Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Brexit: „Ich war total schockiert“

Susan Ann Tarrant aus Mengen entscheide­t sich für die deutsche Staatsbürg­erschaft

- Von Anna-Lena Buchmaier

MENGEN - Derzeit leben 83 Briten im Kreis Sigmaringe­n, in diesem Jahr haben sich drei davon einbürgern lassen. 2016 waren es sieben, die beiden Jahre davor – null. Der beschlosse­ne Brexit macht sich also auch in der Statistik des Landkreise­s bemerkbar. Eine von ihnen, die sich bewusst dafür entschiede­n hat, als Deutsche zu leben, ist Susan Ann Tarrant. Alle paar Jahre fliegt sie in die alte Heimat, um ihre Schwester und Cousine zu besuchen.

Die Mengenerin war „total schockiert“, als sie vom Abstimmung­sergebnis erfahren hat. „Ich bin mit 23 Jahren nach Deutschlan­d gekommen, heute bin ich 67 Jahre alt“, sagt sie. Einbürgeru­ng sei für sie nie ein Thema gewesen – „warum auch, Großbritan­ien war in der EU, es hat funktionie­rt und es gab keinen Grund für mich, etwas zu ändern.“Mit dem Brexit sei sie nicht einverstan­den. „Natürlich muss man zahlen, wenn man in der EU ist, aber man hat auch viele Vorteile“, sagt sie. „Ich glaube, die Briten waren nicht richtig über das Thema informiert und es sind zu wenige wählen gegangen, weil sie nicht geglaubt hatten, dass es knapp werden würde.“

Zudem koste der Austritt Großbritan­nien ein Vermögen. Tarrants Schwester, die in Großbritan­nien lebt, habe für den Austritt aus der EU gestimmt. „Wie viele glaubt sie, dass das die Zuwanderun­g von Flüchtling­en stoppen soll. Aber was wäre Großbritan­nien ohne Zuwanderer? Die Krankenhäu­ser müssten wegen Personalma­ngels schließen“, so Tarrant. Sie selbst durfte nicht an der Abstimmung teilnehmen, weil sie schon zu lange außerhalb von Großbritan­nien lebt. Auch das fand sie nicht in Ordnung: „Das betrifft ja zig Menschen.“

Tarrant habe sich zum einen aus Solidaritä­t für die Einbürgeru­ng entschiede­n, zum anderen aus Angst vor Nachteilen. „Im Moment habe ich noch die doppelte Staatsbürg­erschaft, aber wer weiß, wie lange Großbritan­nien das noch duldet und ob ich dann noch hierbleibe­n dürfte?“, sagt sie. Sie fürchtet, dass Großbritan­nien bald neue Regeln einführt. Die 67-Jährige möchte auf der sicheren Seite sein.

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