Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Tanzen ist meine Lebensphilosophie“
SIESSEN - Von Brasilien nach Oberschwaben: Marcelo Cruz de Oliveira bringt den Teilnehmern beim Jugend-Franziskusfest am 23. und 24. September das Tanzen bei. SZ-Mitarbeiterin Anita MetzlerMikuteit hat mit ihm gesprochen.
Herr Oliveira, wie gefällt es Ihnen in Deutschland?
Total gut! Ich liebe Deutschland. Alles ist so gut organisiert, mir gefällt das ökologische Bewusstsein, die Ernsthaftigkeit und die Verlässlichkeit der Menschen, aber auch die klassische Musik.
Wie gefällt es Ihnen in der franziskanischen Gemeinschaft?
Eine Weile hier im Kloster zu sein, ist wie durch das Rote Meer zu ziehen, wenn das Wasser sich spaltet. Du tauchst auf der einen Seite ein und kommst auf der anderen Seite ganz anders wieder raus. Die Zeit hier hilft mir, mein Glaubenskonzept zu überprüfen. Und ich spüre, dass ich noch intensiver glauben möchte. Es ist wunderschön hier.
Das Gefälle zwischen Arm und Reich in Ihrem Heimatland Brasilien ist sehr groß...
Ja, das stimmt. Die Gründe hierfür sind vielfältig und gehen teils mehrere Jahrhunderte zurück bis zur Kolonialisierung durch Portugal. Viele Menschen haben sich an ihre Armut gewöhnt. Allerdings ist in letzter Zeit eine Veränderung zu spüren. Die Leute stehen auf, um zu demonstrieren und sich zu wehren. Auch das Thema Korruption spielt eine wichtige Rolle. Auch beobachte ich eine zunehmende Intoleranz zwischen den Menschen. Früher war das nicht so. Da hat jeder jeden akzeptiert.
Das Tanzen ist ein wesentliches Element in Ihrem Leben?
Ja natürlich! Tanzen ist nicht nur mein Beruf, sondern meine Lebensphilosophie. Als ob ein lieber Mensch mich treu begleitet. So kann ich mich und meinen Glauben ausdrücken. Tanz und Spiritualität gehören einfach zusammen. Daraus entsteht Leben. Nicht zuletzt ist Tanzen ein Werkzeug zur Formung und Bildung des Charakters.