Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Unverpackt-Laden kommt nach Ravensburg
Lebensmittelmarkt in der Unteren Breite setzt auf müll- und plastikfreies Einkaufen
RAVENSBURG - Im Winter 2017 wird in der Ravensburger Innenstadt der erste Unverpackt-Laden im Landkreis eröffnen. Statt Einweg gibt es Mehrweg, statt Plastiktüten Pfandbehältnisse. Die Idee dazu hatte die 32-jährige Alicia Dannecker. Sie wird sich mit dem Lebensmittelmarkt in der Unteren Breiten Straße 23, der den Namen „Wohlgefühl“trägt, selbstständig machen. Ihr Ziel ist es, nicht nur Produkte, sondern ein ganzes Lebensgefühl zu verkaufen.
Alicia Dannecker ist ausgebildete Verwaltungsfachangestellte und studierte Ernährungswissenschaftlerin. Zusammen mit ihrem Freund Björn Gerlach versucht sie im Privaten seit Jahren, Müll zu vermeiden. Die beiden leben so gut es geht plastikfrei – der eigenen Gesundheit und der Umwelt zuliebe. Doch im Supermarkt kommt das Paar an seine Grenzen. Denn überall wird es mit Verpackungen konfrontiert. „Einkaufen ist für mich der blanke Horror“, schildert Dannecker. „Das Überangebot, der Stress, die Lautstärke und dann noch die Lebensmittelskandale – das macht mich fertig.“
Vor etwa einem Jahr hatte die 32jährige Ravensburgerin, die zuletzt in Tuttlingen für das Landwirtschaftsund Verbraucherministerium gearbeitet hat, eine Vision: „Ich wollte einen Unverpackt-Laden aufmachen“, beschreibt Dannecker. „Einen Laden für Lebensmittel und Bedarfsmittel, die nicht eingeschweißt sind und die Kunden selber abfüllen können.“Aus der Vision wurde ein Plan. In der Ravensburger Innenstadt fand Dannecker die perfekte Ladenfläche. 100 Quadratmeter misst die Räumlichkeit in der Unteren Breiten Straße, in der zuvor eine Onlinedruckerei ihr Büro hatte.
Shoppen mit Baumwollsäckchen
Einkaufen, ohne Müll zu produzieren, wie soll das funktionieren? „Wir werden Glasschütten haben, in denen die Lebensmittel gelagert sind“, informiert Alicia Dannecker. „Die Kunden können dann mit ihren eigenen Gläsern, Flaschen, Boxen, Tupperdosen oder Baumwollsäckchen kommen und sie selbst zapfen und abfüllen.“Die Produkte kommen Danneckers Aussagen zufolge im Wesentlichen aus der Region. „Wir arbeiten sowohl mit Großlieferanten als auch mit Kleinanbietern zusammen“, so die Ravensburgerin. Was das Preisniveau angehe, bewege sich ihr Laden im Bereich der anderen Biomärkte.
Aber nicht nur Lebensmittel wird Dannecker im Sortiment haben, sondern auch ausgewählte Pflege-, Kosmetikund Haushaltsartikel: darunter Zahnputztabletten, Deodorant im Glas, Bambuszahnbürsten, Strohhalme aus Edelstahl oder Menstruationstassen. Und die Ernährungswissenschaftlerin weiß genau, was sie da anbietet. „Ich teste die Produkte selbst“, sagt sie.
Die 32-Jährige schließt sich mit ihrem Geschäft dem losen Bündnis der Unverpackt-Läden in Deutschland an. Das Bündnis ist gerade dabei, eine Genossenschaft zu gründen. Einige der Läden hat sich Dannecker im Vorfeld angeschaut. „An dem Konzept gefällt mir, dass man sich austauschen und gegenseitig unterstützen kann“, sagt sie. Zudem könnten die Läden gemeinsam Bestellungen aufgeben. „Es ist gut, wenn man einen solchen Rückhalt hat“, meint Dannecker. Wenn ihr Start-up Erfolg hat, würde die Unternehmerin gern fest angestelltes Personal beschäftigen. „Am Anfang arbeiten wir mit Aushilfen“, erklärt sie.
Allerdings wird sich in dem Laden „Wohlgefühl“nicht alles nur ums Einkaufen drehen. „Wie der Name schon sagt, sollen sich die Kunden auch wohlfühlen“, erklärt die Inhaberin, die derzeit über eine Crowdfundingplattform noch Geld für die Einrichtung sammeln möchte. So plant Dannecker beispielsweise ein integriertes Bistro mit Sitzgelegenheit und kleineren Snacks, ein Bücherregal sowie eine Tauschbörse mit Alltagsgegenständen. Nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften will auch Björn Gerlach in das Unternehmen seiner Freundin einsteigen. Und die beiden denken schon über weitere Geschäftsfelder nach: So wollen sie künftig Bestellungen annehmen und abholbereit verpacken – natürlich in Pfandbehältnissen. Außerdem planen sie einen Lieferservice. Gerlach erklärt dazu: „Ausliefern würden wir dann mit einem Elektrofahrrad.“