Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Offen bleiben
Im konkreten Fall sind bei der Vorbereitung zum TonkunstFestival Absprachen nicht so gelaufen, wie sie hätten laufen sollen. Dekan Müller beruft sich nun auf einen Erlass der Diözese, die damit den Wildwuchs an Konzerten in Kirchen kanalisieren möchte. Kirchen haben in der Regel eine gute Akustik und sind für die Veranstalter auch aus ökonomischen Gründen attraktiv. Die Gefahr, dass Kirchen zur beliebten Bühne für Musikveranstaltungen aller Art werden, besteht durchaus.
Und doch sollte sich die Kirche fragen, ob eine zu strenge Auslegung auf „geistliche Konzerte“nicht auch den eigenen Interessen zuwiderläuft. Gerade versucht die katholische Kirche, Menschen wieder anzusprechen, die wenig oder gar keinen Bezug mehr zu Kirche haben. Kirchenobere sollten sich freuen, wenn zu Taufen, Erstkommunion oder Hochzeiten auch solche Menschen in die Kirche kommen, die sich mit der Liturgie zwar schwer tun, die aber so wieder in Kontakt mit Kirche kommen. Auch klassische Konzerte könnten manchen Kirchenfernen oder Kirchenmüden motivieren, Kirche kennenzulernen. Dazu eignet sich nicht jedes Konzert. Gerade bei den vier Jahreszeiten, Vivaldis Musik zur Ehre der Schöpfung, ein Exempel zu statuieren, erweckt freilich den Eindruck, nicht offen zu sein. Bei frühen Gesprächen wären Auswege aus dem Dilemma aber denkbar gewesen.