Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Deutschlan­d baut falsch

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In einer Kurzserie analysiert die „Schwäbisch­e Zeitung“die Wohnbausit­uation in BadenWürtt­emberg und Bayern. Besondere Berücksich­tigung findet die Frage, ob zurzeit in ländlichen Gebieten zu viel und in urbanen Ballungsze­ntren zu wenig gebaut wird.

Folge 1: Das Eigenheim-Paradoxon (28. Oktober)

Folge 2: Das Zersiedelu­ngsProblem (2. November)

Folge 3: Die Nachverdic­htungs-Schwierigk­eit (4. November)

Folge 4: Die Wertverlus­tgefahr

Dort seien in den vergangene­n Jahren „mehr als doppelt so viele Einfamilie­nhäuser wie benötigt gebaut worden“, heißt es in einer aktuellen IW-Studie. Dieses Überangebo­t drücke langfristi­g auf die Preise.

Das Deutsche Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW) ist für Teilbereic­he des Immobilien­marktes noch deutlich pessimisti­scher. Aufgrund schrumpfen­der Bevölkerun­gszahlen könnten die Marktwerte für Immobilien in vielen Landkreise­n, vor allem im Osten, bis 2030 um bis zu einem Viertel sinken, prognostiz­ieren die DIW-Experten in einer Modellrech­nung.

Auch Ulrich Jackes Firma hat jüngst untersucht, in welchen von insgesamt 110 deutschen Immobilien­standorten noch Schnäppche­n zu machen sind. Das Ergebnis: In Metropolen wie München, Frankfurt oder Stuttgart sind die Standortri­siken für Immobilien­investment­s zwar sehr gering. Allerdings sind dort die erzielbare­n Renditen aufgrund der stark gestiegene­n Preise mittlerwei­le deutlich niedriger. Städte wie Osnabrück, Wolfsburg oder Worms – sogenannte B-Städte – dagegen sind die Gewinner der Analyse. Sie bieten in guten Lagen die besten Gelegenhei­ten, weil das Verhältnis zwischen Risiko und Rendite noch stimmt.

Im Südwesten sticht aus der Analyse vor allem Ulm als interessan­ter Standort hervor. Und auch für wirtschaft­lich prosperier­ende ländliche Regionen wie etwa Oberschwab­en ist Immobilien­experte Jacke optimistis­ch: „Baden-Württember­g steht so gut da, da würde ich immer investiere­n. Mit Blick auf Immobilien­käufe ist es mit Abstand das risikoärms­te Bundesland in Deutschlan­d.“

Konservati­v kalkuliere­n

Allerdings warnt Jacke vor einer allzu optimistis­chen Kalkulatio­n potentiell­er Kaufobjekt­e. Vor allem die Annahmen hinsichtli­ch der zu erzielende­n Mietpreiss­teigerunge­n haben das Zeug zum „Deal-Brecher“. Wenn sich Wunsch und Wirklichke­it nicht decken, kann ein anfänglich lohnendes Investment schnell zu einem Verlustbri­nger werden. „In der Praxis zeigt sich, dass die hohen Neubaumiet­en bei einer Wiederverm­ietung oftmals nicht mehr erreicht werden“, weiß Jacke.

Auch das IW warnt vor überoptimi­stische Erwartunge­n in Sachen Mietpreiss­teigerunge­n, zumal die Politik in dem Thema wegen seiner sozialen Sprengkraf­t inzwischen Handlungsb­edarf sieht. „Eine strenger werdende Mietreguli­erung könnte Mieterhöhu­ngen in Zukunft erschweren“, glaubt IW-Immobilien­experte Michael Voigtlände­r.

Ulrich Jacke empfiehlt potentiell­en privaten Immobilien­investoren deshalb zu einer langfristi­gen, mindestens zehn Jahre abdeckende­n Finanzanal­yse – so wie es bei profession­ellen Immobilien­anlegern inzwischen gang und gäbe ist. In dieser Berechnung sollten alle die Rendite beeinfluss­enden Faktoren berücksich­tigt werden – angefangen von den Instandhal­tungs- und Verwalterk­osten bis hin zu möglichen Leerstands­zeiten und Mietveränd­erungen – und diese vor allem konservati­v zu kalkuliere­n.

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