Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Vabanquespiel um die Welt
In amerikanischen Thinktanks hält sich hartnäckig die These, dass Donald Trump der „Madman“-Theorie folgt, um Nordkorea zum Einlenken zu bringen. Zum ersten und für lange Zeit letzten Mal angewandt von Richard Nixon, besteht ihr Kern darin, den Gegner mit allem rechnen zu lassen. Der sowjetischen Führung wurde damals vermittelt, dass Nixon nicht zurückzuhalten sei, wenn der Ärger ihn packe – und dass allein er über einen atomaren Angriff entscheide. In Moskau sollte man glauben, der amerikanische Präsident sei verrückt genug, einen Nuklearkrieg zu beginnen. Die Hoffnung war, dass die Gegner der USA daraufhin Zugeständnisse machen. Trump, glauben manche in den Denkfabriken, nimmt sich ein Beispiel an seinem Vorgänger, um das Regime in Pjöngjang zur Einstellung seiner Raketentests zu zwingen.
Was für ein Vabanquespiel! Zumal sich ein blutiger Amateur der Politik ans geostrategische Schachbrett setzt. Ein Mann, der im Immobiliengeschäft mit harten Bandagen zu kämpfen verstand, den einen oder anderen Bluff eingeschlossen, und der glaubt, Gleiches ließe sich in der Weltarena problemlos wiederholen. Erklärtermaßen stolz auf seine Unberechenbarkeit, spielt der US-Präsident eine Pokerpartie, als wäre nichts dabei, eben mal mit der totalen Zerstörung eines ganzen Landes zu drohen. Sicher, die Provokateure sitzen in Pjöngjang, nicht in Washington. Nur ist dies gewiss nicht der Ton, mit dem sich eine akute Krise entschärfen lässt.
Für Trump geht nichts über nationale Souveränität. Was er sieht, ist ein globales Spielfeld, auf dem Amerika ausgetrickst wird von anderen, die sich nicht an die Regeln halten. Wenn die USA eine Führungsrolle übernehmen, über den eigenen Tellerrand hinaus Sicherheit garantieren, für ihre Werte werben, handeln sie letztlich im wohlverstandenen Eigeninteresse, auch wenn das Geld kostet: Jahrzehntelang war das Staatsdoktrin in Washington, egal ob Demokraten oder Republikaner im Weißen Haus residierten. Trump hat es, nicht erst mit dieser Rede, aber selten so akzentuiert, de facto für beendet erklärt.