Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Diskussion um Frauen stürzt Kürassiere in die Krise
Rittmeister Anton Rädle muss um sein Amt bangen – Heute ist außerordentliche Sitzung
SIGMARINGEN - Die Diskussion um die Aufnahme von Frauen hat die Hohenzollern-Kürassiere in eine Führungskrise gestürzt. Rittmeister Anton Rädle bläst heftiger Gegenwind ins Gesicht. Seine Gegner kritisieren seinen Führungsstil und fordern seine Abberufung. Auf einer außerordentlichen Corpsversammlung am heutigen Samstag soll darüber entschieden werden.
Bei den Hohenzollern-Kürassieren ist alles ein wenig anders: Der Vorsitzende darf sich Rittmeister nennen, die restlichen Vorstandsmitglieder heißen Offiziere und dürfen diesen Rang erst fünf Jahre nach ihrem Eintritt einnehmen. Bei der Garde wird ein Reiter zudem nicht Mitglied, sondern muss berufen werden. Etwa 30 Reiter gehören den Kürassieren an. Da die Zahl der Aktiven zuletzt merklich schrumpfte, kam bei den Kürassieren der Gedanke auf, Frauen aufzunehmen.
Ein Mitglied, das anonym bleiben möchte, kann die Diskussion um die Verletzung von Traditionen überhaupt nicht nachvollziehen: „Wir stellen die Kürassiere nur nach und sind sie nicht. Manche von uns leben noch im Jahr 1700.“Tatsächlich gründeten sich die Hohenzollern-Kürassiere erst 1985. In der Satzung ist verankert, dass die Mitglieder die Tradition des seinerzeitigen Kreiskürassierregiments Hohenzollern pflegen wollen.
„In der Vergangenheit waren die Kürassiere nun einmal eine reine Männergesellschaft. Die Diskussion dieser Frage gleicht einem Armutszeugnis“, sagte hingegen der Ehrenrittmeister und Vereinsgründer, Christian Baum, bei einer Versammlung im vergangenen Jahr.
Damals lehnten die Mitglieder eine Satzungsänderung mit knapper Mehrheit ab. Wer dachte, die Diskussion sei damit erledigt, der irrte sich, denn die Befürworter der Verweiblichung der Kürassiere gaben nicht auf. Mehr und mehr bildeten sich zwei Lager heraus. Anfang dieses Jahres gab es erneut eine Abstimmung, die mit einem Patt endete. Bei 100 abstimmungsberechtigten Mitgliedern teilte sich das Ergebnis genau in zwei Lager. Laut Rittmeister Rädle gab es trotzdem keinen Spielraum für Diskussionen mehr: „Wenn ein Antrag keine Mehrheit erhält, ist er abgelehnt.“Die unterlegene Fraktion legte jedoch nach und übte Kritik an der Abstimmung selbst, an der sich die rund 80 Fördermitglieder beteiligen durften. Laut Rädle billigt ihnen die Satzung dieses Recht zu.
Kritik: Rittmeister tut nicht das, was er sagt
Warum fordern Mitglieder nun die Abwahl von Rittmeister Anton Rädle? Gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“werfen sie Rädle „mangelhafte Führung“vor. Rädle tut nicht das, was er sagt, so die Kritik: „Er ist gegen die Aufnahme von Frauen, obwohl er etwas anderes behauptet“, erklärt ein Mitglied.
Der Rittmeister verteidigt seine Haltung. Er habe versucht, sich so neutral wie möglich zu verhalten: „Die Tradition spricht dagegen, aber ich akzeptiere Mehrheiten.“Seinen Gegnern wirft er vor, dass sie sich über mehrheitlich gefasste Beschlüsse hinwegsetzten.
Bislang lehnte der Rittmeister, der seit 2005 im Amt ist, einen Rücktritt ab. Es kann sein, dass er doch noch einlenkt, bevor die Mitglieder über seine Abwahl entscheiden. Rädle ist der Meinung, dass für einen Neuanfang die komplette Führungsriege weichen muss. Laut Satzung wäre dies zwar schwierig, da die Offiziere für unterschiedlich lange Amtszeiten gewählt sind, um Kontinuität in der Vereinsführung zu gewährleisten, doch wenn man wolle, finde man einen Weg für einen kompletten Neuanfang.
Die Corpsversammlung der Kürassiere im Zoller-Hof ist nichtöffentlich. Der Verein bat darum, dies zu akzeptieren. Die SZ wird trotzdem versuchen, im Nachgang über die Ergebnisse zu berichten.