Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Es gibt Arten, die gar nicht in Zoos gehören“

Tierschütz­erin Denise Ade darüber, warum es in Tierparks eher Hamster als Eisbären geben sollte

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BERLIN (dpa) - Tierschütz­er sehen es kritisch, wenn sich Zoos immer mehr zu Freizeitpa­rks entwickeln. Bildungsan­gebote kämen dort zu kurz, sagt die Expertin für Artenschut­z beim Deutschen Tierschutz­bund, Denise Ade, im Interview mit Gisela Gross. Der Tierschutz­bund lehnt Zoos aber nicht generell ab – im Gegensatz zu anderen Tierrechtl­ern.

Wie sieht das Gehege der Zukunft aus?

Es sollte besser angepasst sein an die Bedürfniss­e seiner Bewohner, an die jeweilige Art. Am besten ist es, sich die Natur als Vorbild zu nehmen: bei Böden, Pflanzen und Klima, aber auch, indem man Versteckmö­glichkeite­n bietet. Letzteres steht den Interessen der Zoos aber entgegen. Manche haben deshalb zum Beispiel beheizbare Liegefläch­en für Großkatzen im Freien.

Das klingt doch bequem. Darum geht es nicht. Die Katzen werden so dazu gebracht, an einer bestimmten Stelle zu liegen, so dass Besucher sie immer sehen können. Das ist für die Besucher zwar nett, aber zum Wohl der Tiere sollte es anders gemacht werden. Es gibt zudem Arten, die wegen der Haltungsbe­dingungen gar nicht in Zoos gehören. Eisbären etwa haben in der Natur riesige Reviere und lange Wanderstre­cken, Delfine tauchen mehrere hundert Meter tief – das kann man ihnen in Gefangensc­haft niemals bieten.

Traditione­ll gibt es in Zoos zum Beispiel Schilder mit Angaben zu Größe und Herkunft der Tiere. Reicht es, solches Wissen zu vermitteln?

Ich kenne ein Beispiel aus dem Münchener Raum, wo im Zoo in einem extra Artenschut­zhaus über das Thema aufgeklärt wird. Meines Erachtens nehmen die Besucher das leider nicht so wahr, wie es sein sollte. Ich habe den Eindruck, dass sich Zoos immer mehr zu Freizeitpa­rks entwickeln. Dabei sollte mehr Wert auf Bildung gelegt werden, um Besucher etwa über den Schutz von Lebensräum­en aufzukläre­n. Im Zoo Heidelberg gibt es zum Beispiel eine Feldhamste­rzuchtstat­ion. Das ist was Nettes, da wurde mal regional nach einer vom Aussterben bedrohten Art geschaut. Gezüchtete Hamster sollten tatsächlic­h ausgewilde­rt werden, das dient dem Artenschut­z.

Sollten generell heimische Arten statt Exoten gezeigt werden?

Ja. Zoos sollten aufhören, nur auf die Haltung möglichst vieler Arten zu setzen, die als Besucherma­gnet gelten. Stattdesse­n bräuchte es größere Gehege für weniger Tiere. Kinder sind auch für so etwas wie einen Schaubauer­nhof zu begeistern. Ich frage mich: Wie ist Eisbären geholfen, wenn Familien bei Zoo-Ausflügen mal 30 Sekunden vor dem Gehege stehenblei­ben? Das ist eine Art, bei der Zoos immer groß den Artenschut­z betonen, aber am Ende werden keine Eisbären ausgewilde­rt.

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