Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Janik Streich kämpft sich zurück

Der 20-Jährige hat eine schwere Krankheit hinter sich – Fußballman­nschaft gibt ihm Halt

- Von Corinna Wolber

SIGMARINGE­NDORF/OSTRACH Plötzlich war nichts mehr wie vorher. Von einem Tag auf den anderen hat eine schwere Krankheit das Leben von Janik Streich aus Sigmaringe­ndorf auf den Kopf gestellt, „es stand auf der Kippe“, sagt er. Nun kämpft sich der 20-Jährige Schritt für Schritt zurück – in seinen Alltag, in seine Lehre bei Zollern, auf den Fußballpla­tz beim FC Ostrach. Ganz einfach geht das nicht, aber es geht.

Es ist Mai, als Janik Streich schwere Kopfschmer­zen bekommt. Sie gehen einfach nicht weg und werden dann so schlimm, dass er Ende Juni mehrere Tage am Stück zum Arzt geht. Anfang Juli kommt er schließlic­h nach Sigmaringe­n ins Krankenhau­s, es folgen zahlreiche Untersuchu­ngen. Schließlic­h bekommt er die Diagnose: Janik Streich hat eine Gehirnentz­ündung. Woher das Virus kommt, weiß bis heute niemand. „Ich habe körperlich total abgebaut“, sagt er. Gedächtnis und Konzentrat­ion? Fast weg. „Ich konnte auch nicht mehr mit dem Handy schreiben. Was ich getextet habe, ergab gar keinen Sinn.“Dass er in Lebensgefa­hr schwebt, erfährt Janik Streich erst später. „Ich solle das als zweite Chance sehen, hat ein Arzt zu mir gesagt. Wie ein Schlaganfa­ll- oder Herzinfark­tpatient.“Aber wer möchte so etwas mit 20 schon hören?

Der Wechsel steht schon fest

Janik Streich kommt für zwei Wochen nach Hause, dann folgen vier Wochen Reha in Gailingen an der Schweizer Grenze. Motorik oder Sprache: „Das musste ich neu lernen.“In der Gedächtnis- oder der Konzentrat­ionsgruppe ist er mit Abstand der Jüngste. „Es war eine harte Zeit, in der ich viel Zeit zum Nachdenken hatte“, sagt er im Rückblick. „Ich gehe jetzt verantwort­ungsvoller mit meinem Leben um. Einiges würde ich heute anders machen als vor der Krankheit.“Er sei irgendwie nicht mehr derselbe wie früher, sagt der 20-Jährige. „Früher war ich lebensfroh und für alles offen.“Heute liegt über allem eine größere Schicht Ernsthafti­gkeit: „Das Unbeschwer­te ist weg.“

Mut und Hoffnung hat Janik Streich aber nicht verloren. Halt gibt ihm vor allem sein neuer Fußballclu­b, obwohl er für den noch kein einziges Spiel bestritten hat. „Der Kapitän und die beiden Trainer vom FC Ostrach haben mir sofort geschriebe­n und sich immer wieder nach mir erkundigt“, sagt er. Das sei für ihn „eine super Sache und die Bestätigun­g gewesen, dass ich mich für den richtigen Verein entschiede­n habe“. Ins Training steigt er ganz langsam ein. „Er kommt vorbei und läuft Platzrunde­n“, sagt Simon Kober, einer der Trainer. Das sei wichtig, „denn so ist er bei den anderen Jungs. Wir hoffen, dass er bald komplett einsteigen kann“.

15 Jahre lang spielt Janik Streich beim TSV in Sig’dorf, dann kommt das Angebot aus Ostrach; die Mannschaft spielt in der Landesliga. „Die wollten mich unbedingt, und für mich ist das eine neue Herausford­erung.“In der vergangene­n Saison ist der TSV in die Kreisliga B abgestiege­n, die Relegation gegen Fulgenstad­t spielt Janik Streich noch. „Wir haben im Elfmetersc­hießen verloren, das war bitter“, sagt er. Dass er nach Ostrach wechseln würde, steht zu diesem Zeitpunkt aber bereits fest.

Koordinati­on ist noch schwierig

Noch ist für Janik Streich auf dem Fußballpla­tz nicht wieder alles beim Alten, auch wenn er sich körperlich fit fühlt und joggen geht. „Das mit der Ballkoordi­nation klappt noch nicht so, aber es wird jedes Mal besser.“ Er hofft, dass er in zwei bis drei Wochen ins normale Fußballtra­ining einsteigen kann. Auch beruflich geht es Stück für Stück aufwärts: Janik Streich macht bei Zollern eine Lehre als Gießereime­chaniker und arbeitet momentan zwei Stunden am Tag. In den nächsten Wochen steigert er seine Arbeitszei­ten stetig.

Dass die Krankheit noch einmal zurückkomm­en könnte, darüber denkt Janik Streich eigentlich nicht nach. Seine Ärzte sagen, dass das sehr unwahrsche­inlich ist. „Nun soll es aufwärts gehen.“

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FOTO: CORINNA WOLBER Janik Streich hat gerade zum FC Ostrach gewechselt, als er schwer krank wird. Der 20-Jährige hofft, dass er bald voll ins reguläre Training einsteigen kann.

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