Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Pfarrer sagt kurzfristig ab
Evangelische Kirchengemeinde muss Vakanz weiter überbrücken.
SCHEER - Manch einer nimmt einen langen Weg auf sich, um sich bei der Bäckerei Baur in Scheer seine Brezel zu kaufen. Birnenbrot wird gar in die Stuttgarter Region verschickt und aus dem Städtle selbst ist der Maxbeck, wie ihn hier noch alle nach seinem Gründer nennen, nicht mehr wegzudenken. Nun können Ralf und Christine Baur in diesem Jahr das 150-jährige Bestehen ihres Familienunternehmens feiern. Sie führen den Betrieb seit 20 Jahren in der mittlerweile fünften Generation.
„Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Handwerksbetrieb auf eine so lange Geschichte zurückblicken kann“, sagt Heidi Goller von der Handwerkskammer in Reutlingen. Sie hat Ralf Baur bei einer kleinen Feierstunde im Verkaufsraum an der Donaubrücke die Gratulationsurkunde überreicht. Vor allem Filialen großer Bäckereien, die lange Öffnungszeiten anbieten und ihr Personal nach Bedarf an unterschiedlichen Standorten einsetzen können, machen den kleinen Bäckereien zu schaffen. „Dazu kommt das veränderte Kaufverhalten“, sagt Baur. Die Menschen würden oft da Brot kaufen, wo sie arbeiten und Großeinkäufe hätten längst die kleinen Gänge zu den Läden für den täglichen Bedarf abgelöst.
„Die Zeit, in der die Bäckerei noch Umschlagplatz für Neuigkeiten und Klatsch aus dem Ort war, ist längst vorbei“, sagt auch Christine Baur. Die Menschen hätten nicht mehr so viel Zeit für ihre Einkäufe wie noch zu den Zeiten ihrer Großeltern. Lange brachten auch die Lanwirte aus der Nachbarschaft oder Hausfrauen ihren Brotteig zum Backen in die Backstube. „Entweder gab es in den Orten Backhäuser oder die Leute sind zu den Bäckern gegangen“, sagt Ralf Baur. Heute sei das schon allein von den Hygienevorschriften her nicht mehr denkbar. „Ich dürfte das gar nicht annehmen.“Damals habe es auch noch mehr Bäcker in Scheer gegeben. Von einem von ihnen hat Baurs Vater 1986 das Gebäude an der Donaubrücke mitten in der Ortsdurchfahrt kaufen können. Die Backstube befindet sich - wie schon 1867 in der Hirschstraße, wo auch die Familie lebt. „Das war eine der besten Entscheidungen fürs Geschäft“, sagt Ralf Baur heute.
Der guten Lage an der Bundesstraße und am Donauradweg hat es seine Bäckerei zu verdanken, dass sie immer noch eine Familie ernähren kann. „Und den Stammkunden natürlich“, lenkt Baur ein. Die Menschen in Scheer schätzen ihren Maxbeck, für Feste der Kirchengemeinde, die Fasnet oder die örtlichen Vereine steht der Bäckermeister auch schon mal ausnahmsweise am Sonntag in der Backstube. „Sonst ist das immer der Tag für die Familie“, sagt er. Baur steht allein in der Backstube, seine Frau arbeitet Vollzeit als Fachlehrerin und springt ein, wo es im laufenden Betrieb notwendig ist. Pendler halten auf dem Weg zur Arbeit an der Bäckerei, weil ihnen das Brot von hier so gut schmeckt, für andere ist es Tradition, nach dem Thermalbadbesuch in Bad Saulgau bei Maxbeck Brezel zu holen. Das beliebte Birnenbrot wird nach einem Familienrezept gebacken, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. „Wenn wir da Lob bekommen, tut das bei all der Arbeit natürlich wahnsinnig gut und wir freuen uns sehr darüber“, sagt Ralf Baur.
2005 kommt die Post dazu
In einem Familienalbum hat er Zeitungsausschnitte und Fotos aus der Geschichte des Maxbeck gesammelt. 1867 von Maximilian und Friederike Baur gegründet schließt sich mit der sechsten Generation zumindest namentlich der Kreis. Ralf und Christine Baur nannten einen ihrer Söhne nach dem Vorfahren Maximilian. „Das macht mich stolz und ich möchte stellvertretend dafür danken, dass es der Familienbetrieb soweit geschafft hat“, sagt Maximilian Baur bei der Feierstunde.
Er erinnerte an die Ehefrauen der beiden Anton Baurs, die in schwierigen Kriegs- und Nachkriegszeiten die Geschäfte allein führen mussten sowie an Kurt und Gisela Baur, die den Gedanken eines Cafés realisierten und 1997 einen gut laufenden Betrieb an seinen Vater Ralf übergeben konnten. Der steckte mit seiner Frau Christine noch einmal viel Geld in den Umbau der Backstube und die Sanierung des Wohnhauses. 2005 betraten sie mit der Übernahme der Post-Filiale und dem Lottogeschäft zwei völlig neue Gebiete. „Damals hatte die Post ihre Räume im Hofgartencenter aufgegeben und war an uns herangetreten“; erinnert sich Christine. „Man traute uns zu, dass es unseren Laden noch weiterhin geben wird.“
Ein zweites Standbein für die Familie, für das viele Einwohner von Scheer dankbar sind und das von den beiden Mitarbeiterinnen Doris Voggel und Maritta Knor mitgetragen wird. Was auch die vielen Kunden zeigen, die am Freitagnachmittag vor der verschlossenen Tür verständnisvoll wieder umdrehen mussten, weil die Familie Baur ausnahmweise einmal unter sich bleiben und etwas feiern wollte.