Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Wenn jemand beim Wählen Unterstützung braucht, stehe ich zur Verfügung“
Petra Berthold vom Wohnpark St. Josef in Altshausen hilft Heimbewohnern beim Wählen – Begleitung ins Wahllokal
ALTSHAUSEN (sz) - Auch in den Pflegeheimen der St. Elisabeth-Stiftung ist die Bundestagswahl ein wichtiges Thema. Petra Berthold, Koordinatorin und Sozialer Dienst im Wohnpark St. Josef Altshausen, hat in diesem Jahr 58 Pflegeheimbewohnern Wahlbenachrichtigungen ausgehändigt. Mit Christian Metz, der bei der St. Elisabeth-Stiftung für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, hat sie sich über das Thema unterhalten.
Frau Berthold, welche Rolle spielen die Politik und die Bundestagswahl im Alltag im Pflegeheim?
Im Pflegeheim spielt die Bundestagswahl dieselbe Rolle wie anderswo auch – die einen interessieren sich, der anderen nicht. Im Pflegeheim und in der Tagespflege ist die Wahl vor allem in der täglichen Zeitungsrunde ein Thema – aber auch am Zeitungstisch im Café Pavillon, beim Männerstammtisch, beim FreitagsKaffeekränzchen. Und manchmal kommen ja auch Vertreter der Parteien direkt zu uns ins Haus.
Wie viele Menschen, die im Pflegeheim leben, nehmen an der Bundestagswahl teil?
Bei der Bundestagswahl 2013 haben einige Bewohnerinnen und Bewohner im Pflegeheim Briefwahl beantragt. Die Briefwahl empfehlen wir – für die meisten wäre es ja sehr beschwerlich, sich auf den Weg ins Wahllokal zu machen. Ich schätze, dass es diesmal sechs oder sieben Briefwählerinnen und -wähler sein werden. Ganz allgemein können wir feststellen, dass der Wunsch wählen zu gehen mit zunehmender Beeinträchtigung der Gesundheit tendenziell abnimmt. Das gilt besonders für Menschen mit demenzieller Erkrankung: Auch wenn viele von ihnen wählen dürften, ist das für sie in der Regel kein Thema mehr.
Sind im Wohnpark St. Josef Menschen von der Wahl ausgeschlossen?
Alle Seniorinnen und Senioren, die im Wohnpark leben, bekommen eine Wahlberechtigungskarte. Eine Ausnahme sind die Personen, bei denen eine Vollbetreuung angeordnet ist sie werden gemäß Bundeswahlgesetz aus dem Wählerverzeichnis gestrichen. Im Wohnpark St. Josef sind davon aktuell elf Männer und Frauen betroffen. Wohlgemerkt: Das sind nicht alles Leute, die hochgradig dement sind. 2013 haben sich aus dieser Gruppe einzelne darüber beschwert, dass sie nicht mehr wählen dürfen.
Was ist mit Personen, die körperlich nicht mehr in der Lage sind, ihr Kreuz zu machen?
Es ist gesetzlich geregelt, dass dann Angehörige und Pflegepersonen beim Ausfüllen des Stimmzettels helfen dürfen - wenn es ausdrücklich gewünscht ist. Die sogenannten Hilfspersonen müssen auf dem Stimmzettel vermerken, dass sie gemäß des erklärten Willens des Wählers das Kreuz gesetzt haben. Beide Namen müssen genannt sein. Damit ist die Wahl nicht mehr geheim, aber manchmal ist das eben die einzige rechtlich korrekte Möglichkeit, dass jemand wählen kann. Wichtig ist der „erklärte Wille“– der Wähler muss sich also selbst geäußert haben. Damit ist ausgeschlossen, dass zum Beispiel Kinder den Wahlzettel einfach so ausfüllen mit der Begründung, sie wüssten, was der Vater früher gewählt habe.
Welche Unterstützung bietet der Wohnpark St. Josef sonst bei der Wahl?
Zunächst einmal habe ich alle Wahlbenachrichtigungen persönlich übergeben und habe mir das gegenzeichnen lassen. So ist sichergestellt, dass alle angekommen sind. Wenn jemand Fragen hat oder beim Wählen Unterstützung braucht, stehe ich zur Verfügung. Wenn sich jemand zum Beispiel ausdrücklich wünscht, zum Wählen ins Wahllokal zu gehen, sorge ich dafür, dass dieser Wunsch über eine Begleitung erfüllt wird. Der kleine Speisesaal steht – quasi als improvisiertes Wahllokal - denjenigen in der Woche vor der Wahl zur Verfügung, die ihre Briefwahl nicht im Zimmer machen wollen. Meine Kolleginnen und Kollegen sind informiert über diese Möglichkeiten, die wir für die Wahl bieten. Übrigens: Aus unserem Selbstverständnis als in der Altenpflege Tätige heraus haben wir eine besondere Verantwortung und dürfen selbstverständlich keinen direkten Einfluss auf die Wahlentscheidung von Bewohnerinnen und Bewohnern nehmen. Das heißt aber nicht, dass wir keine Meinung haben – und diese natürlich auch im Gespräch äußern.