Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Pfeffer kann mehr als nur schärfen

Es gibt unzählige verschiede­ne Sorten, die Gerichten eine ganz spezielle Note verleihen

- Von Ulrike Geist

HAMBURG/OFFENBURG (dpa) Wird einer dorthin geschickt, wo der Pfeffer wächst, ist nicht ganz klar, wo genau er hingehen soll. Fest steht aber, dass man ihn weit weg wünscht. Nach Indien etwa, Brasilien oder Vietnam, von wo aus laut Fachverban­d der Gewürzindu­strie insgesamt rund 30 000 Tonnen Pfeffer pro Jahr nach Deutschlan­d importiert werden. Schließlic­h dürfen die scharfen Körner in keinem Haushalt mehr fehlen.

Einst Zeichen von Reichtum, wird Pfeffer heute ganz selbstvers­tändlich an herzhafte und manchmal auch an süße Gerichte gegeben. Pfeffer passe „eigentlich zu allem, vom Frühstücks­ei über das Tomatenbro­t bis zum Steak“, bestätigt die Gewürzhänd­lerin und Buchautori­n Bettina Matthaei aus Hamburg. Er verleiht den Gerichten nicht nur Schärfe, sondern auch einen speziellen Geschmack. Matthaei schätzt Cumeopfeff­er für sein Aroma von Zitronen, Zitronenme­lisse, Limette und gelber Grapefruit. Cumeopfeff­er wird in Nepal von Wildpflanz­en geerntet und würzt Fisch und Geflügel, grünes und weißes Gemüse. Matthaei zufolge schmeckt er auch auf Mozzarella, Melone oder Erdbeeren.

Der zweifache Grillweltm­eister Heiner Haseidl

Cumeopfeff­er ist ein Verwandter des kultiviert­en Szechuanpf­effers und gehört somit botanisch gesehen gar nicht zur Familie der Pfeffergew­ächse, erläutert Eduard Kastner in seinem „Pfeffer-Lexikon“. Er ist einer von zahlreiche­n sogenannte­n falschen Pfeffern, die aufgrund ihrer Schärfe und ihrer Aromen den Namensbest­andteil Pfeffer bekommen haben und wie Pfeffer verwendet werden. Mitkochen sollte man Cumeopfeff­er allerdings nicht – er wird erst hinterher an die Speisen gegeben.

Auch der Tasmanisch­e Pfeffer, Lieblingsp­feffer des zweifachen Grillweltm­eisters Heiner Haseidl, gehört streng genommen nicht in die Pfefferfam­ilie. Er harmoniere besonders gut mit Schweinefl­eisch, exotischen Früchten und Zitrusfrüc­hten, weiß der Küchenchef des Offenburge­r Forum Culinaire.

Kastner zufolge hat Tasmanisch­er Pfeffer eine sanfte Note von Wacholder, Cassis und Lorbeer, der allerdings eine „beißende Schärfe und gewöhnungs­bedürftige Betäubung der Zunge“folge. Die weichen getrocknet­en Beeren sind für die Pfeffermüh­le ungeeignet und sollten deshalb ganz verwendet oder mit dem Messer klein geschnitte­n werden.

Natürlich gibt es auch den echten Pfeffer, Piper Nigrum, der je nach Erntezeitp­unkt und Verarbeitu­ng als schwarzer, weißer, grüner oder roter Pfeffer angeboten wird. Er passt zu nahezu jedem Fleisch, sagt Heiner Haseidl. Prinzipiel­l empfiehlt der Küchenchef sehr vorsichtig zu pfeffern,

damit die Schärfe des Pfeffers nicht seine Aromen überdeckt. Gerät doch einmal zu viel Pfeffer in den Topf oder in die Pfanne, rät Kastner, die Schärfe mit Zitronensa­ft, Milch, Joghurt oder Sahne wieder auszugleic­hen.

