Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Kündigung von einer Mietwohnung für die Nutzung als Aktenlager ist unzulässig
KARLSRUHE (AFP) - Vermieter können ihren Mietern nicht kündigen, nur weil sie die Mietwohnung als Aktenlager für ihren Betrieb nutzen wollen. Bei Kündigungen aus eigenem betrieblichem Bedarf müssen künftig die Rechte der Mieter stärker berücksichtigt werden, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem in Karlsruhe verkündeten Urteil. Das Gericht präzisierte damit der Vorsitzenden Richterin Karin Milger zufolge seine frühere „missverstandene und missverständliche“Rechtsprechung. (Az. VIII ZR 45/16)
Im Ausgangsfall wurde dem Mieter einer 27 Quadratmeter großen Zweizimmerwohnung in einem Berliner Hinterhaus gekündigt, weil die neue Besitzerin die Wohnung ihrem Ehemann als Aktenarchiv überlassen wollte, der im Vorderhaus ein Beratungsbüro betrieb.
Der BGH verwies darauf, dass eine Kündigung allein aus geschäftlichen Gründen nur möglich ist, wenn der Vermieter „ein berechtigtes Interesse“an der Beendigung des Mietverhältnisses nachweisen kann. Es sei insoweit nicht zulässig, den Berufsbedarf „als ungeschriebene weitere Kategorie eines typischerweise anzuerkennenden Vermieterinteresses“an solch einer Kündigung zu behandeln. Die Gerichte haben „vielmehr im Einzelfall“ festzustellen, ob der Vermieter einen „Nachteil von einigem Gewicht“erleiden würde, wenn er nicht kündigen könne. Demgegenüber stünden die Rechte des Mieters, der „allein aus geschäftlich motivierten Gründen von seinem räumlichen Lebensmittelpunkt vertrieben werden soll“.
Im aktuellen Fall reicht laut Urteil der Wunsch nach einer Auslagerung von Akten als berechtigtes Interesse für eine Kündigung aber nicht aus. Solch eine Kündigung wäre aber gerechtfertigt, wenn etwa ein Vermieter seiner Ehefrau eine Wohnung im gemeinsam bewohnten Mietshaus als Anwaltskanzlei zur Verfügung stellen will, um Belange von Familie und Beruf besser vereinbaren zu können.