Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Schulleitung soll sich im Klein-Klein verloren haben
Am Gammertinger Schulverbund Laucherttalschule herrscht nach dem Weggang der Leiterin Ursula Bisinger Erleichterung
GAMMERTINGEN - Es hat wie ein Paukenschlag gewirkt, als am Montag bekannt wurde, dass die neue Leiterin des Gammertinger Schulverbunds Laucherttalschule, Ursula Bisinger, ihre Wirkungsstätte bereits nach einem guten Jahr wieder verlassen hat. Bisinger war zuvor Leiterin des Bad Saulgauer Schulverbunds gewesen. Doch wie die weiteren Recherchen ergaben, war der Weggang offenbar überfällig. Zu groß waren die Differenzen zwischen Schulleiterin, Eltern- und Lehrerschaft. Statt das Zusammenwachsen der verschiedenen Schularten im neuen Schulverbund zu fördern und aktiv zu betreiben, soll Stillstand geherrscht haben.
„Eltern dachten sogar ernsthaft über einen Unterrichtsboykott nach.“Mit diesen Worten beschreibt der frühere Gemeinderat Lothar Wasel die Zustände an der Schule. Bürgermeister Holger Jerg, der als Schulträger die Entwicklung im vergangenen Schuljahr beobachtet hat, sagt, die Schulleitung hätte sich im Klein-Klein verloren, statt den Prozess des Zusammenwachsens der verschiedenen Schulen zu fördern und nach draußen hin positiv darzustellen. Vor allem sei das Profil der Werkrealschule den Eltern gegenüber zu wenig verdeutlicht worden. Das Ergebnis ist, dass die Zahl der Anmeldungen in diesem Jahr deutlich zurückgegangen ist – und das zu einem Zeitpunkt, in dem in Trochtelfingen eine neue Gemeinschaftsschule aufgebaut wird, die dem Gammertinger Schulverbund ernsthaft Konkurrenz macht. „In den vergangenen Jahren haben wir die Hauptschule kaputt geredet, dann die Werkrealschule, und wir haben den Eltern signalisiert, dass sie ihre Kinder doch lieber an die Realschule geben sollten“, sagt Bürgermeister Jerg ganz allgemein. An der Gammertinger Schule jedoch, so Jerg, habe sich die ganze Problematik wegen der innerschulischen Differenzen deutlich verschärft. Von einem verlorenen Jahr will Jerg nicht reden, aber er sagt: „Die Schule hätte mehr zusammenwachsen müssen, sie hätte mehr vorangebracht werden müssen. Vor allen hätte man den Eltern darstellen müssen, welche Chancen der Schulverbund den Schülern bietet.“Stattdessen habe die Stadt zusehen müssen, wie die Eltern ihre Kinder in andere Schulen geben.
Trotz mehrerer Gespräche keinen Schritt weitergekommen
Jerg weist auch auf ein weiteres Problem hin. Der Gammertinger Schulverbund ist in mehreren Schulgebäuden untergebracht. Die Stadt sei als Schulträger bereit gewesen, die Raumstruktur so zu verändern, dass ein Zusammenwachsen besser ermöglicht werde, so Jerg. „Die Auffassungen innerhalb der Schule waren jedoch sehr unterschiedlich. Wir konnten die Rahmenbedingungen für die nötigen Veränderungen nicht abstimmen.“Man sei trotz mehrerer Gespräche keinen Schritt weitergekommen.
Der Bürgermeister ist nun erleichtert, dass mit dem Weggang der Schulleiterin der „Dampf aus dem Kessel genommen“worden ist. Das bedeutet jedoch, dass die beiden bisherigen Stellvertreter Klaus Minsch und Marcus Haule die gesamte Verantwortung schultern müssen. Laut Schulamt wird es voraussichtlich ein Jahr lang dauern, bis ein neuer Leiter installiert werden kann. Minsch und Haule, die jetzt kommissarische Leiter, beziehungsweise Stellvertreter, sind, wollen sich dafür einsetzen, die Werkrealschule als Schulart im Schulverbund zu erhalten. „Es läuft mit ihm und mir sehr gut“, sagt Minsch über seine Zusammenarbeit mit Haule.
Lothar Wasel bezeichnet die Besetzung der Gammertinger Schulleiterstelle mit Ursula Bisinger als „grandiose Fehlleistung“von Schulamt und Schulträger. Zum einen habe Bisinger an ihrer früheren Wirkungsstätte in Bad Saulgau bereits einen „Scherbenhaufen“hinterlassen. Und zum anderen sei die Besetzung der Stelle in Gammertingen „von oben herab“erfolgt, bevor sämtliche anzuhörenden Gremien gehört worden seien.
Wasel kritisiert auch das „steinzeitliche Beamtenrecht“, das wohl keine andere Lösung zulasse, als die Schulleiterin nun beim staatlichen Schulamt zu „entsorgen“. Das wird übrigens auch in Kommentaren im Internet zu dem gestrigen Bericht über den Rückzug Bisingers aus Gammertingen angeprangert. Ein Teilnehmer fragt beispielsweise, warum Ursula Bisinger nicht einfach wieder als Lehrerin eingesetzt werden könne.
Die bisherige Gammertinger Schulleiterin war für eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen.