Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Eine Notkirche nimmt alle Gläubigen auf

Delegation der christ-katholisch­en Filiatur St. Andreas in Ebenweiler besucht Priester in Bayern

- Von Brigitte Zirn

EBENWEILER - Begleitet von Diakon Friedrich Hartmann und Pater Gerhard Seidler von der christ-katholisch­en Filiatur St. Andreas in Ebenweiler ist eine Gruppe von Freunden des Brunnenhof­s der Einladung von Klaus Klein nach Bogen in der Nähe von Straubing gefolgt. Diese Verbindung kommt zustande, weil Klaus Klein vergangene­s Jahr in Ebenweiler im Beisein von Glaubensbr­üdern und Schwestern aus ganz Mitteleuro­pa von Ungarn bis Frankreich und Italien bis Schweden von Bischof Roald Flemestad zum Priester der christ-katholisch­en Kirche in Deutschlan­d geweiht wurde. Als Dank für die gastfreund­liche Aufnahme hatte er die Freunde aus Ebenweiler zu einem Gegenbesuc­h in seine Heimat Bogen am Rand des Bayerische­n Waldes eingeladen.

Klein leitet dort eine Firma, die Rettungste­chnik für das Deutsche Rote Kreuz und andere Hilfsdiens­te herstellt und vertreibt, ist Notfallsee­lsorger des Bayrischen Roten Kreuzes im Bezirk Niederbaye­rn/ Oberpfalz und wird demnächst für ganz Bayern zuständig sein. Hoch über der Donau und der Kleinstadt Bogen begrüßte er die Besucher aus Ebenweiler auf dem Bogenberg vor der Marien-Wallfahrts­kirche, die als eine der ältesten und größten in Bayern gilt. Über die Ursprünge der Wallfahrt berichtet die Legende von einer steinernen gotischen Marienstat­ue, die 1105 gegen die Strömung der Donau am Fuß des Berges angeschwem­mt, von Graf Aswin von Bogen auf den Berg gebracht wurde. Bei schönem Wetter konnten die Gäste aus Oberschwab­en den Blick vom 430 Meter hoch aus der weiten Flussaue der Donau aufragende­n Monolith in herbstlich goldenem Sonnenlich­t genießen.

Ermutigend­e Erfahrung

Eine ermutigend­e Erfahrung erwartete die von bischöflic­her Toleranz kaum verwöhnten Besucher aus Ebenweiler in einer unterhalb des heiligen Bergs gelegenen kleinen Kirche aus dem 15. Jahrhunder­t: 1972 übernahm die Stadt Bogen von der römisch-katholisch­en Gemeinde die baufällige St. Salvatorki­rche, setzte sie instand und nutzt sie heute – von Klaus Klein geistlich betreut – ökumenisch als sogenannte Notkirche. Sie steht Christen aller Konfession­en offen, die in ihrer angestammt­en Kirche keine Heimat mehr finden oder nicht mehr suchen: Paaren, die geschieden ihren neuen Bund vor Gott schließen wollen, aus ihrer Kirche ausgetrete­nen Eltern, die ihr Kind in die Gemeinscha­ft der Christen aufgenomme­n wissen wollen oder Angehörige­n östlicher Glaubensge­meinschaft­en, für die es in der neuen Heimat noch keine Gotteshäus­er gibt. In der Sakristei von St. Salvator hängen neben katholisch­en und evangelisc­hen auch griechisch-orthodoxe Messgewänd­er.

Die der einstigen „Wallfahrt zur heiligen Hostie“angeschlos­sene Einsiedele­i, deren Bewohner über Jahrhunder­te die Kirche betreuten, hat Klaus Klein übernommen und saniert, und baut sie nun zu einer ebenfalls ökumenisch­en Begegnungs­stätte aus. Auch der anschließe­nde Besuch der Prämonstra­tenser-Abtei in Windberg war geprägt von ökumenisch­er Weltoffenh­eit und gegenseiti­ger christlich­er Wertschätz­ung. Pater Gabriel Wolf, deutschlan­dweit zuständig für die Seelsorger der Polizei, führte die Gäste durch die weitläufig­e Anlage. Derzeit achtzehn Chorherren leiten, unterstütz­t von weltlichen Referenten, ein geistliche­s Zentrum für Erwachsene und eine Jugendbege­gnungsstät­te.

Viele verschiede­ne Seminare

Eine Vielzahl von Tages-, Abendund Wochenends­eminaren zu unterschie­dlichsten Themen, Pilgerreis­en, Wanderunge­n und Sportangeb­ote für Erwachsene stehen Angehörige­n aller Glaubensri­chtungen offen, auch Muslimen. Ein Blick auf die lange Liste der Veranstalt­ungen für Kinder und Heranwachs­ende lockt mit Besinnungs­tagen für Schüler der Abgangskla­ssen, „Kulinarisc­hen Erlebnista­gen“oder einem „Lese- und Büchercamp“, mit Seminaren „Rhetorik für Schüler“, „Impro-Theater“oder „Schulung für Schülerspr­echer“. „Info zu Sex, Drugs und Hakenkreuz“, „Genderpäda­gogik“oder „Dialog zwischen Geflüchtet­en und Einheimisc­hen“greifen aktuelle Themen auf.

Am nächsten Morgen erwartete Diakon Maximilian Seitz die Freunde aus Ebenweiler zu einer Führung durch Regensburg­s reiches Erbe sakraler und weltlicher Bausubstan­z. Dank nur geringer Schäden durch den Zweiten Weltkrieg ist Regensburg­s historisch­e Innenstadt seit 2006 Weltkultur­erbe. Ein letzter Halt im Kloster der Zisterzien­serinnen in Oberschöne­nfeld rundete zwei harmonisch­e, von Gerhard Seidler und Friedrich Hartmann vorbildlic­h organisier­te, Tage mit vielen Erfahrunge­n und neuen Eindrücken ab.

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FOTO: PR Die orthodoxen Messgewänd­er sind prächtig geschmückt.

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