Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Hauptfigur spielt Menschen gegenseiti­g aus

Württember­gische Landesbühn­e Eßlingen führt Ibsens Drama Hedda Gabler auf – Tristes Bühnenbild

- Von Artur K. M. Bay

BAD SAULGAU - Eineinhalb Stunden lang hat das Publikum am Sonntagabe­nd in der Stadthalle Bad Saulgau bei der Theaterauf­führung von Henrik Ibsens Schauspiel Hedda Gabler ein graues Bühnenbild ertragen müssen – eine bewusste, fast provokativ wirkende Szenerie eines Wohnzimmer­s. Die Inszenieru­ng und Regie des Dramas durch Alexander Müller-Elmau, der auch für das Bühnenbild verantwort­lich zeichnet, lebte nicht zuletzt von den Eindrücken aus der Psychoanal­yse.

Im Bild war zuerst die Cellistin Céline Papion, deren fasziniere­ndes Spiel so gut wie ohne Unterbrech­ung als Hintergrun­dmusik die Szenenfolg­e des Dramas untermalte. Ibsen hatte dafür ein Klavier vorgesehen. Warum Intendant Alexander Müller-Elmau ein Cello dafür einsetzte, erklärte er folgenderm­aßen: „Die Musik sollte mit den Schauspiel­ern atmen, als weiteres aussagekrä­ftiges Element auf der Bühne, aber nicht als Figur des Stückes, sondern diese Spielart mit dem Cello soll das Wesen von Hedda widerspieg­eln.“

Unruhig und stets barfüßig huscht Hedda Gabler umher, zurück von ihrer Hochzeitsr­eise. Ihr Mann, Dr. Jörgen Tesmann, macht einen fast biederen, jedenfalls ruhigen Eindruck. In ihrem großen Haus fühlt sich die exaltierte und nervige Hedda, Tochter eines Generals, bald gelangweil­t.

Sie spinnt ihr Netz

Ejlert Lövborg, Heddas Jugendlieb­e taucht auf – wie ihr Mann ist er Kulturwiss­enschaftle­r, der früher dem Alkohol reichlich zugesproch­en hat, davon scheint er geheilt. Er hat ein Buch geschriebe­n, das die Zukunft behandelt. Heddas Mann bezweifelt, dass man die Zukunft beschreibe­n kann. Wie eine Spinne webt Hedda zielgerich­tet ihr Netz, als sie alleine sind, beginnt sie ihren Exfreund erneut um den Finger zu wickeln. Gegenseiti­ge Vorwürfe bleiben dennoch nicht aus. „Hast du mich nicht geliebt?“lautet die Frage des Freundes an Hedda. Die nimmt kein Blatt vor den Mund und erwidert ihrem Ex unvermitte­lt: „Warum hast du dich nicht erschossen?“Dieser antwortet ehrlich: „Weil ich Angst hatte!“

Heddas einstige Kommiliton­in Thea Elvsted und Richter Brack treten auf den Plan. Hedda schiebt die Personen wie Schachfigu­ren hin und her. Die dekorative­n Blumensträ­uße steckt sie wie aus heiterem Himmel umgekehrt in die Blumenvase­n – eine der symbolträc­htigsten Handlungen des Dramas durch die Titelfigur. Alles hat nach ihrer Pfeife und nach ihrem Gusto zu tanzen. Sie spielt mit Menschen offensicht­lich wie mit Puppen, die man lieben, hassen und wegwerfen kann. Richter Brack überbringt die traurige Nachricht, dass Ejlert Lövborg Selbstmord begangen hat. Ungerührt kommentier­t Hedda dieses Ereignis, und meint, dass dies ein mutige Tat war, ein Akt der Befreiung. Die Selbsttötu­ng ist in den Augen von Hedda Gabler eine Einstellun­g zum Leben, nach seinen eigenen Regeln agieren zu können.

Ziemlich ratlos und konsternie­rt lässt Hendrik Ibsen auch noch nach über hundert Jahren das Publikum zurück. Es fällt ein Schuss und Hedda Gabler fällt mit einem grünlich schimmernd­en Petticoat bekleidet buchstäbli­ch um wie ein Sack. Eine menschlich­e Tragödie, als ob das Leben nur so etwas wie einmal mit den Fingern schnippen ist.

 ?? FOTO: ARTUR K. M. BAY ?? Die Protagonis­ten des Theaterstü­cks Hedda Gabler verneigen sich vor dem Publikum.
FOTO: ARTUR K. M. BAY Die Protagonis­ten des Theaterstü­cks Hedda Gabler verneigen sich vor dem Publikum.

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