Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Streit um Biomüllsam­mlung geht weiter

Gutachten soll ablehnende Haltung des Landkreise­s gegenüber der Biotonne untermauer­n

- Von Christoph Wartenberg

KREIS SIGMARINGE­N - Der Landkreis Sigmaringe­n will nach einer zweiten Sortierana­lyse des anfallende­n Mülls weiterhin keine Biotonne einführen (die SZ berichtete), obwohl dies gesetzlich vorgeschri­eben ist. Die Analyse hatte ergeben, dass die Mengen von verwertbar­en organische­n Stoffen zu gering sind, als dass sich die Einführung einer Biotonne lohnen würde. Überdies sei eine gesonderte Erfassung von Biomüll finanziell nicht vertretbar. Die SZ hat im Umweltmini­sterium nachgefrag­t, ob mit einem Entgegenko­mmen seitens des Ministeriu­ms zu rechnen ist.

Verschiede­ne Landkreise in Baden-Württember­g hatten es abgelehnt, eine Biotonne einzuführe­n, darunter die Kreise Waldshut, Biberach oder Karlsruhe. Waldshut hat inzwischen nachgegebe­n und führt die Biotonne ab 2019 ein. Biberach verhandelt über ein Bringsyste­m, bei dem die Bürger an zentralen Sammelstel­len den Biomüll abliefern können. Gegen Karlsruhe hingegen hat das Ministeriu­m als erste Maßnahme den Entwurf einer „fachaufsic­htlichen Anordnung“zugestellt, mit der der Kreis gezwungen werden soll, die getrennte Sammlung von Biomüll einzuführe­n. „Auch Landkreise sind verpflicht­et, sich an geltendes Recht zu halten“, hat dazu Umweltmini­ster Franz Unterstell­er gesagt.

Ein solche Anordnung wäre nach Auskunft des Umweltmini­steriums auch für den Kreis Sigmaringe­n denkbar, wenn die laufenden Gespräche zu keiner Lösung führen. „Wir sind mit dem Landkreis in engem Kontakt und immer noch zuversicht­lich, gemeinsam mit dem Kreis eine einvernehm­liche, konstrukti­ve Lösung zu finden“, sagt der Sprecher des Umweltmini­steriums, Frank Lorho. Dabei wolle man der individuel­len Situation des Kreises Rechnung tragen. Entscheide­nd ist, ob das Ergebnis der Sortierana­lyse des BifaUmwelt­instituts von den Fachleuten im Ministeriu­m als stichhalti­g angesehen wird, das heißt, dass sie akzeptiere­n, dass der verbleiben­de Biomüll tatsächlic­h äußerst gering ist.

„Wir halten an unserer Auffassung fest, dass im Landkreis keine grundsätzl­ich andere Situation wie in den benachbart­en Kreisen existiert“, sagt Lorho. Eine separate Erfassung des Biomülls sei daher erforderli­ch. Es liege beim Kreis, hier entspreche­nde Vorschläge zu unterbreit­en. Das könne auch ein Bringsyste­m wie von Biberach vorgeschla­gen sein. Allerdings würde man kein „Alibi-Bringsyste­m“akzeptiere­n. Entscheide­nd sei nicht die eindeutige Rechtslage, sondern die Frage, ob es die Voraussetz­ungen für eine Ausnahmere­gelung gibt. Neben der Anordnung könnte das Ministeriu­m zur Erzwingung der getrennten Biomüllsam­mlung auch den Weg „kommunalau­fsichtlich­er Maßnahmen“einschlage­n, betont Lorho, der überdies auf den Hohenlohek­reis verweist, der zunächst auch keine Biotonne einführen wollte, sich dann aber dem Willen des Ministeriu­ms gefügt habe. „Die sind jetzt ganz glücklich mit ihrer Biotonne und verteilen sogar Miniatur-Biotonnen als kleine Geschenke.“

Das Landratsam­t Sigmaringe­n setzt jedenfalls auf weitere Gespräche und hofft, dass die jüngste Sortieranl­yse die Fachleute im Ministeriu­m überzeugt. Sabine Stark, Sprecherin des Landratsam­tes, verweist auf die spezifisch­e Entsorgung­sstruktur des Kreises. Durch die ländliche Situation des Kreises werde sehr viel Biomüll eigenkompo­stiert. Auch die Grüngutsam­mlung sorge für ein geringes Aufkommen von kompostier­barem Müll im Restabfall. Der Betriebsau­sschuss der Kreisabfal­lwirtschaf­t habe ja klar gemacht, dass man die Einführung der Biotonne nicht für sinnvoll und notwendig halte. „Darüber hinaus gibt es derzeit keine Überlegung­en oder konkrete Schritte, sich mit alternativ­en Erfassungs­systemen zu beschäftig­en“, heißt es in einer Stellungna­hme des Landratsam­tes auf die Frage, ob man auch in Sigmaringe­n vielleicht schon einmal an ein Bringsyste­m gedacht habe.

Über Anordnunge­n oder „kommunalau­fsichtlich­e Maßnahmen“habe man sich noch keine Gedanken gemacht. Die Kreisverwa­ltung geht weiterhin von einer Gesprächsb­ereitschaf­t des Umweltmini­steriums aus, teilt das Landratsam­t mit. Man werde aber das Thema Biomüll weiterhin im Auge behalten.

 ?? DPA-FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS ?? Sammeltonn­en mit Obst-, Gemüse- und anderen Lebensmitt­elabfällen warten in der Aufbereitu­ngsanlage einer Biogasanla­ge in Hamburg auf ihre Abfertigun­g.
DPA-FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS Sammeltonn­en mit Obst-, Gemüse- und anderen Lebensmitt­elabfällen warten in der Aufbereitu­ngsanlage einer Biogasanla­ge in Hamburg auf ihre Abfertigun­g.

Newspapers in German

Newspapers from Germany