Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Linde-Spitze sauer auf Praxair-Kollegen
Finanzchef des US-Konzerns stellt zwei Linde-Sparten infrage – in München sorgen die Äußerungen für Ärger
MÜNCHEN (dpa) - Streit im Management belastet die geplante Fusion des Industriegasekonzerns Linde mit dem US-Konkurrenten Praxair. Der Praxair-Finanzchef und designierte Finanzchef des künftigen Konzerns, Matthew White, soll vor Investoren den Anlagenbau und das US-Medizingasegeschäft von Linde infrage gestellt haben. Linde-Vorstandschef Aldo Belloni sagte am Freitag in München, der Praxair-Chef und künftige Gesamtkonzernchef Steve Angel „hat die kategorischen Aussagen von Mister White dementiert. Mister Angel sagte, es sind keine Entscheidungen getroffen worden.“Im Linde-Anlagenbau sind 7000 Mitarbeiter beschäftigt, die Hälfte davon im Großraum München und in Dresden. Linde und Praxair haben vereinbart, die im Vergleich zum Gasegeschäft renditeschwache Sparte rechtlich selbstständig auszugliedern, aber zumindest auf absehbare Zeit im Konzern zu halten.
Angel beabsichtige weiter, alle Sparten „zunächst einmal in der Familie zu behalten“, sagte Belloni und betonte: „Wir sind zuversichtlich, dass der Anlagenbau seine Stellung im Konzern behalten wird.“Zwar stehe immer alles auf dem Prüfstand, aber es gebe Absprachen. White habe bei Linde eine „gewisse Aufregung“verursacht, so Belloni.
Linde hat den deutschen Arbeitnehmern eine Beschäftigungs- und Standortsicherung bis 2021 beim Zustandekommen der Fusion zugesagt. Betriebsrat, IG Metall und IG Chemie lehnen die Fusion ab, weil sie den Verlust von Arbeitsplätzen und Mitbestimmungsrechten befürchten. Der neue Konzern mit der Rechtsform Linde plc hätte seinen Sitz in Irland, würde aus den USA heraus von Angel geführt und wäre mit 27 Milliarden Euro Umsatz Weltmarktführer.
Aktionäre müssen noch zustimmen
Für den Zusammenschluss ist aber noch die Zustimmung von mindestens 74 Prozent der Linde-Aktionäre bis zum 21. November sowie die Zustimmung der Kartellbehörden erforderlich. Unter 74 Prozent drohten in den USA höhere Steuern, wodurch „die Fusion doch noch scheitern könnte“, sagte Belloni. Bis jetzt seien 67,9 Prozent der Linde-Aktien zum Umtausch eingereicht worden.
Im dritten Quartal dieses Jahres sanken der Linde-Konzernumsatz, unter anderem wegen Problemen im US-Medizingasegeschäft, um 1,3 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro, der Gewinn wegen der Umbau- und Fusionskosten um elf Prozent auf 271 Millionen Euro gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Belloni bekräftigte die Jahresprognose, wonach der Umsatz leicht steigen und das Betriebsergebnis zumindest stabil bleiben soll.