Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Zwölfjähri­ge löscht brennenden Mann

Mia Kulb aus Baindt wird nach Brand auf einem Ponyhof in Geigelbach als Lebensrett­erin geehrt

- Von Barbara Baur

EBERSBACH-MUSBACH - Eine besondere Ehrung wird der zwölf Jahre alten Mia Kulb aus Baindt zuteil. Sie erhält am kommenden Dienstag in Ebersbach-Musbach eine staatliche Ehrung für Lebensrett­er. Mia hatte Ende Mai bei einem Brand auf einem Ponyhof in Geigelbach einen brennenden Mann gelöscht, nachdem es in einer Werkstatt bei Schweißarb­eiten zu einer Verpuffung gekommen war.

Es war ein warmer Tag im Frühsommer, als sie mit anderen Kindern auf dem Ponyhof mit einem Gartenschl­auch spielte. „Wir haben eine Wasserschl­acht gemacht, und dann sind meine Freundinne­n auf einmal weggerannt“, sagt sie. Als sie sich umdrehte, brannte die Werkstatt hinter ihr bereits. Zuerst habe sie einen lauten Knall gehört und dann sei es richtig hell geworden. An allen Ecken habe sie einen hellen Lichtschei­n gesehen. Innerhalb kürzester Zeit hat die Werkstatt in Flammen gestanden. „Und dann ist ein brennender Mann rausgerann­t.“

Ein furchtbare­r Moment

So etwas habe sie vorher noch nie gesehen, es sei schrecklic­h gewesen. Aber weil sie im Fernsehen schon oft gesehen habe, wie Brände gelöscht werden, habe sie den Wasserschl­auch, den sie von der Wasserschl­acht noch in der Hand hatte, auf den Mann gerichtet. „Kurz später kam ein zweiter Mann aus der Werkstatt gerannt“, erinnert sie sich. „Aber dann hat mir jemand zugerufen, dass ich mich in Sicherheit bringen soll.“Sie ließ den Schlauch fallen und rannte auch weg. Trotzdem hat sie möglicherw­eise beiden Männern – Vater und Sohn – das Leben gerettet. Denn der Vater, der zuerst aus der Werkstatt kam, konnte dann seinen Sohn löschen.

Auch für Mias Eltern war der Brand ein Schock. „Wir sind angerufen worden. Es hieß, auf dem Hof habe es gebrannt und unsere Tochter würde uns jetzt brauchen“, erzählt ihre Mutter Nicole Kulb. Auf dem Weg dort hin hätten sie und ihr Mann kein Wort gesprochen. „Das Gefühl wurde immer mulmiger“, sagt sie. Als sie in Gigelbach ankamen, sahen sie die vielen Einsatzkrä­fte, Feuerwehrf­ahrzeuge und zwei Rettungshu­bschrauber. Die zwölfjähri­ge Mia Kulb spritzte das Brandopfer mit Wasser ab.

„Überall waren Leute. Ich war so erleichter­t, als ich meine Tochter gesehen habe“, sagt sie. Ein Mädchen habe schlimm geweint und gesagt: „Wie es erst der Mia geht.“Erst dann sei ihnen bewusst geworden, dass ihre Tochter ganz nah am Unglücksor­t gewesen sein muss.

Am Tag des Brandes seien die Kinder und die Angehörige­n vom Kriseninte­rventionsd­ienst des Deutschen Roten Kreuzes gut betreut worden. Auch in den Wochen nach dem Brand sei das Thema immer wieder zur Sprache gekommen. „Es ist wichtig, dass man über solche Erlebnisse spricht, um sie zu verarbeite­n“, sagt Nicole Kulb. Auch heute denkt Mia noch manchmal an den Samstag im Mai. „Es gibt Momente, in denen ich daran denke und dann ist es genauso wie in dem Moment, als es passiert ist“, sagt sie.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Den Antrag auf die Ehrung hat die Gemeinde Ebersbach-Musbach gemeinsam mit dem Polizeiprä­sidium Konstanz beim Staatsmini­sterium gestellt. Bürgermeis­ter Roland Haug ist es wichtig, Mia Kulb seinen Respekt auszudrück­en. Sie sei zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen und habe dann noch zufällig mit Wasser hantiert. Durch ihr Eingreifen habe die Zwölfjähri­ge wahrschein­lich noch Schlimmere­s verhindern können. „In dem Moment hat sie einen Schutzenge­l gehabt und den auch weitergebe­n können“, sagt Roland Haug. Das Mädchen habe nicht gezögert, sie sei sofort einsatzber­eit gewesen. Das sei nicht selbstvers­tändlich, denn viele bekommen es in solchen Momenten mit der Angst zu tun.

Mias Handeln solle auch ein Beispiel für andere sein, denn schließlic­h könne jeder in eine Situation geraten, in der er als Ersthelfer gebraucht wird. „Deswegen wollen wir das würdigen“, sagt Haug. „Und auch ihr soll es bewusst sein, dass es eine ganz besondere Leistung ist.“Sie erhält nun eine Rettungsme­daille, eine Urkunde, einen Geldbetrag und ein Geschenk. Zu der kleinen Feier, die aber nicht öffentlich ist, sind Uwe Stürmer, Polizeiviz­epräsident, Oliver Surbeck, Kreisbrand­meister im Landkreis Ravensburg, Elmar Buemann, Bürgermeis­ter der Heimatgeme­inde Baindt, die Ehefrau und Mutter der beiden Brandopfer und die Familie des Mädchens eingeladen. „Uns ist es wichtig, dass man zusammenst­eht“, sagt Bürgermeis­ter Roland Haug.

„Und dann ist ein brennender Mann rausgerann­t.“

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ARCHIVFOTO: THOMAS WARNACK Eine besondere Schwierigk­eit bei diesem Brand war die Versorgung mit Löschwasse­r. Unter anderem waren Landwirte mit sieben Vakuumfäss­ern und Zugmaschin­en im Einsatz, um Wasser heranzusch­affen.

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