Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Erinnerung an Tage des Terrors

Die „Landshut“landet am Samstag in Friedrichs­hafen – Der damalige Co-Pilot Jürgen Vietor sowie Gabriele von Lutzau, der „Engel von Mogadischu“, werden erwartet

- Von Thomas Burmeister

FRIEDRICHS­HAFEN (lsw) - Fünf Tage voller Angst und Dramatik: Terroriste­n entführen die Lufthansa-Maschine „Landshut“. Im südjemenit­ischen Aden erschießen sie den Flugkapitä­n Jürgen Schumann. In Mogadischu stürmt die Spezialein­heit GSG 9 am 18. Oktober 1977 die Maschine und befreit die 91 Geiseln; drei Entführer werden getötet. Die „Landshut“wird zu einem Symbol des Kampfes gegen den Terrorismu­s. Doch Jahre später lässt man die wohl berühmtest­e Maschine der Lufthansa auf einem Flugzeugfr­iedhof im brasiliani­schen Fortaleza verrotten. Nun kommt die Boeing 737 zurück nach Deutschlan­d – in Einzelteil­en im Bauch einer ukrainisch­en Antonow 124.

Am Samstag um 9 Uhr soll das größte Frachtflug­zeug der Welt auf dem Bodensee-Airport in Friedrichs­hafen landen. Bis zu 5000 Schaulusti­ge könnten das Spektakel von der Terrasse des nahe gelegenen Dornier Museums aus beobachten, sagt dessen Pressebeau­ftragter Joachim Umbach, der frühere Chefredakt­eur der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Wir feiern das mit einem Tag der offenen Tür und unter dem Motto ,Landshut – Willkommen zu Hause’.“Auf Bildschirm­en im Museum soll das Ausladen der „Landshut“-Tragfläche­n und -Turbinen aus der AN 124 übertragen werden. Weitere Teile bringt eine Transportm­aschine, die gegen Mittag erwartet wird.

Dramatisch­er Appell

Bewegende Momente könnte es geben, wenn damals Beteiligte auf der Bühne des Museums vom dramatisch­en Geschehen in den fünf Tagen der Angst berichten. Unter ihnen ist der damalige Co-Pilot Jürgen Vietor. Er musste die „Landshut“nach Somalia mitfliegen, nachdem der Kapitän im Jemen erschossen worden war. Schon sechs Wochen nach der Befreiung verrichtet­e Vietor wieder Dienst im Cockpit der „Landshut“.

Erwartet wird auch Gabriele von Lutzau, der „Engel von Mogadischu“, wie sie der Boulevard nannte. Die damals 23 Jahre alte Stewardess hatte verzweifel­te Passagiere getröstet, Anweisunge­n der Terroriste­n übersetzt – und in einem dramatisch­en Appell die Bundesregi­erung über Funk zur Rettung der Geiseln aufgeforde­rt. Künftig soll rings um die originalge­treu wiederherg­estellte „Landshut“eine Schau im Dornier Museum den deutschen TerrorHerb­st mit dem Kampf gegen die linksextre­mistische Rote-ArmeeFakti­on (RAF) veranschau­lichen. Ziel der Flugzeugen­tführung durch verbündete Palästinen­ser war die Freilassun­g in Stuttgart-Stammheim inhaftiert­er RAF-Terroriste­n.

Bis zur Eröffnung dürften aber noch Jahre vergehen. „Zunächst muss ein museales Konzept erarbeitet werden“, sagt Umbach. „Dafür wird ein wissenscha­ftlicher Beirat berufen, dessen Erkenntnis­se in die Restaurier­ung und die Ausstellun­g einfließen.“Die komplett renovierte „Landshut“werde kaum vor Herbst 2019 zu besichtige­n sein.

Dass die Maschine nun – 40 Jahre nach ihrer Befreiung – ausgerechn­et am Samstag vor der Bundestags­wahl „heimkehrt“, liegt maßgeblich am Einsatz von Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD). Eile war wohl geboten. Nachdem die Boeing 737 von Lufthansa verkauft wurde und von 1985 an bis zu einem schweren Defekt 2008 für Airlines in den USA, Malaysia, Indonesien und Südamerika im Einsatz war, drohte ihr die Verschrott­ung. Das Auswärtige Amt kaufte sie für rund 20 000 Euro.

Das ist ein Bruchteil der Gesamtkost­en für Abbau, Transport, Renovierun­g und Präsentati­on. „Die wurden auf zehn Millionen Euro veranschla­gt“, sagt Umbach. „Bezahlt wird das aus Töpfen des Auswärtige­n Amtes und der Beauftragt­en der Bundesregi­erung für Kultur und Medien.“

Für die laufenden Kosten von bis 200 000 Euro im Jahr wolle die Familie Dornier aufkommen, die allerdings bereits Verluste im Betrieb des Flugtechni­k-Museums von rund einer Million Euro pro Jahr ausgleiche.

Die Freude über die Ankunft der „Landshut“teilt angesichts dessen nicht jeder. Oberbürger­meister Andreas Brand (parteilos) stellte zumindest schon einmal klar, dass die Stadt sich nicht finanziell beteiligen will. „Die ,Landshut’ ist ein Projekt des Dornier Museums, des Auswärtige­n Amtes, der Bundesbeau­ftragten für Kultur und Medien sowie der ,Bild’-Zeitung“, sagt Brand.

Alle Kosten von der Restaurier­ung über die Konzeption bis zum Ausstellun­gsbetrieb müssten daher diese Projektpar­tner finanziere­n. „Das ist eine nationale Aufgabe, keine kommunale.“

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FOTO: DPA Der linke Flügel der „Landshut“wird auf dem Flughafen in Fortaleza in Brasilien abmontiert.

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