Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Ich bin der, den ihr sucht“
Mutmaßlicher Dreifachmörder ließ sich widerstandslos festnehmen – Annäherung an Ex-Frau war ihm untersagt
VILLINGENDORF - Mehrfach sprechen Vertreter von Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch von Erleichterung. Erleichterung darüber, dass die Polizei nach fünftägiger Suche den mutmaßlichen Dreifachmörder von Villingendorf im Rottweiler Ortsteil Neufra, etwa zwölf Kilometer südöstlich vom Tatort, verhaften konnte. Am Mittwoch wurde er dem Haftrichter vorgeführt und sitzt seither in Untersuchungshaft. Er verweigert jede Aussage.
Gut eine Stunde berichten Polizei und Staatsanwaltschaft in der Turnund Festhalle der 3500-Seelen-Gemeinde im Landkreis Rottweil darüber, was die Ermittlungen über die Morde am Donnerstag der vergangenen Woche bisher zu Tage gefördert haben. Der Leitende Rottweiler Staatsanwalt, Joachim Dittrich, geht davon aus, dass der 40-Jährige einen „bewussten Tötungsplan“verfolgt hat. Damit könnte es sich um Mord mit dem Merkmal Heimtücke handeln. Dabei gehe der Täter von einer Ahnungs- und Wehrlosigkeit seiner Opfer sowie einem Überraschungseffekt aus. Der Leitende Oberstaatsanwalt Joachim Dittrich sagte, die Hypothese, dass der Mann seine ExFrau möglicherweise absichtlich nicht tötete, um ihr durch den Verlust des Sohnes lebenslanges Leid zuzufügen, werde geprüft.
Nach dem Ablauf der Festnahme am Dienstag gegen 16.35 Uhr scheint klar zu sein, dass der Täter keinen Plan für eine etwaige Flucht hatte. „Er stand unter einem Baum, trug eine dunkle Jacke und eine graue Hose. Er hatte drei Plastiktüten dabei“, berichtete der Leiter der Kriminalpolizeidirektion Rottweil, Rolf Straub. Der 40-Jährige habe ziemlich erschöpft gewirkt und sei total durchnässt gewesen. „Der Mann hat sich in den vergangenen Tagen wohl im Freien aufgehalten“, sagte Straub.
Er habe keinen Widerstand geleistet. „Ich bin der, den ihr sucht“, hat er Straub zufolge gesagt. In einer der Plastiktüten fanden die Beamten neben weiteren Beweismitteln auch die mutmaßliche Tatwaffe – einen jugoslawischen Nachbau des deutschen Mehrladekarabiners K98k. Mit ihr können die Patronen abgeschossen werden, die am Tatort gefunden worden sind. Dass die Polizei den Mann fassen konnte, hat sie zwei Hinweisgebern zu verdanken. Einer der beiden verfolgte den Verdächtigen demnach noch mit dem Auto, um den Beamten den genauen Standort melden zu können. Um 16.13 Uhr ging der entscheidende Anruf bei der Polizei ein.
Mit der Festnahme ging auch die Fahndungstaktik der Polizei auf: „Vom Jogger in Villingendorf, über den Lastwagenfahrer in Bayern und den Tankwart in Österreich bis hin zum Fischer in Split sollte jeder von der Tat wissen und den Täter kennen“, erklärte Walter die seit Freitag laufende öffentliche Fahndung nach dem 40-Jährigen, der zuletzt in Mahlstetten (Landkreis Tuttlingen) gelebt hat. Die Polizei habe 220 Spuren abgearbeitet.
Die Ex-Frau des Täters hatte diesen vor der Bluttat mehrere Male bei der Polizei wegen Gewalttätigkeit angezeigt. Auch ein Gericht war eingeschaltet, das ein Annäherungsvbot ausgesprochen hatte. „Ein Beschluss vom 31. März 2017 untersagte es dem Verdächtigen, sich der Frau zu nähern“, sagte Vizepolizeipräsident Gerold Sigg vom Polizeipräsidium Rottweil.
Jetzt geht es für die Polizei auch darum, den Fluchtweg des Mannes nachzuzeichnen. Auch deswegen wird die Soko „Hochwald“noch mindestens bis zum Wochenende bestehen bleiben.
An den getöteten Erstklässler und die beiden anderen Opfer soll in Kürze eine Gedenkfeier in der Grundschule erinnern. Dabei soll für den Jungen auch eine Kastanie gepflanzt werden, weiß Bucher – „nicht nur als Zeichen der Trauer, aber auch der Zuversicht, mit der man diese Trauer bewältigen kann“.