Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Den Friseuren gehen die Auszubilde­nden aus

Auch Fachkräfte sind rar – Handwerksk­ammer ehrt Nachwuchsf­riseurin Celine Schechter

- Von Anthia Schmitt

PFULLENDOR­F - Fleiß, Engagement und Teamgeist haben dazu geführt, dass Celine Schechter von der Handwerksk­ammer Reutlingen am Montag als „Lehrling des Monats“ausgezeich­net wurde. Die 18-jährige Pfullendor­ferin, die ihr zweites Ausbildung­sjahr bei Friseur Schmauder absolviert, bekam eine Urkunde und ein Geldgesche­nk. Doch das Friseurhan­dwerk insgesamt hat schon bessere Zeiten erlebt: Betriebe, Innung und Handwerksk­ammer beklagen zunehmende­n Nachwuchsm­angel.

Für Harald Hermann, Präsident der Handwerksk­ammer Reutlingen, gehört zu einem guten Lehrling auch ein guter Betrieb. Es sei nicht selbstvers­tändlich, dass so stark ausgebilde­t werde, sagt er. Deshalb zeichnete Hermann am Montag auch Rainer Schmauder mit einer Urkunde aus.

Erfolglose Azubi-Suche

Für Rainer Schmauder war die Ehrung seiner Auszubilde­nden auch mit Wehmut verbunden, denn er hat in diesem Jahr keinen Lehrling gefunden – obwohl er gerne einen genommen hätte. „Ich weiß nicht, woran es lag“, sagt er. „Wir haben alles unternomme­n, sogar ein Video mit Celine gedreht und auf Facebook veröffentl­icht.“Doch ausgelernt­e Friseurinn­en zu bekommen sei ebenfalls schwer.

„Ein Drama!“, sagt auch Anja Brucker, Chefin bei Friseur Kupferschm­id in Aach-Linz. Sie hat einen Lehrling für dieses Jahr gefunden: Ihr Sohn Benedikt will den Beruf erlernen und den Salon in der vierten Generation übernehmen. Ansonsten waren alle Bemühungen, einen Azubi oder eine ausgelernt­e Kraft zu bekommen, vergeblich. „Wir haben mit der Arbeitsage­ntur zusammenge­arbeitet, aber von den etwa 30 Vermittlun­gsvorschlä­gen im vergangene­n halben Jahr hat sich nur eine Friseurin gemeldet“, sagt Brucker. Diese habe aber schon beim Vorstellun­gsgespräch erklärt, dass sie in den Ferien nicht arbeiten könne. „Ich hätte gerne noch jemanden, auch für das nächste Jahr.“

Innungsmei­ster Dieter Bellgardt stellt ein insgesamt rückläufig­es Interesse am Friseurber­uf fest. Nur 15 junge Friseure bilden die 135 Betriebe im Landkreis Sigmaringe­n derzeit im ersten Lehrjahr aus – gerade genug, um an der Berufsschu­le in Bad Saulgau eine eigene Klasse zu bilden.

Bezahlung als Grund

Für Rainer Schmauder ist die Bezahlung mit ein Grund für das geringe Interesse am Beruf. „Der Verdienst liegt bei etwa 1600 Euro brutto plus steuerfrei­em Trinkgeld“, sagt er. Dieter Bellgardt, der einen Friseursal­on in Bad Saulgau betreibt, sieht die Gründe hingegen eher in den Arbeitszei­ten. „Junge Leute wollen um 16 Uhr Feierabend machen und samstags frei haben“, sagt er. Es sei ein Vorurteil, dass der Beruf schlecht bezahlt sei. Eine ausgelernt­e Friseurin verdiene mindestens zehn Euro pro Stunde plus Trinkgeld. Wer erst einmal einen Preis bei einem Wettbewerb gewonnen habe, könne sein Gehalt nahezu selbst bestimmen.

Er selbst habe immer gut von seiner Arbeit leben können, sagt Dieter Bellgardt. „Man kann in diesem Beruf viel machen, aber man muss Eigeniniti­ative zeigen“, sagt er. Der Friseurber­uf sei ein Beruf mit vielen Perspektiv­en. Man könne sich mit verhältnis­mäßig geringen Investitio­nen selbständi­g machen, als Visagistin arbeiten oder bei einem Produkther­steller tätig sein.

Für Celine Schechter, die schon als Kind gern die Geschwiste­r und Freundinne­n frisiert hat, ist der Beruf jedenfalls die richtige Wahl. „Es ist abwechslun­gsreich und ich schätze den Umgang mit den Kunden“, sagt sie.

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