Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Mit Herz, Mut und Leidenschaft im Amt“
Pfarrerin Angelika Hofmann verlässt die Gemeinde, um Psychologie zu studieren
OSTRACH - Mitte des Jahres hatte die Kirchengemeinde Ostrach-Wald erfahren, dass ihre Pfarrerin Angelika Hofmann nach fünfjährigem Wirken nochmals studieren würde – und zwar psychologische Psychotherapie an der Luisenklinik in Bad Dürrheim. Jetzt, am Reformationstag, haben die Gemeindemitglieder und die bürgerliche Gemeinde im Rahmen eines festlichen Gottesdienstes zum 500-jährigen Reformationsjubiläum Abschied von einer äußerst beliebten Seelsorgerin genommen, die sich vor allem bei Kindern und Jugendlichen großer Beliebtheit erfreute. Ein letztes Mal wurde klar, warum dem so ist: Mit ihrem Spiel auf der Gitarre hatte sie in den vergangenen fünf Jahren die Herzen aller Gläubigen im Sturm erobert.
Es glich beinahe einer Punktlandung, dass Pfarrerin Angelika Hofmann ausgerechnet am Reformationstag von ihrer Kirchengemeinde Ostrach-Wald Abschied nahm. Es könnte eine längere Zeit der Vakanz für die Gläubigen werden. In der überfüllten Christuskirche gestaltete sich der Gottesdienst trotz des Abschiedsschmerzes, welcher förmlich in der Luft lag, festlich, und wie nicht anders gewohnt mit starken Akzenten und etlichen fröhlichen Beiträgen und Überraschungen. So stellte Pfarrerin Hofmann bei ihrer Predigt gleich die Frage in den Raum: „Was bedeutet Reformation für mich?“Ihre persönliche Antwort: „Mir macht die Reformation Mut, weil wir nämlich alle Priester und Priesterinnen sind.“Papierflieger für die Gottesdienstbesucher flogen durch den Kirchenraum, beschrieben mit etlichen Thesen Martin Luthers.
Aktion im Altarraum
In einer Aktion im Altarraum, welche Gläubige unterschiedlicher Herkunft gestaltet hatten, kamen weltweite Beiträge von Lutheranerinnen und Lutheranern zur Sprache. Der berühmte Ausspruch von Martin Luther: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“, ragte heraus. Die Seligpreisungen in deutscher, englischer, italienischer, kongolesischer, schwedischer, rumänischer und russischer Sprache, authentisch vorgetragen, beeindruckten; Pfarrerin Angelika Hofmann, der Gebärdensprache mächtig, trug das Zitat für Gehörlose vor. Die Seelsorgerin führte aus, dass die Reformation ein Fest der Freiheit sei und fügte hinzu, dass jeder Schlag, mit dem Luther am 31. Oktober 1517 die 95 Thesen an der Tür der Schlosskirche zu Wittenberg anbrachte, ein Befreiungsschlag gewesen sei.
Ein spontan zusammengewürfelter, 16-köpfiger Projektchor aus der Gemeinde sang unter der Leitung von Organistin Anne Wladarsch den Titel: „Bis wir uns wiedersehen, halte Gott uns fest in seiner Hand“. Die Reihe der Grüße und guten Wünsche zum Abschied eröffnete der katholische Pfarrer Meinrad Huber mit den Worten: „Wir konnten gar nicht glauben, als wir gelesen hatten, dass uns Frau Pfarrerin Hofmann verlässt. Das Miteinander ist so gut gewesen, dass beispielsweise ein Brief, der an die katholische Kirchengemeinde gerichtet war, beim evangelischen Pfarramt landete, geöffnet wurde und dennoch bei uns angekommen ist.“Als Präsent zum Abschied gab es Blumen und ein kostbares Buch.
„Wir werden Sie vermissen!“
Bürgermeister Christoph Schulz stellte nachdenklich fest: „Zum Feiern ist uns nicht zumute. Für die kleine, aber feine evangelische Kirchengemeinde Ostrach-Wald und für uns alle ist es eine Zäsur, dass Sie gehen.“Zusammen mit Bürgermeister Werner Müller aus Wald übergab er einen Geschenkkorb. Der stellvertretende Vorsitzende des evangelischen Kirchengemeinderats, Klaus Knödler, hob hervor, dass Angelika Hofmann als erste Pfarrerin in Ostrach gewirkt habe. „Und wie!“, betonte Knödler und fuhr fort: „Immer neugierig und wissbegierig, experimentierfreudig, einfach mit Herz, Mut und mit Leidenschaft im Amt. Mit ihrem Gitarrenspiel ist sie uns besonders ans Herz gewachsen – wir werden sie vermissen.“Einen nicht enden wollenden, dankbaren BeifallsRegen gab es für die scheidende Pfarrerin Angelika Hofmann.