Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Hauptfigur spielt Menschen gegenseitig aus
Württembergische Landesbühne Eßlingen führt Ibsens Drama Hedda Gabler auf – Tristes Bühnenbild
BAD SAULGAU - Eineinhalb Stunden lang hat das Publikum am Sonntagabend in der Stadthalle Bad Saulgau bei der Theateraufführung von Henrik Ibsens Schauspiel Hedda Gabler ein graues Bühnenbild ertragen müssen – eine bewusste, fast provokativ wirkende Szenerie eines Wohnzimmers. Die Inszenierung und Regie des Dramas durch Alexander Müller-Elmau, der auch für das Bühnenbild verantwortlich zeichnet, lebte nicht zuletzt von den Eindrücken aus der Psychoanalyse.
Im Bild war zuerst die Cellistin Céline Papion, deren faszinierendes Spiel so gut wie ohne Unterbrechung als Hintergrundmusik die Szenenfolge des Dramas untermalte. Ibsen hatte dafür ein Klavier vorgesehen. Warum Intendant Alexander Müller-Elmau ein Cello dafür einsetzte, erklärte er folgendermaßen: „Die Musik sollte mit den Schauspielern atmen, als weiteres aussagekräftiges Element auf der Bühne, aber nicht als Figur des Stückes, sondern diese Spielart mit dem Cello soll das Wesen von Hedda widerspiegeln.“
Unruhig und stets barfüßig huscht Hedda Gabler umher, zurück von ihrer Hochzeitsreise. Ihr Mann, Dr. Jörgen Tesmann, macht einen fast biederen, jedenfalls ruhigen Eindruck. In ihrem großen Haus fühlt sich die exaltierte und nervige Hedda, Tochter eines Generals, bald gelangweilt.
Sie spinnt ihr Netz
Ejlert Lövborg, Heddas Jugendliebe taucht auf – wie ihr Mann ist er Kulturwissenschaftler, der früher dem Alkohol reichlich zugesprochen hat, davon scheint er geheilt. Er hat ein Buch geschrieben, das die Zukunft behandelt. Heddas Mann bezweifelt, dass man die Zukunft beschreiben kann. Wie eine Spinne webt Hedda zielgerichtet ihr Netz, als sie alleine sind, beginnt sie ihren Exfreund erneut um den Finger zu wickeln. Gegenseitige Vorwürfe bleiben dennoch nicht aus. „Hast du mich nicht geliebt?“lautet die Frage des Freundes an Hedda. Die nimmt kein Blatt vor den Mund und erwidert ihrem Ex unvermittelt: „Warum hast du dich nicht erschossen?“Dieser antwortet ehrlich: „Weil ich Angst hatte!“
Heddas einstige Kommilitonin Thea Elvsted und Richter Brack treten auf den Plan. Hedda schiebt die Personen wie Schachfiguren hin und her. Die dekorativen Blumensträuße steckt sie wie aus heiterem Himmel umgekehrt in die Blumenvasen – eine der symbolträchtigsten Handlungen des Dramas durch die Titelfigur. Alles hat nach ihrer Pfeife und nach ihrem Gusto zu tanzen. Sie spielt mit Menschen offensichtlich wie mit Puppen, die man lieben, hassen und wegwerfen kann. Richter Brack überbringt die traurige Nachricht, dass Ejlert Lövborg Selbstmord begangen hat. Ungerührt kommentiert Hedda dieses Ereignis, und meint, dass dies ein mutige Tat war, ein Akt der Befreiung. Die Selbsttötung ist in den Augen von Hedda Gabler eine Einstellung zum Leben, nach seinen eigenen Regeln agieren zu können.
Ziemlich ratlos und konsterniert lässt Hendrik Ibsen auch noch nach über hundert Jahren das Publikum zurück. Es fällt ein Schuss und Hedda Gabler fällt mit einem grünlich schimmernden Petticoat bekleidet buchstäblich um wie ein Sack. Eine menschliche Tragödie, als ob das Leben nur so etwas wie einmal mit den Fingern schnippen ist.