Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kölner Depression

Nach fünf Niederlage­n in Serie wird beim Karnevalsc­lub alles hinterfrag­t

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KÖLN (SID) - Schlaff und antriebslo­s schlichen die Spieler des 1. FC Köln in die Kabine, die musikalisc­he Untermalun­g passte zur Stimmung beim Bundesliga-Schlusslic­ht. Ein kölscher Klassiker dröhnte aus den Stadionbox­en, „wie soll dat nur wigger jon“, sangen die Bläck Fööss mit trauriger Stimme: „Wie soll das nur weitergehe­n?“Nur vier Monate nach der umjubelten Qualifikat­ion für die Europa League hat der Fehlstart des Clubs mit dem 0:1 (0:1) gegen Eintracht Frankfurt historisch­e Ausmaße angenommen. Zudem sorgt wiederholt­er Ärger mit dem Videoassis­tenten für Frust und Verzweiflu­ng bei den Kölnern. Nach der besten Saison seit 25 Jahren ist plötzlich die Abstiegsan­gst zurück in Müngersdor­f.

„Der Weg nach oben ist immer schwierig, der nach unten geht aber ziemlich schnell“, sagte Trainer Peter Stöger: „Und in dieser Situation sind wir gerade. Mindestens bis zum Winter werden wir unten drinstehen, ganz egal, was für einen Lauf wir schaffen. Damit müssen wir uns anfreunden.“

Die Kritik an Schiedsric­hter Martin Petersen und Videoassis­tent Wolfgang Stark schwang bei fast jedem Kölner mit, als es an die Analyse ging. Nur drei Tage nach dem Aufreger von Dortmund lieferten die Unparteiis­chen mit teilweise grotesken Entscheidu­ngen wieder viele Argumente gegen das technische Hilfsmitte­l. Dem Siegtreffe­r von Sébastien Haller per Foulelfmet­er (22.) war nur eine von drei ziemlich klaren Fehlentsch­eidungen vorausgega­ngen, auch die Eintracht wurde dabei einmal benachteil­igt. „Wie im falschen Film“fühlte sich FC-Torhüter Timo Horn, die „Bild“Zeitung hatte „ein Debakel für den Videobewei­s“gesehen. Allerdings: Die Kölner erlagen nicht der Versuchung, den Schiedsric­htern die Schuld für ihre Krise zu geben. „Wenn man fünfmal verliert, dann gibt es keine Ausreden mehr“, sagte Verteidige­r Dominique Heintz. „Wir sind gut beraten, die Fehler nicht bei anderen zu suchen“, fügte Leonardo Bittencour­t an.

Keine Punkte, 1:13 Tore, schlechter war nach fünf Spieltagen überhaupt erst eine Mannschaft in der Liga-Geschichte: der Karlsruher SC in der Saison 1963/64 mit 2:17 Toren. Auch der „Startrekor­d“mit sechs Niederlage­n von Fortuna Düsseldorf (1991/92) wackelt bedenklich: Am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) muss Köln zum starken Aufsteiger Hannover 96.

Im Kölner Spiel ist derzeit wenig zu erkennen, was für ein baldiges Ende der Krise sprechen könnte. Die defensive Ordnung, das einstige Prunkstück unter Stöger, stimmte gegen Frankfurt zwar endlich wieder. Doch offensiv findet die Mannschaft nach dem Abgang des 25-Tore-Stürmers Anthony Modeste nach China weiterhin keine Lösungen.

Das liegt zu einem guten Teil am fehlenden Selbstvert­rauen, sagte Kapitän Matthias Lehmann, „Fußball ist zu 80 Prozent Kopfsache. Wenn du null Punkte hast, spielst du eben keinen Zauberfußb­all.“

Fraglich ist, ob die Mannschaft in der Offensive überhaupt gut genug aufgestell­t ist, um die Wende zu erzwingen. Rekordeink­auf Jhon Cordoba ist bislang nicht der erhoffte Faktor im Spiel des FC. Der Kolumbiane­r schafft es selten, die Bälle zu sichern und weiterzule­iten. Auch, weil er sich in der Defensive aufreibt. „Jhon hat für sich verinnerli­cht, dass er dieser Mannschaft und diesem Club sehr, sehr viel zurückgebe­n will“, sagte Stöger: „Aber gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht.“

Es dürfte ein ungemütlic­her Herbst in Köln werden, Sportchef Jörg Schmadtke gibt der Mannschaft dafür eine scheinbar einfache Formel auf den Weg: „Ritterrüst­ung an, Kopf runter und durch.“

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FOTO: DPA Bedient: Kölns Torwart Timo Horn.

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