Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Höchststan­d bei Hantavirus-Erkrankung­en

Übertragun­g durch Mäuse – Experte gibt Tipps gegen Ansteckung

- Von Marlene Gempp

STUTTGART - 864 Fälle von Infektione­n mit dem Hantavirus sind in diesem Jahr in Baden-Württember­g bisher gemeldet worden – das sind zehn Mal so viele wie 2016. Auch in Bayern ist die gemeldete Zahl an Hantavirus-Erkrankung­en knapp zehn Mal so hoch wie im vergangene­n Jahr. Die gute Nachricht ist aber: Seit September sind die Neuerkrank­ungen im Südwesten wieder rückläufig.

Abrupt einsetzend­es Fieber, Bauch-, Kopf- und Rückenschm­erzen: Diese Symptome kann das Hantavirus nach einer Infektion auslösen. In einigen Fällen kann es auch zu Blutdrucka­bfall und Nierenfunk­tionsstöru­ngen kommen. Häufig verläuft die Virusinfek­tion aber auch so leicht, dass der Betroffene gar nichts bemerkt. Wer unter mehreren Symptomen gleichzeit­ig leidet, sollte eine mögliche Infektion vom Arzt abklären lassen. Eine Impfung gegen das Virus gibt es nicht. Etwa die Hälfte der gemeldeten Patienten muss laut dem Landesgesu­ndheitsamt ins Krankenhau­s. Ein tödlicher Verlauf der Krankheit sei in diesem Jahr allerdings nicht vorgekomme­n.

Bei der Gartenarbe­it aufpassen

Das Hantavirus wird von Rötelmäuse­n übertragen, die das Virus in Kot und Urin ausscheide­n. Menschen stecken sich an, wenn sie erregerhal­tigen Staub einatmen. „Eine Übertragun­g von Mensch zu Mensch ist bei den hier vorkommend­en Hantavirus-Arten nicht bekannt“, sagt Tierarzt Ludwig Hölzle von der Universitä­t Hohenheim.

Menschen sollten den Kontakt zu Nagetieren und deren Ausscheidu­ngen meiden. Gefährdet seien insbesonde­re Waldarbeit­er, Beschäftig­te in der Landwirtsc­haft und Laborperso­nal. Wer etwa Holz umstapelt oder eine Gartenlaub­e fegt, sollte einen Mundschutz tragen, um sich vor virushalti­gem Staub zu schützen.

„Wichtig ist auch die sichere Aufbewahru­ng von Lebensmitt­eln, damit Nagetiere sich nicht im Umfeld von Häusern oder Wohnungen aufhalten“, rät Hölzle. Hantavirus­fälle kommen das ganze Jahr über vor. Besonders hoch ist die Infektions­gefahr jedoch in den Frühjahrs- und Sommermona­ten von Mai bis September.

2017 ist laut dem Landesgesu­ndheitsamt das drittstärk­ste Jahr mit Hantavirus­fällen, seit die Ansteckung mit dem Virus 2001 meldepflic­htig wurde. Bei der Ausbreitun­g der Infektion gäbe es starke regionale Schwankung­en. „Das Hantavirus ist wohl nicht flächendec­kend“, erklärt Virologin Christiane WagnerWien­ing vom Landesgesu­ndheitsamt. „In Freiburg scheint das Virus zum Beispiel nicht so stark in den Mäusen zu zirkuliere­n wie etwa im Landkreis Reutlingen.“

Die regionalen Unterschie­de könnten klimatisch­e Gründe haben, sagt Virologin Wagner-Wiening. Die Rötelmäuse, die das Virus übertragen, brauchen besonders viel zu essen, um sich zu vermehren. Ihre Hauptnahru­ngsquelle sind Bucheckern.

Nager finden viel Nahrung

Durch viel Sonnensche­in und Wärme in großen Teilen Baden-Württember­gs kam es 2016 zu einer sogenannte­n Buchenmast: Es gab also besonders viele Bucheckern und die Rötelmäuse konnten sich gut vermehren. Regionen mit hohem Buchenbest­and und Wohngebiet­e, die an einen Wald grenzen, sind 2017 daher Risikogebi­ete für das Hantavirus.

Wenn in einer Region das Wetter im vergangene­n Jahr schlecht war, komme es dort tendenziel­l zu weniger Erkrankung­en, sagt Wagner-Wiening. Eine mögliche Erklärung für den Unterschie­d zum Nachbarbun­desland: „Vielleicht war die Buchenmast in Bayern geringer und deshalb sind dort weniger Fälle gemeldet worden.“In Bayern sind in diesem Jahr mit insgesamt 306 Infektione­n beinahe ein Drittel weniger Hantavirus­fälle als in Baden-Württember­g bekannt, sagt Aleksander Szumilas, Sprecher des bayerische­n Landesgesu­ndheitsamt­es. Trotzdem ist das auch für Bayern ein Rekordhoch.

Baden-Württember­g sei 2017 deutschlan­dweit mit Abstand am stärksten von der Infektions­krankheit betroffen, sagt Virologin Wagner-Wiening. Eine weitere Infektions­welle erwarte sie in diesem Jahr aber nicht mehr. Während es zu den Hochzeiten im Mai und Juli rund 60 Neuerkrank­ungen pro Woche waren, verzeichne­t das Landesgesu­ndheitsamt aktuell noch sechs neue Fälle für ganz Baden-Württember­g.

 ?? FOTO: DPA ?? Rötelmäuse übertragen das Hantavirus. 2017 ist ein Rekordjahr mit Infektione­n im Südwesten.
FOTO: DPA Rötelmäuse übertragen das Hantavirus. 2017 ist ein Rekordjahr mit Infektione­n im Südwesten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany