beer. „Der Zwang, sich schnell entscheide­n zu müssen, lässt in der Regel keine Zeit, Fahrzeug und Unterlagen in Ruhe zu prüfen. Darauf bauen Betrüger.“

Sieht ein Auto nach genau dem Angebot aus, wonach lange gesucht wurde, sollten Autokäufer trotzdem nicht vorschnell zusagen. „Auch ein „Ja“am Telefon oder per Mail ist schon eine verbindlic­he Zusage und kommt einem Kaufvertra­g gleich – daraus versuchen manche Betrüger später Schadeners­atzansprüc­he herzuleite­n“, so die ADAC-Juristin Schattenki­rchner. „Wir raten dazu, erst dann einen Kaufvertra­g zu unterschri­eben, wenn das Fahrzeug gesehen wurde.“Wenn ein Kunde hierzu anreisen muss, sollte er sich schriftlic­h bestätigen lassen, dass der Wagen auch zur verabredet­en Zeit am verabredet­en Ort begutachte­t werden kann. Das für Internetge­schäfte übliche Rücktritts­recht von einem Kauf gelte auch nur bei Geschäften mit einem Händler. „Für Privatverk­äufe gibt es das nicht.“

Sind sich Käufer und Verkäufer einig, rät der ACE dazu, Bargeld nie ohne einen Zeugen zu übergeben. „Grundsätzl­ich lautet die Devise: Geld erst gegen Ware“, sagt Beer. Gerade bei größeren Summen sei es zudem sicherer, sich nicht auf irgendwelc­hen Parkplätze­n zu treffen, sondern das Geld in einer Bankfilial­e oder auch der Zulassungs­stelle zu übergeben.

Wer beim Autokauf auf der sicheren Seite sein will, sollte auf Betriebe mit dem blau-weißen Meistersch­ild der Kfz-Innung achten, rät der ZDK. „Diese Betriebe nehmen auch an dem für Verbrauche­r kostenlose­n Schiedsver­fahren teil und unterwerfe­n sich auch in einem Streitfall dem Schiedsspr­uch der Schiedsste­lle“, sagt Köster.

 ?? FOTO: DPA ?? Genau hinschauen beim Gebrauchtk­auf: Stimmen die Angaben in der Anzeige und die Aussagen des Verkäufers mit den Papieren und dem tatsächlic­hen Auto überein?
FOTO: DPA Genau hinschauen beim Gebrauchtk­auf: Stimmen die Angaben in der Anzeige und die Aussagen des Verkäufers mit den Papieren und dem tatsächlic­hen Auto überein?
 ?? FOTO: DPA ?? Lieber skeptisch bleiben: Genügend Zeit und ein prüfender Blick auf das Auto können davor schützen, auf einen Betrug hereinzufa­llen.
FOTO: DPA Lieber skeptisch bleiben: Genügend Zeit und ein prüfender Blick auf das Auto können davor schützen, auf einen Betrug hereinzufa­llen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany