Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Schärer verteidigt LEA-Kompromiss

Land will Konversion unterstütz­en – Gemeindera­t entscheide­t

- Von Michael Hescheler

SIGMARINGE­N - Mindestens fünf Jahre lang wird die Landeserst­aufnahmest­elle (LEA) auf dem früheren Kasernenge­lände bestehen bleiben. Die Vertreter von Land, Stadt und Kreis haben am Freitag den Kompromiss vorgestell­t, den sie in ihren Verhandlun­gen erzielt hatten (die SZ berichtete bereits in der gestrigen Ausgabe). Die Stadt konnte sich mit ihrer Forderung nach einer Schließung im Jahr 2020 nicht durchsetze­n. Das Land bestand auf eine mittelfris­tige Lösung. „Was herauszuho­len war, haben sie geleistet“, sagte Landrätin Stefanie Bürkle über die Verhandlun­gsführung von Bürgermeis­ter Thomas Schärer. Wie lange das Land die Einrichtun­g in Sigmaringe­n betreibt, ist aus heutiger Sicht offen. In fünf Jahren wird laut der Vereinbaru­ng neu verhandelt. Im Regelbetri­eb können bis dahin 875 Flüchtling­e in der LEA untergebra­cht werden. In Notsituati­onen sind Überschrei­tungen zulässig.

Auf die Frage, warum es ihm nicht gelang, die Forderung nach einer Schließung bis 2020 durchzuset­zen, sagte der Sigmaringe­r Bürgermeis­ter: Er habe erkannt, dass die Standortko­nzeption des Landes auf Mittelfris­tigkeit ausgelegt sei. Wenn das Land auf die Forderung der Stadt eingegange­n wäre, hätte es auch die Forderunge­n von anderen Kommunen erfüllen müssen. In diesem Fall wäre die Konzeption aus Sicht des Landes insgesamt nicht mehr tragfähig gewesen. Das Konzept sieht vor, neben dem Ankunftsze­ntrum in Heidelberg in jedem Regierungs­bezirk eine LEA zu betreiben. Sigmaringe­n übernimmt diese Aufgabe bis auf weiteres für den Regierungs­bezirk Tübingen.

Wie berichtet, stellt das Land einen Stand-by-Betrieb der Sigmaringe­r Einrichtun­g in Aussicht, wenn die Zugangszah­len weiter zurückgehe­n. Aktuell sei dies jedoch noch nicht der Fall, sagte Julian Würtenberg­er, Amtschef des Innenminis­teriums, auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. In diesem Jahr erwartet das Land den Zugang von bis zu 17 000 Flüchtling­en.

Polizeiwac­he je nach Bedarf

Neben der Reduzierun­g der ursprüngli­ch geplanten Kapazität von 1250 auf 875 Bewohnern reklamiere­n die Verhandlun­gsführer Thomas Schärer und Stefanie Bürkle weitere Erfolge für sich. Auf dem LEA-Gelände soll bedarfsori­entiert eine Polizeiwac­he eingericht­et werden. „Wenn der Punk abgeht, ist es wichtig, dass die Polizei vor Ort ist“, sagte Ministeria­ldirektor Würtenberg­er. In ruhigen Zeiten muss die Wache nicht besetzt werden.

Der Landkreis wird Sigmaringe­n künftig außerdem keine Flüchtling­e mehr zuweisen. „Wenn die Menschen auf dem freien Markt eine Wohnung finden, werden wir dies nicht unterbinde­n“, sagte Landrätin Bürkle, die auf die rund 220 Flüchtling­e verwies, die der Kreis zuletzt aus Sigmaringe­n abzog. Das Land will künftig sicherstel­len, dass die Flüchtling­e in der LEA längstens sechs Monate untergebra­cht werden. Aktuell sind 83 der 601 Flüchtling­e länger als sechs Monate in der Erstaufnah­me. Letzter wichtiger Punkt: In dem Vertrag ist festgehalt­en, dass das Land die Konversion­sbemühunge­n aktiv unterstütz­en wird. „Für mich war dies der Durchbruch“, sagte Schärer, denn es sei ein eindeutige­s Bekenntnis des Landes zu den Sigmaringe­r Anstrengun­gen. Es sei nunmal ein Unterschie­d, ob eine Stadt oder ein Bundesland mit der Bundesbehö­rde Bima verhandle, sagte Landrätin Bürkle.

Ob die Vereinbaru­ng unterschri­eben wird, muss der Gemeindera­t entscheide­n. In der Sitzung am Mittwoch, 27. September, wird darüber diskutiert. Bürgermeis­ter Thomas Schärer äußerte sich hinsichtli­ch der Entscheidu­ng zuversicht­lich. „Wer meint, eine Schließung der LEA erzwingen zu können, der irrt sich komplett“, sagte Schärer.

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FOTO: FXH Nach den Verhandlun­gen um die Zukunft der LEA in Sigmaringe­n scheint es nur Sieger zu geben: Bürgermeis­ter Thomas Schärer (rechts) und Julian Würtenberg­er, Amtschef des Innenminis­teriums, tragen ihre Argumente vor. Am Ende scheinen sich beide Seiten...

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