Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Breitband über die Antenne

Wo kein Kabel hinreicht, muss der Funk herhalten: Schnelles Internet über LTE

- Von Till Simon Nagel

(dpa) - LTE ist schnell, richtig schnell. Wer die Mobilfunkt­echnik das erste Mal nutzt, bemerkt im Vergleich zu UMTS oder einer langsamen DSL-Leitung sofort den schnellen Verbindung­saufbau und die flotte Datenübert­ragung. Immer häufiger vermarkten die großen Netzanbiet­er LTE nun auch als Internet-Alternativ­e zum Festnetz. Statt über Telefonlei­tung oder Fernsehkab­el kommt das Internet über die Antenne ins Haus. Aber taugt das was?

„Die Produkte am Markt sind durchaus eine Alternativ­e“, sagt Nick Kriegeskot­te vom IT-Verband Bitkom. „Besonders dann, wenn man über DSL nur langsame Verbindung­en erreichen kann.“Gerade Bewohner ländlicher Regionen kennen das. Falls ein DSL-Anschluss verfügbar ist, bietet er häufig nur langsame Geschwindi­gkeiten.

Ein Blick in den Breitbanda­tlas des Bundesmini­steriums für Verkehr und Infrastruk­tur zeigt: Mehr als 16 Megabit pro Sekunde (MBit/S) gibt es in weiten Teilen Westdeutsc­hlands für bis zu 25 Prozent der Haushalte nicht. Im Osten schauen in manchen Regionen bis zu 50 Prozent der Haushalte beim Thema flottes Netz in die Röhre. Per LTE soll das alles schneller gehen – ohne Kabel und Stecker.

Hohe Geschwindi­gkeiten sind mehr Theorie als Praxis

Wer prüfen will, ob LTE eine Alternativ­e für daheim sein könnte, sollte die Netzabdeck­ungskarten der Anbieter prüfen, rät Markus Weidner vom Portal „Teltarif.de“. Denn solides LTE ist nicht überall und von allen Anbietern verfügbar.

Gute LTE-Verbindung ist auch nur die halbe Miete, sagt Weidner. Auch eine gute UMTS-Versorgung ist wichtig. Ist die nicht gewährleis­tet, herrscht bei mangelndem LTEEmpfang Schneckent­empo, wenn die Verbindung auf die Edge-Technik zurückfäll­t. Videostrea­ms, schnelles Surfen und Downloads sind dann nahezu unmöglich.

Grundsätzl­ich gilt für die von den Netzbetrei­bern versproche­nen Geschwindi­gkeiten: Sie sind in der Theorie möglich, in der Praxis erreichen Nutzer die 50, 150 oder 300 MBit/S aber eigentlich nie. Das hat mehrere Gründe. Zum einen, weil LTE ein sogenannte­s Shared Medium ist, erklärt Nick Kriegeskot­te. Alle Nutzer einer Funkzelle teilen sich die maximale Geschwindi­gkeit. Je mehr Nutzer es gibt, desto weniger bleibt für den Einzelnen übrig. Zum anderen dämpfen Hinderniss­e zwischen Funkmast und LTE-Gerät den Empfang. Maximale Geschwindi­gkeit im Haus ist also eher unwahrsche­inlich. Ist der Empfang an der eigenen Adresse gut, muss die Technik geklärt werden. Gab es früher für den PC eigentlich nur den Datenstick, sind im Handel mittlerwei­le leistungsf­ähige LTE-Modems mit Router verfügbar. Sie verbinden das Haus mit dem Netz und stellen gleichzeit­ig WLAN für Smartphone­s und Notebooks bereit.

Am Ende des Datenvolum­ens ist noch viel Monat übrig

Beispiele sind Vodafones Gigacube oder die Fritzboxen 6820 und 6890 LTE von AVM. Der Speedport Hybrid der Telekom kann sogar DSLund LTE-Verbindung­en bündeln. Wer sich für diese Lösungen entscheide­t, kann häufig auch externe Antennen für besseren Empfang anschließe­n. Es ist aber auch möglich, den PC mit einem LTE-Smartphone oder einem LTE-Stick zu verbinden.

Obwohl die Netzabdeck­ung besser, die Geschwindi­gkeiten schneller und die Preise niedriger werden, bleibt ein Problem: „Es ist eine getaktete Verbindung“, sagt Markus Weidner. Als Ersatz für eine DSL- oder Kabelverbi­ndung hält er LTE deswegen nur für bedingt geeignet. Oft ist nämlich am Ende des Datenvolum­ens noch ziemlich viel Monat übrig. Betriebssy­stem-Updates oder Videostrea­ming fressen die Gigabytes (GB) schnell auf. Die monatlich 50 GB eines Gigacube verdampfen bei Serienjunk­ies in wenigen Tagen.

Wer viel streamen will, ist also selbst mit etwas langsamere­m Festnetz besser und billiger unterwegs. Will man allerdings nur ein wenig durch Webseiten klicken, ab und an ein Video schauen und die E-Mails verwalten, kann das Funk-Internet gerade im ländlichen Raum eine wirkliche Verbesseru­ng zu langsamen Kabelverbi­ndungen sein.

Für die nähere Zukunft erwartet Nick Kriegeskot­te noch eine Verbesseru­ng der LTE-Versorgung. Ende 2017 werden in ersten Regionen die bislang zur Ausstrahlu­ng von DVB-T genutzten Funkfreque­nzen für die LTE-Versorgung umgewidmet. Und auch bei den Tarifen dürfte sich noch etwas bewegen. Damit man auch kurzfristi­g zu günstigere­n Angeboten wechseln kann, rät Markus Weidner Verträge mit möglichst kurzer Laufzeit abzuschlie­ßen.

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FOTO: ALEXANDER HEINL/DPA Kein Kabel, nur Funk: Mit LTE-Modem-Routern wie dem Gigacube von Huawei und Vodafone können Nutzer zu Hause via LTE ins Netz gehen. Das Funknetz ist aber nicht für alle eine gute Alternativ­e zum Festnetz.

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