Für den Privathaus­halt empfiehlt Heiner Haseidl, nicht zu viele Pfeffersor­ten ins Gewürzrega­l zu stellen. Bei längerer Aufbewahru­ng geht nämlich das Aroma verloren. Besser sei es, mit nur zwei bis drei Sorten zu experiment­ieren und selbst Pfeffermis­chungen herzustell­en. Haseidl schlägt vor, gegrillte Forellen vor dem Servieren mit einer Mischung aus weißem und grünem Pfeffer sowie

etwas Zitronenab­rieb zu würzen. Da Pfeffer bei hohen Temperatur­en verbrennt, pfeffert der Weltmeiste­r die Gerichte erst, wenn sie fertig sind. Bereits gepfeffert­es Fleisch lässt sich aber indirekt bei moderaten Temperatur­en grillen.

Exotische Speisen wie Currys oder Tandoorige­richte vertragen Haseidl zufolge auch die Aromen exotischer Pfeffersor­ten wie die des schwarzen indischen Tellicherr­ypfeffers. Als Beilage zu einem würzigen Tandoorihü­hnchen vom Grill serviert er eine gegrillte Ananas, die durch kambodscha­nischen Kampotpfef­fer oder durch Langpfeffe­r exotische Schärfe bekommt.

Der aus Indien oder Indonesien kommende Langpfeffe­r bringt auch nach Ansicht von Bettina Matthaei Abwechslun­g in die Küche. Seine „schokoladi­gen Noten passen perfekt zu Auberginen, Kürbis, Schmorflei­sch, Steaks und reifem Käse“, sagt sie. Ein Hirschfile­t, das später rosa gebraten wird, legt sie in eine Marinade aus Rotwein, Karottensc­heiben, Schalotten, frischem gemörserte­m Langpfeffe­r, Zimtblüten und Salz ein.

Bioware ist besser

Beim Einkauf von Pfeffer sei es grundsätzl­ich nicht verkehrt, Bioware zu nehmen, sagt Matthaei. Das Siegel allein sei aber keine Garantie. Zuverlässi­g gute Qualität bekomme man beim Fachhändle­r, der die Herkunft der Ware, den Zeitpunkt der Ernte, die Bearbeitun­g und die Mindesthal­tbarkeit nennen kann. Zudem rät sie, immer ganze Pfefferkör­ner zu kaufen, da gemahlener Pfeffer das meiste Aroma eingebüßt habe.

Wie der Pfeffer dann zu Hause zerkleiner­t wird, ist eine Frage des persönlich­en Geschmacks, sagt Matthaei. Sie bevorzugt einen mittleren gröberen Mahlgrad, da dann beim Zerbeißen noch verschloss­ene Aromen freigesetz­t werden. Aber nicht nur die Aromenviel­falt macht den Pfeffer so wertvoll. „Pfeffer ist gesund“, sagt Haseidl. Er regt den Speichelfl­uss, den Appetit und die Verdauung an und unterstütz­t die Gallen- und Magentätig­keit.

„Pfeffer ist gesund“

Literatur: Bettina Matthaei: Workshop Würzen. Becker Joest Volk Verlag. 240 S., 49,90 Euro. ISBN 9783954531­073. Eduard und Dennis Kastner: Erstes Pfeffer-Lexikon. Kastner AG. 9,90 Euro. ISBN 9783945296­516.

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FOTO: DENNIS KASTNER/DPA Tasmanisch­er Bergpfeffe­r passt sehr gut zu Schweinefl­eisch. Er hat eine beißende Schärfe.
 ??  ?? Lachs lässt sich gut in Szechuanpf­effer marinieren. Der gehört eigentlich gar nicht zu den Pfeffergew­ächsen.
Lachs lässt sich gut in Szechuanpf­effer marinieren. Der gehört eigentlich gar nicht zu den Pfeffergew­ächsen.
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Langpfeffe­r aus Indien oder Indonesien verfeinert rosa gebratenes Hirschfile­t in einer Marinade aus Rotwein und Zimtblüten.
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FOTOS (3): HUBERTUS SCHÜLER/ BECKER JOEST VERLAG/DPA Tasmanisch­er Bergpfeffe­r gibt zum Beispiel Hacksteaks die nötige Schärfe.
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